Erstmals ist in Österreich ein Fußballer wegen eines Foulspiels von einem Strafgericht verurteilt worden. Joey Didulica, Torhüter des FK Austria Magna, wurde am Montagabend im Wiener Straflandesgericht nach seinem schweren Foul am Rapid-Stürmer Axel Lawaree im Wiener Derby vom 26. Mai 2005 wegen fahrlässiger Körperverletzung schuldig gesprochen.
Richterin Bettina Neubauer verhängte über den Tormann eine Geldstrafe von 60.000 Euro (120 Tage zu je 500 Euro) oder 60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe. Die Hälfte der Strafe wurde unter Setzung einer dreijährigen Probezeit auf Bewährung ausgesetzt.
1.000 Euro Schmerzensgeld
Axel Lawaree bekam ein Schmerzensgeld von 1.000 Euro zugesprochen. Mit den darüber hinausreichenden Ansprüchen wurde der Stürmer auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
"Der Zusammenstoß war einkalkuliert", stellte die Richterin in der Urteilsbegründung fest. Ein Fußballmatch sei allerdings "kein Gladiatorenkampf".
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Verteidigung legte dagegen volle Berufung ein, Staatsanwalt Georg Krakow gab vorerst keine Erklärung ab.
"Nahezu brutales Verhalten"
Die Anklagebehörde war in ihrem Strafantrag von einer schweren Körperverletzung ausgegangen. "Das Strafgesetz gilt für alle. Es gilt für den Mann auf der Straße und für den Tormann auf dem Fußballfeld. Das Fußballstadion soll nicht zur altrömischen Arena werden", trat der Ankläger für eine angemessene Bestrafung ein.
Didulica müsse sich seiner Vorbildwirkung auf die Jugend bewusst sein. Beim gegenständlichen Foul habe es sich um ein "nahezu brutales Verhalten" gehandelt.
"Nicht schuldig"
"Ich habe instinktiv versucht, die Situation zu verhindern, aber unglücklicherweise war es zu spät. Leider ist der Zusammenstoß passiert", hielt dem der Austria-Keeper entgegen, der sich "nicht schuldig" bekannte.
Er war an der Strafraumgrenze mit gestrecktem Fuß in Richtung des Rapid-Stürmers Axel Lawaree gesprungen, der dort mit dem Austria-Verteidiger Sasa Papac um einen Flugball rang.
Er habe nur den Ball spielen und "wegkicken" wollen, versicherte Didulica. Er sei davon ausgegangen, Papac werde Lawaree abblocken. "Nach meiner Expertenmeinung ist das der schnellste Weg, den Ball wegzubringen", gab der Tormann zu Protokoll, der seine fußballerische Laufbahn als Stürmer begonnen hatte. Lawaree habe er erst "in der letzten Millisekunde" gesehen, weil er sich auf den Ball konzentriert hätte.
Lawaree schwer verletzt
Der Rapidler wurde mitten im Gesicht getroffen. Er erlitt einen Trümmerbruch des Nasenbeins, ein Schädeltrauma und eine Augenverletzung. Didulica, der nach dem Foul die Rote Karte zu sehen bekam, wurde in weiterer Folge vom Strafsenat der Bundesliga für acht Spiele gesperrt.
Sein Opfer zeigte sich im Zeugenstand überzeugt, dass der Austria-Keeper nicht den Ball im Visier hatte: "Ich war sein Ziel. Das war Absicht! Ich bin zu 100 Prozent sicher, das war Absicht!" Als er dessen Schienbein bzw. Knie im Gesicht spürte, habe er kurz das Bewusstsein verloren: "Ich war k. o. Und dann war ich schockiert. Das hat für mich nichts mit Fußball zu tun."
Foul mit Folgen
Sein achtjähriger Sohn weigere sich seither, ein Fußballmatch zu besuchen, erzählte der belgische Stürmer. Er selbst leide noch immer an den Folgen der Verletzungen, verspüre ab und zu Kopfschmerzen.
Didulica sei zwar "ein Super-Tormann", aber in seinen Augen nicht unbedingt ein fairer Sportsmann, machte Lawaree klar: "Es gibt eine Grenze, über die darfst du nicht gehen. Und das, was hier passiert ist, ist über dieser Grenze."
Entschuldigung zurückgewiesen
Verziehen hat er Didulica offenbar bis heute nicht. Als sich der Torhüter im Gerichtssaal persönlich bei Lawaree entschuldigen wollte, indem er ihm ein versöhnliches Shakehands ("Let's make peace!") anbot, wies dieser jenes Ansinnen bestimmt zurück: Dafür sei es zu früh, der Verhandlungssaal außerdem nicht der rechte Ort. "Nicht hier, Joey. Wir sehen uns einmal", meinte er vage.
Keine Reue nach der Tat
Eine gänzliche Strafnachsicht kam für den bisher unbescholtenen Täter "auf Grund des Verhaltens nach dem Foul" nicht in Frage, wie die Richterin erläuterte: Didulica habe sich nicht um den Verletzten gekümmert und die Rote Karte lächelnd kommentiert.
Neubauer stieß sich auch an Fotos, auf denen sich Didulica Wochen später im Kreis von Austria-Fans und mit einem Schal ablichten hatte lassen, auf dem er in Kung-Fu-Pose abgebildet war.
Knapp mehr als zwei Monatsgehälter
Sollte das Urteil rechtsgültig werden, bleibt Didulica der Gang ins Gefängnis mit Sicherheit erspart. Bei einem monatlichen Salär von 25.000 Euro - diese Summe nannte er in der Verhandlung auf die Frage nach seinem Einkommen, wobei er die Punkteprämien gar nicht berücksichtigte - dürfte das Bezahlen der Geldstrafe für ihn eine Kleinigkeit darstellen.
Die angedrohte Ersatzfreiheitsstrafe stellt daher keine ernsthafte Bedrohung dar. Auch Probleme mit der Fremdenpolizei muss Didulica nicht befürchten: Das vom Gericht angenommene Delikt, das Strafausmaß und eine gültige Aufenthaltserlaubnis lassen keine weiteren Schwierigkeiten erwarten.
Link: