In Neapel warf er Maradona die Bälle zu

Als erster Verteidiger Weltfußballer des Jahres.
Fabio Cannavaro darf getrost behaupten, im Jahr 2006 groß abgeräumt zu haben. Nach dem WM-Titel mit Italien und seiner Wahl zu Europas Fußballer des Jahres wurde der 33-jährige Verteidiger von Real Madrid am Montagabend in Zürich von der FIFA auch als Weltfußballer des Jahres ausgezeichnet.

Cannavaro setzte sich gegen Brasiliens Superstar Ronaldinho und Frankreichs zurückgetretenen Spielmacher Zinedine Zidane durch. In der 16-jährigen Geschichte der Umfrage unter den Teamchefs und Spielführern der Mitglieder des Weltverbandes setzte sich damit erstmals ein Abwehrspieler durch.

Traum geht in Erfüllung
Die Karriere Cannavaros klingt wie ein Märchen: Vom Balljungen zum Weltmeister in seinem 100. Länderspiel - und dann auch noch das "Double" als Fußballer des Jahres. Dass er als Abwehrspieler in dem sonst von Stürmerstars dominierten Kickerzirkus in diesem Jahr zum besten Fußballer des Kontinents gekürt wurde, ist für den Italiener eine große Genugtuung und die Erfüllung eines Traums.

"Für mich geht ein Traum in Erfüllung", jubelte Cannavaro. Ausgerechnet einer der Kleinsten war für die Fußball-Experten im WM-Jahr der Größte.

Früher Balljunge von Maradona
1990 warf der gerade mal 1,75 m große Cannavaro Diego Maradona noch als Balljunge beim WM-Halbfinale Italien - Argentinien in Neapel den Ball zu, 16 Jahre später lobte ihn Maradona als besten Abwehrchef der Welt: "Italien sollte ihm ein Denkmal setzen", sagte er über den seiner Meinung nach "besten Spieler der WM".

Nicht Zidane hatte diesen Titel verdient, sondern der Abwehrchef der "Squadra Azzurra". Darüber war man sich in Italien einig. "Fußball-Frankreich geht noch einmal in die Knie", schrieb "Il Giornale".

Kritik in Frankreich
In Frankreich fiel das Echo dagegen schon nach der Wahl zu Europas Fußballer des Jahres sehr unterschiedlich aus. "Im Vergleich zu anderen großen Fußballern hat Cannavaro den Titel vielleicht nicht verdient. Er hat zwar eine großartige WM gespielt, aber keine großartige Saison", meinte Ex-Nationalspieler Jean-Pierre Papin. Und Lyon-Trainer Gerard Houllier sagte gar: "Das ist der größte Skandal - gegen Thierry Henry gab es eine Kampagne."

Dass Cannavaro dem im Ligaskandal zum Zwangsabstieg in die Serie B verurteilten Rekordmeister Juventus im Gegensatz zu Alessandro Del Piero und Buffon nicht die Treue hielt und zu Real wechselte, nahm ihm in Italien keiner übel. Seit der grandiosen Leistung des 33-Jährigen in Deutschland, wo ihn "La Gazzetta" schon vor dem Finalsieg über Frankreich zum "Kaiser di Germania" ausrief, wird dem kleinen Mann mit den kurzen Haaren nahezu alles verziehen.

Weltklasse und ein echter Kerl
Ohne "echtes" Gegentor hatte der überragende Kapitän seine "Azzurri" ins Finale geführt, in dem er gewohnt fehlerlos spielte. "Er ist einfach Weltklasse", lobte ihn Nationaltrainer Marcello Lippi. Für Buffon ist Cannavaro "ein echter Kerl, ein Kämpfer, der ein Fußballspiel als Schlacht versteht". Dabei bleibt Cannavaro aber stets fair, kassierte bei der WM keine einzige Gelbe Karte.

Routine, Durchsetzungsfähigkeit, Wendigkeit, ein perfektes Stellungsspiel und vor allem ein sehr gutes Auge für die Spiel-Situation machen Cannavaro zum besten Abwehrchef der Welt, meint nicht nur Maradona. Schmunzelnd verriet Cannavaro ein etwas anderes Erfolgsrezept: "Viel Schlaf, gutes Essen und wenig Sex."

Seine Karriere begann er zu Maradonas glorreichen Zeiten beim SSC Napoli. Tief beeindruckt von Ciro Ferrara eiferte er aber nicht dem wie ein Heiliger verehrten Argentinier nach, sondern verlegte sich auf das Tore-Verhindern.

Auch im Privatleben ein Teamspieler
Die Tifosi bewundern den fairen Kämpfer, die weiblichen Fans den Modell-Athleten, der in Dolce-&-Gabana-Unterwäsche mit männlich-entschlossenem Blick von den Litfaßsäulen herabschaut. Wie auf dem Platz ist Cannavaro auch im Privatleben ein Teamspieler: Statt wilder Affären mit diversen Showgirls genießt der Neapolitaner das Familienleben mit seiner Frau und den zwei Kindern.

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