Euphorischer Abschied in Rio de Janeiro, herzlicher Empfang im schweizerischen Weggis: Für dem amtierenden Weltmeister Brasilien hat das Unternehmen Titelverteidigung begonnen.
Am Sonntagabend (Ortszeit) stiegen Ronaldinho und Co. in der Heimat in die Sondermaschine und Hunderte von Anhänger riefen bereits "Hexacampeao" (sechsfacher Meister).
"Verspreche den sechsten Titel"
Der Weg zum möglichen sechsten WM-Titel führt zunächst über das Trainingslager am Vierwaldstättersee, wo am Montag bei der Ankunft der ersten Stars der "Selecao"-Jubel ausbrach. "Diese Liebesbeweise der Fans machen mich sehr glücklich", sagte Nationaltrainer Carlos Alberto Parreira in Rio. "Mit dem Gewinn des WM-Titels will ich Dankeschön sagen."
Mario Zagallo, der Technische Koordinator, zeigte sich wieder einmal als Meister der großen Worte. "Natürlich verspreche ich den Sechsten. Oder habt ihr gedacht, dass ich ohne ein solches Versprechen abfliegen würde?" rief der Mann, der 1958 als Spieler den Titel gewann. Er fügte herausfordernd hinzu: "Unsere Rivalen haben immer Angst vor uns."
Weggis in Grün-Gelb geschmückt
 |
©Bild: www.weggisevent.ch |
Während ein großer Teil der 50-köpfigen Delegation - darunter natürlich auch Superstar Ronaldinho - aus Brasilien nach Zürich flogen, reisten die Mailand-Profis Kaka, Dida und Cafu im Auto direkt aus Italien nach Weggis. Sie waren zusammen mit Stürmer Ronaldo und Gilberto Silva die ersten im Fünfsternetablissement "Park Hotel".
Als Cafu zum ersten Mal aus seinem Fenster schaute, genoss der Kapitän nicht nur den herrlichen Ausblick auf den Vierwaldstättersee und schneebedeckte Bergspitzen, sondern auch auf einen ungewöhnlich dekorierten Felsen hoch über dem 4.000-Einwohner-Ort: Dort hing die brasilianische Fahne direkt neben der Schweizer.
In ganz Weggis ist fast jedes Haus mit grünen Flaggen geschmückt.
Ruhe vor dem Sturm
Am Montag um kurz vor 16.00 Uhr rollte der Bus mit der Mannschaftsleitung und weiteren Spielern vor das Hotel. Ronaldinho stellte sich nur kurz den Fotografen. "Wir hatten einen guten Flug", sagte Pressesprecher Rodrigo Paiva und schaute sich etwas verwundert um: "Ein bisschen ruhig hier. Da fehlen noch die ganzen Fans."
Doch schon am Wochenende war in Weggis ein wenig WM-Stimmung zu spüren gewesen: Tausende von Touristen hatten sich das Trainingsgelände des fünfmaligen Weltmeisters angeschaut. Der Platz des Drittligisten Weggiser SC wurde komplett umgegraben und für 1,7 Millionen Franken (1,1 Mio. Euro) aufgemotzt.
Mit der finanziellen Unterstützung eines Kaffeemaschinen-Vertreibers wurde aus dem Sportplatz Weierhus die Thermoplan-Arena mit Tribünen für 5.000 Besucher. Die 46.000 Eintrittskarten für das öffentliche Training waren innerhalb kürzester Zeit verkauft.
700 Journalisten aus aller Welt berichten von den Vorbereitungen des WM-Titelverteidigers. Die Fernsehbilder sollen in über 100 Ländern zu sehen sein.
"Rambasamba" in der Schweiz
Während sich die Mannschaft des Gastgebers am Genfer See fast lieber abschottet, ist in Weggis in den nächsten Tagen "Rambasamba" angesagt. "Die haben sich eben verkauft", erklärte der deutsche Teammanager Oliver Bierhoff den Unterschied zwischen der Vorbereitung der beiden letzten WM-Finalisten.
In Genf stellte Bierhoff "eine gewisse Kühle" bei den Gastgebern fest, am Vierwaldstättersee fieberten jedoch die Schweizer dem fünfmaligen Weltmeister aus Südamerika entgegen. "Die Brasilianer werden dort aber genauso konzentriert arbeiten", erklärte Bierhoff.
"Selecao" bringt zehn Mio. Euro Umsatz
Die Verantwortlichen im Fremdenverkehr reiben sich derweil die Hände. Die Attaro/Kentaro AG (London/Wil) bezahlte nach eigenen Angaben 1,2 Millionen US-Dollar (940.000 Euro) an den Brasilianischen Fußballverband (CBF), um das Team nach Weggis zu lotsen. Zudem übernahm sie die Hotelkosten in Höhe von etwa 600.000 Schweizer Franken (rund 387.000 Euro).
Das Geschäft hat sich offensichtlich gelohnt: Der Umsatz für das Trainingslager sowie die beiden Testspiele - am 30. Mai (20.30 Uhr) in Basel gegen eine Auswahl des FC Luzern und am 4. Juni (18.00) in Genf gegen Neuseeland - soll bei umgerechnet fast zehn Millionen Euro liegen.
Mehr als 200.000 Dollar Prämie für den Titel?
Der Personenkult wird sich vor allem auf Ronaldinho konzentrieren. Der Weltfußballer und Champions-League-Sieger vom FC Barcelona gab sich jedoch beim Abflug bescheiden. "Kein Spieler gewinnt eine WM allein. Alle sind wichtig."
Im bis 4. Juni dauernden Trainingslager soll auch die Prämienfrage gelöst werden. "Darüber wollen wir dort sprechen. Vor Beginn der WM wird alles geregelt", sagte Delegationsleiter Americo Faria.
Fest steht, dass es bei einem erneuten Titelgewinn mehr als die 200.000 Dollar pro Spieler gibt, die nach dem Triumph 2002 ausgezahlt wurden.
Links: