Anders als Jan Ullrich bot sich der italienische Radstar den Justizbehörden als Kronzeuge an, um Strafmilderung zu erhalten.
Historischer Moment
"Ivan Basso hat seine Verantwortung in der 'Operacion Puerto' in vollem Umfang zugegeben und uns seine volle Kooperationsbereitschaft zugesichert", teilte das Nationale Olympische Komitee Italiens (CONI) am Montagnachmittag dazu mit. Im August 2006 erklärte Basso noch: "Es ist klar, dass ich niemals etwas mit Doping zu tun hatte."
Bassos Haltung könnte zum historischen Moment im Kampf gegen Doping werden, da erstmals ein großer Star über die Dopingpraktiken im internationalen Spitzenradsport aussagen will.
Sollte "Schule machen"
Für T-Mobile-Teamchef Rolf Aldag sollte das Basso-Geständnis "Schule machen und vielleicht Vorbild für andere Verdächtige sein", sagte der Ex-Profi mit Blick auf seinen ehemaligen Mannschaftskapitän Jan Ullrich.
Der inzwischen zurückgetretene Tour-Sieger von 1997 und Olympiasieger von 2000 leugnet weiter Doping und eine illegale Zusammenarbeit mit Fuentes, obwohl die bei dem Madrider Mediziner gelagerten Blutbeutel mit Ullrichs Blut übereinstimmen. "Der öffentliche Druck hat sicher auch dazu beigetragen, dass Basso kooperiert", meinte Aldag am Montag weiter.
"Ivan hat getan, was alle von Marco Pantani erwartet haben", begrüßte der Präsident des Italienischen Radsportverbandes, Renato Di Rocco, Bassos Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den Dopingfahndern.
Um Treffen gebeten
Der 29-jährige Radprofi hatte den Chef der CONI-Anti-Doping-Kommission, Ettore Torri, am Montag von sich aus um ein zweites Treffen gebeten.
Mittags hatte sein Anwalt Massimo Martelli mit der Anti-Doping-Kommission in Rom die Bedingungen für ein weit reichendes Geständnis ausgehandelt, am Nachmittag fand dann das Gespräch in einer Anwaltskanzlei im römischen Nobelviertel Parioli statt.
Ohne Kommentar verließ Basso danach die Kanzlei und fuhr mit seinem Anwalt zum Flughafen. "Was Basso getan hat, hat er aus Liebe zu seinem Sport getan", sagte Anwalt Martelli. "Es war an der Zeit, das Gewissen zu erleichtern."
Beweise eindeutig
Am vergangenen Mittwoch hatte Basso nach der Wiederaufnahme des im vergangenen Jahr zunächst eingestellten Verfahrens erstmals in Rom aussagen müssen.
Dort war er offenbar mit einer erdrückenden Beweislage konfrontiert worden: Blutproben aus sieben bei Fuentes gefundenen Blutbeuteln ordnet die Guardia Civil Basso zu. Auch ohne den von Basso noch nicht genehmigten DNA-Abgleich sind die Beweise laut Torri eindeutig. Kalendereinträge und SMS-Nachrichten überführten Basso offenbar als Dopingkunden von Fuentes. Das Treffen blieb allerdings noch ohne Ergebnis, der Italiener stritt weiter jeglichen Kontakt mit Fuentes ab.
Strafmilderung in Aussicht gestellt
Am Wochenende hatte die Staatsanwältin Maria Cristina Rota Basso Strafmilderung in Aussicht gestellt, wenn er mit den Behörden kollaborieren würde.
Von der Sportjustiz droht Basso eine Dopingsperre von zwei Jahren, in einem anstehenden Zivilrechtsverfahren sogar eine mehrjährige Haftstrafe. Der Anti-Doping-Pool der römischen Staatsanwaltschaft hat bereits ein Verfahren gegen Basso eröffnet.
Keine Milde vom UCI
Angesichts der drohenden Gefängnisstrafen und eines eventuell geringeren Wettkampfverbots brach Basso ein: Beobachter in Rom gehen davon aus, dass der Italiener nun mit einer nur einjährigen Dopingsperre rechnen muss und im kommenden Jahr wieder fahren kann.
Wenig Hoffnung diesbezüglich machte allerdings der Präsident des Radsport-Weltverbands (UCI), Pat McQuaid: "Zwei Jahre sind zwei Jahre. Das sind die Regeln der WADA (Welt-Anti-Doping-Agentur, Anm.) für ein Erstvergehen." Es gebe keinen Spielraum, meinte der Ire am Montag.
Die Staatsanwaltschaft würde einen "Pentito" (Reuigen) glimpflich davonkommen lassen, wenn ihr dafür ein großer Schlag gegen die Dopingszene gelingen würde.
Link: