Verdächtige Unterlagen gefunden

Tagsüber auf dem Rad, am Abend an der Nadel?
Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" vom Freitag steht der deutsche Radstar Jan Ullrich unter Verdacht, während der Tour de France 2005 gedopt gewesen zu sein.

Hinweise auf verbotene Substanzen
Der 32-Jährige, der von seinem Rennstall T-Mobile für die heurige Tour suspendiert wurde, soll im Vorjahr sogar noch während der ersten Woche der Rundfahrt verbotene Substanzen zu sich genommen haben.

Wie die "Süddeutsche Zeitung" schreibt, wurden in einem von der spanischen Guardia Civil sichergestellten "Road-Book" entsprechende Hinweise gefunden.

Brisante Mischung
Demnach ließ der spanische Mediziner Eufemiano Fuentes dem Deutschen im Juli 2005 Hormone, Insulin, Kortekoide und Testosteron zukommen, die dieser in den ersten Tagen des Rennens zu sich nahm. Außerdem soll Ullrich auch eine Eigenblutinfusion vorgenommen haben.

Auszug aus dem "Road-Book"

Im "Road-Book" war unter anderem Folgendes vermerkt:
"1. TagGabe des Hormons HM
2. TagInsulin I-3, Hormon TGN und Kortikoide
3. TagErneut TGN sowie PCH (möglicherweise Testosteronspritzen)
4. TagHormongemisch HMG
5. TagKeine Behandlung
6. TagNochmals Insulin I-3
7. TagReinfusion Eigenblut und I-3-Dosis sowie das legale Vitamin E"

Ullrich vor Tour 2006 suspendiert
Der ehemalige Teamkapitän wurde von T-Mobile wegen seiner offensichtlichen Verbindung zu dem stark belasteten Fuentes unmittelbar vor Tour-Beginn 2006 suspendiert.

Die im Mai ausgebrochene Dopingaffäre um Fuentes hatte auch der Italiener Ivan Basso und der Spanier Francisco Mancebo die Teilnahme an der Tour de France 2006 gekostet. Insgesamt 58 Fahrer sollen in den Skandal verwickelt sein.

"Kein Grund für Vorverurteilung"
Der fünffache Toursieger Miguel Indurain bricht für Ullrich, Basso und die anderen gesperrten Radprofis eine Lanze. "Nur weil ihre Namen im Zusammenhang mit der Dopingaffäre genannt werden, ist das noch kein Grund für eine Vorverurteilung", sagte der Spanier am Rande der Tour de France.

"Ich erwarte, dass die spanischen Behörden jetzt alles lückenlos aufklären und Ergebnisse vorlegen", sagte Indurain, der im Ziel der Königsetappe in den Pyrenäen bei der Tour am Freitag auf Stippvisite war. "Im Radsport wird so scharf kontrolliert wie in keiner anderen Sportart", sprang Indurain seinen Kollegen zur Seite.

Weit verbreitete Zurückhaltung
Mit seiner Haltung bleibt Indurain einer unter Radprofis weit verbreiteten Zurückhaltung in Dopingfragen treu. Nur wenige aktive Fahrer haben wie der Schotte David Millar die Mauer des Schweigens durchbrochen und sich offen über die Machenschaften im Profi-Radsport geäußert.

Indurain, der die Tour von 1991 bis 1995 jedes Jahr gewann und 1996 vom Dänen Bjarne Riijs abgelöst wurde, hatte rechtzeitig seine Karriere beendet. Erst danach wurden die Blutkontrollen eingeführt, mit denen zum Beispiel das leistungsfördernde EPO nachgewiesen werden kann.

Verunsichert über bisherigen Verlauf
Etwas verunsichert äußerte sich Indurain über den bisherigen Verlauf der 93. Tour de France. "Es gibt keinen eindeutigen Favoriten."

So hat sich in den ersten Bergetappen um den US-Amerikaner Floyd Landis und den Russen Denis Mentschow eine neue Tour-Elite gebildet.

"Für das große Publikum fehlen aber die großen Namen", bedauerte Indurain, der als Berater für die spanische Sportzeitung "Marca" arbeitet.

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