Zur österreichischen Tischtennis-Glückseligkeit hat nur eine Medaille gefehlt. Wie schon zuletzt in Osaka 2001 und Doha 2004 erfüllte sich für das ÖTTV-Herren-Team der durchaus realisierbare Traum von WM-Edelmetall bei einer Mannschafts-WM nicht, dafür schlossen erstmals seit rund 50 Jahren Österreichs Damen zur Spitze auf.
Bei künftigen Team-Welttitelkämpfen sollte der ÖTTV-Angriff auf das Podest nun an zwei Fronten erfolgen.
ÖTTV-Team Europas Nummer eins
118 Nationen stellten in der Hansestadt WM-Teams, und Österreich schaffte es als einer von nur vier Verbänden mit beiden Auswahlen ins Viertelfinale. Beide ÖTTV-Mannschaften landeten schließlich auf Rang acht.
Die anderen drei Nationen sind die asiatischen Großmächte China, Südkorea und Hongkong, womit der Österreichische Tischtennisverband (ÖTTV) seine in Europa führende Stellung als Sieger der Medaillenwertung bei der EM vor gut einem Jahr in Aarhus indirekt bestätigt hat.
Konditionelle Defizite
Das Verfehlen der Top Drei hat neben spielerischem Pech auch andere Ursachen. Das gemeinsame Trainingslager mit den chinesischen Nationalteams in der nachösterlichen Woche war für die österreichischen Aktiven grundsätzlich Goldes wert, doch durch seine Intensität in Kombination mit der nachfolgenden WM vielleicht derzeit etwas zu viel.
Nicht zufällig klagten etliche ÖTTV-Akteure gegen Ende der Titelkämpfe über Müdigkeit. "Wir müssen mehr an der Kondition arbeiten", lieferte ÖTTV-Damen-Bundestrainer Liu Yan Jun einen Grund für den körperlichen Rückfall.
Und bei physischen Problemen leidet meist auch die Konzentrationskraft. Das war u. a. bei Jung-Teamspieler Christoph Simoner zu merken. "Ich weiß, dass ich konditionell mein größtes Defizit habe", erklärte der 22-Jährige. So verlor er alle seine drei Sonntag-Partien nach gutem Spiel erst im Finish.
Trainingslager mit China geplant
Da die Kooperation mit den Chinesen an sich nicht in Frage steht, wurden für die kommenden beiden Jahre weitere gemeinsame Trainingslager mit den Asiaten quasi schon per mündlichen Vorvertrag vereinbart.
"Im nächsten Jahr vor der Individual-WM in Belgrad kommen sie wieder zu uns", erläuterte ÖTTV-Sportdirektor Hans Friedinger. "Und 2008 sind dann wir zwei Mal in China, unmittelbar vor der Mannschafts-WM und vor Olympia."
Die Team-Titelkämpfe werden in Guangzhou nahe Hongkong stattfinden und Österreich die nächste Möglichkeit auf den Gewinn einer Mannschaftsmedaille bieten. Um diese Chance zu erhöhen, wird künftig bei beiden Geschlechtern eine größere Breite in den Kadern notwendig sein. Dann könnte man auf den jeweiligen Gegner mit der Aufstellung taktisch besser reagieren und einem Leistungsträger auch einmal eine Pause gönnen.
"Haben das jüngste Team Europas"
Bei den ÖTTV-Damen wird das mittelfristig nicht möglich sein, da hinter Liu Jia, Li Qiangbing und Veronika Heine keine vollwertige Alternative auszumachen ist.
Liu Yan Jun: "Ich möchte jetzt aber einen B-Kader gründen und Talente langsam nach oben bringen." Für sein Team in der derzeitigen Zusammensetzung sieht der Coach dennoch gute Perspektiven: "Wir haben das jüngste Team Europas und sind trotzdem schon knapp an den Medaillen."
Aus dieser Truppe war Heine die positive Überraschung, die 19-Jährige hat bei der WM einen großen Sprung nach vorne gemacht. Li überzeugte trotz ständiger Handgelenksschmerzen, in der seit Sonntag 21-Jährigen steckt ebenfalls noch großes Entwicklungspotenzial.
Liu Jia entwickelte sich hingegen eher zum Sorgenkind im Damen-Team. "Der Kopf macht bei ihr nicht immer mit, sie hat Konzentrationsschwächen", sagte Trainer Liu.
Die Jungen rücken nach
Bei den Herren sollte Habesohn in zwei Jahren bereits der Anschluss an Werner Schlager, Chen Weixing und Robert Gardos einigermaßen geglückt sein. "Er spielt noch nicht konstant genug, einmal sehr gut und dann wieder schwach", analysierte ÖTTV-Herren-Bundestrainer Ferenc Karsai die aktuellen WM-Leistungen des 19-Jährigen. "Für ihn und Simoner war die WM aber eine gute Möglichkeit, sie haben ja noch wenig Routine."
Bei Chen konstatierte der Ungar einen Leistungsabfall ab der WM-Halbzeit, Gardos steigerte sich hingegen im Turnierverlauf etwas. Seine Matchbilanz mit sieben Siegen und drei Niederlagen kann sich durchaus sehen lassen.
Schlager spielte seine gute Form leider zu selten aus, sehenswert war seine Leistung beim 3:0-Sieg gegen den Griechen Kalinikos Kreanga. Zu lange beschäftigte sich der Niederösterreicher zu sehr mit den WM-Tischen statt mit sich selbst.
WM 2009 nicht in Linz
Wermutstropfen am grünen Tisch war die Niederlage der Stadt Linz gegen Yokohama in der Abstimmung des Internationalen Verbandes (ITTF) um die Vergabe der 50. Individual-WM im Jahr 2009.
Nachdem es selbst ITTF-Präsident Adham Sharara offen aussprach, ist von einer politischen Entscheidung zu Gunsten der Japaner auszugehen. Noch ist offen, ob sich der ÖTTV bzw. Linz bald wieder um eine WM-Ausrichtung bewerben wird.
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