Während die meisten Trainer und Kampfrichter im Olympiastadion die Sprünge Fosburys noch mit einem ungläubigen Kopfschütteln registrierten, begleiteten die 80.000 Zuschauer jeden seiner Sprünge mit einem begeisterten und bewundernden "Ole". Seit Dienstag ist der Erfinder des "Fosbury-Flops" 60 Jahre alt.
Vom "Möchtegern-Athleten" zum Olympiasieger
Richard Douglas Fosbury, am 6. März 1947 in Portland im US-Bundesstaat Oregon geboren, kam wie viele große US-Sportler über die High School zur Leichtathletik. Wegen seiner Größe von 1,93 m schien er wie für den Hochsprung geschaffen.
"Doch ich war ein unkoordinierter Möchtegern-Athlet", erzählte er später, der weder mit dem Scherensprung noch mit dem Bauchwälzer (Straddle) technisch klarkam.
Deshalb experimentierte er mit anderen Techniken, ehe er die für ihn ideale fand: Schneller Anlauf in einem Bogen, Rumpfdrehung bei den letzten Schritten und Lattenüberquerung rücklings. Fosbury behauptet übrigens, dass der Anlauf in einer Kurve dadurch entstanden sei, dass ihm beim Training im heimischen Garten ein Baum den geraden Weg zur Latte versperrte.
Trainer warnte vor Genickbruch
Selbst nachdem er im olympischen Wettkampf nur knapp daran gescheitert war, den Weltrekord des russischen Straddle-Springers Waleri Brumel (2,28 m) zu überbieten, warnte der Coach des US-Olympiateams, Payton Jordan, weiter vor der neuen Technik: "Wenn Kinder versuchen, Fosbury zu imitieren, wird er eine ganze Generation von Hochspringern auslöschen, weil sie sich alle das Genick brechen werden."
Auch Ärzte vertraten die Auffassung, dass der Flop das Leben von Kindern gefährde. Darüber konnte und kann Fosbury nur lachen: Ihm ist auf der ganzen Welt kein Fall eines schweren Unfalls bekannt, weil "man nicht auf dem Genick, sondern auf der Schulter landet".
Durchbruch mit Verzögerung
Payton hatte allerdings insofern Recht, als sich die Fosbury-Technik erst nach rund zehn Jahren weltweit endgültig durchsetzte. Das war dann die Generation, so Fosbury, "die das im Fernsehen gesehen hatte und sich sagte, das sieht nach Spaß aus, lass es mich machen".
Dennoch trug sich bereits 1972 Ulrike Meyfarth als erste Flop-Springerin in die Weltrekordlisten ein. Bei ihrem Olympiasieg in München egalisierte die Deutsche mit 1,92 m die Höchstmarke der österreichischen Straddle-Springerin Ilona Gusenbauer. Ein Jahr später zog bei den Männern der US-Amerikaner Dwight Stones (2,30 m) nach.
Heute stehen die (Flop-)Weltrekorde des Kubaners Javier Sotomayor (seit 1993) und der Bulgarin Stefka Kostadinowa (seit 1987) bei 2,45 bzw. 2,09 m.
Die Sprungtechnik des Amerikaners löste auch die Blütezeit der deutschen Hochspringer aus. Neben Meyfarth (1972 und 1984) wurden auch Dietmar Mögenburg (1984) und Heike Henkel (1992) Olympiasieger, Carlo Thränhardt stellte 1988 mit 2,42 m den Weltrekord ein.
Frühes Karriereende
Fosbury selbst griff den Weltrekord nicht mehr an. Er beendete schon 1969 seine Karriere, weil er mit dem Olympiasieg seine sportlichen Ziele erreicht hatte. Außerdem wollte er "nicht länger aus dem Koffer leben" und schlug deshalb auch lukrative Angebote aus, seine "Flugshow" als Profi fortzusetzen.
Schon während seiner aktiven Zeit hatte er sein Studium zielstrebig vorangetrieben und schließlich als Vermessungstechniker abgeschlossen. Heute arbeitet Fosbury als Geschäftsführer eines Vermessungsbüros für Straßenbau in Ketchum im US-Bundesstaat Idaho.
Der Leichtathletik ist er dennoch verbunden geblieben: Bei regelmäßigen Trainingslagern für Kinder versucht er, deren Fitness zu verbessern. Im Mittelpunkt aber steht Fosbury nur noch selten: "Wenn ich heute im Supermarkt einkaufe, dreht sich keiner mehr nach mir um."
Wie der Flop zu seinem Namen kam
An einen Namen für seine Kreation hatte Fosbury übrigens zunächst nicht gedacht. Erst als er von einem Reporter danach gefragt wurde, erinnerte er sich an die Überschrift in einer kleinen Zeitung: "Fosbury flops over the bar" (Fosbury plumpst über die Latte). Da gab er zu Protokoll: "Der Sprung heißt Fosbury-Flop."
Links:
- Dick Fosbury (IOC-Porträt)
- Dick Fosbury (Wikipedia)