Fleckenreiniger zerstört EPO

Protease ist einfach zu handhaben, zudem billig und rezeptfrei erhältlich.
Laut Berichten des Schweizer TV-Senders SF1 und der "Neuen Zürcher Zeitung" ("NZZ") gibt es eine Möglichkeit, mit einem Pulver den Nachweis von EPO-Doping zu verhindern.

Den Verdacht erweckte die Tatsache, dass sich in den letzten Monaten Urinproben bei Radsportlern häuften, in denen überhaupt kein Erythropoietin (EPO) mehr gefunden wurde - auch kein körpereigenes.

In einem SF1-Beitrag wurde erstmals die Substanz genannt, mit der die Athleten manipulieren. Es handelt sich um Protease, ein Enzym, das auch in Waschmitteln vorkommt, um Flecken in der Kleidung aufzulösen.

Urinieren über präparierten Finger
Bei Dopingkontrollen wird die Substanz offenbar folgendermaßen eingesetzt: Der Athlet steckt eine Prise davon in die Hosentasche, greift unmittelbar vor dem Urinieren hinein und pinkelt über einen Finger.

Die paar Körner darauf genügen, die Eiweiße im Urin (und damit das EPO) innerhalb von Minuten abzubauen.

Protease ist also einfach zu handhaben, zudem billig und rezeptfrei erhältlich - und somit ein fast ideales Hilfsmittel für den betrügerischen Sportler. Eine große Verbreitung scheint es aber noch nicht zu haben.

Zehn Prozent der Proben verdächtig
Martial Saugy, Leiter des Lausanner Dopinglabors, sprach gegenüber der "NZZ" von "weniger als zehn Prozent der Proben, die einen EPO-Wert von null aufwiesen".

Dieser Wert deutet nicht zwingend auf den Einsatz von Protease, es gibt weitere mögliche Gründe für die Absenz von EPO. Momentan werden im Lausanner Labor Versuche mit Protease gemacht. "In wenigen Monaten werden wir den juristisch sauberen Nachweis haben", sagt Saugy.

Beamter als Aufdecker
Eine treibende Kraft bei der Identifikation des ominösen Pulvers war Matthias Kamber, Leiter des Fachbereichs Dopingbekämpfung im Bundesamt für Sport.

Ihm war aufgefallen, dass in den vergangenen Monaten in der Schweiz über ein Dutzend Dopingproben ohne EPO abgeliefert worden waren. Er listete die Fälle auf und merkte, dass gewisse Athleten mehrere solcher Proben auf sich vereinigten. "Da bestand der Verdacht auf Manipulation", sagt Kamber.

Nach Gesprächen mit anderen Fachleuten gelangte er zur Erkenntnis, dass sich die Substanz Protease hinter dem Pulver verbergen könnte. Er beauftragte das Lausanner Dopinglabor im Frühjahr mit einer genaueren Klärung.

Ullrich unter Verdacht
Laut dem SF1-Bericht ist eine der verdächtigen Proben dem Radprofi Jan Ullrich zuzuordnen. Entnommen wurde sie im Dezember 2005 in einem Trainingslager in Südafrika. Gemäß "NZZ"-Informationen existieren noch mindestens zwei weitere solche Proben von Ullrich.

Dass der in der Schweiz wohnhafte Deutsche mit Protease hantierte, scheint nicht zuletzt auf Grund der Dokumente aus dem spanischen Dopingskandal denkbar. Dort erscheint in Unterlagen, die dem 32-Jährigen zugeordnet werden, mehrmals der Eintrag "Polvos" - auf Deutsch Pulver.

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