In einer Extremwertstudie hat der Mathematikprofessor von der niederländischen Universität Tilburg die "ultimativen Weltrekorde" in 14 Leichtathletik-Disziplinen berechnet.
Die Basisdaten, mit denen Einmahl und sein Kollege Jan Magnus ihre Computer fütterten, waren die Bestleistungen von über 1.500 Athleten und 1.000 Athletinnen.
"Eine sehr seriöse Studie"
"Das ist eine sehr seriöse Studie, die Extremwerttheorie als Teilgebiet der Mathematik und Statistik eine anerkannte Wissenschaft. Wir haben die Leichtathletik-Weltrekorde analysiert, weil auch der Sport von gesellschaftlichem Interesse ist", erklärte Einmahl.
Der Niederländer betrat mit dem Sport Neuland. Zuvor hatte der Mathematiker beispielsweise extreme Aktienkurse, die notwendige Höhe von Deichen im Falle von Sturmfluten oder im Auftrag von Versicherungsgesellschaften größtmögliche Schadensfälle berechnet.
Sprinter müssen sich sputen
Vor allem die Sprinter müssen sich sputen, wenn Einmahl und Magnus Recht behalten. Der 100-m-Weltrekord des Jamaikaners Asafa Powell (9,77) könnte noch um 48 Hundertstel auf 9,29 verbessert werden.
Über 200 m (19,32/Michael Johnson/USA) ist das Ende der Fahnenstange - laut Extremwerttheorie - erst bei 18,63 Sekunden erreicht.
Um eine halbe Sekunde könnte der Weltrekord des Chinesen Liu Xiang über 110 m Hürden (12,88) noch gedrückt werden.
Fliegt der Speer bald wieder über 100m?
Im Speerwurf der Männer (98,48/Jan Zelezny/CZE) sind sogar 106,50 m drin, die berechnete Steigerung fällt damit deutlich größer aus als bei den Frauen: Nur 80 Zentimeter liegen zwischen dem aktuellen Weltrekord der Kubanerin Osleidys Menendez (71,70) und dem vom Computer berechneten Maximum (72,50).
Dass die 106,5 m nicht ganz unerreichbar sind, hat vor mehr als 22 Jahren Uwe Hohn bewiesen. Der DDR-Sportler schleuderte am 20. Juli 1984 den Speer auf unglaubliche 104,80 m. Nach dem "Jahrhundertwurf" wurde der Schwerpunkt der Speere allerdings verändert, damit sie nicht mehr die Stadiondimensionen sprengen konnten.
Marathon-Damen noch nicht am Limit
Überraschend mutet die Prognose für die Marathon-Weltrekorde an: Die Frauen können noch viel schneller, bei den Männern ist kaum noch Spielraum vorhanden.
Nur um 49 Sekunden kann die Topzeit des Kenianers Paul Tergat (2:04:55 Stunden) nach Ansicht der Extremwertforscher noch unterboten werden - bei den Frauen sind es immerhin 8:50 Minuten.
Da dürfte selbst die Britin Paula Radcliffe, mit 2:15:25 die schnellste Marathonläuferin der Welt, verdutzt den Kopf schütteln.
"Unmöglich" ist nicht "unglaublich"
"Für viele Leichtathleten ist das sicher deprimierend, wenn sie mit unseren Extremwerten konfrontiert werden", meint Einmahl. Ein "Unmöglich" gibt es in seinem Metier nicht, ein "Unglaublich" schon.
Oder anders: Das Unglaubliche ist nicht unmöglich. "Wer hätte schon geglaubt, dass Bob Beamon am 18. Oktober 1968 8,90 Meter weit springt?" fragt der Forscher. "Dass ein Mensch überhaupt zu so einer Leistung fähig ist?"
Gleich um 55 Zentimeter hatte der US-Amerikaner den Weltrekord damals in der Höhe von Mexiko-Stadt verbessert - einen solchen Quantensprung gab es in der Leichtathletik davor und danach nie.
Physiologie nicht einbezogen
Im Gegensatz zu früheren Weltrekordstudien haben die Tilburger Professoren die Bestleistungen nicht über lange Zeiträume hinweg analysiert und auch keine physiologischen Daten erhoben.
"Größe, Gewicht, Alter, Muskelmasse oder Talent spielten keine Rolle. Auch die Zeitprogression war nicht unsere Methode. Wir haben gar nicht die Absicht, den Weltrekord im Jahr 2525 vorauszusagen", betont Einmahl.
Links:
- John Einmahl (Universität Tilburg)
- Extremwerttheorie (Wikipedia)
- Leichtathletik-Weltrekorde (IAAF)