Die größten Zehnkämpfer aller Zeiten

Auch in Götzis wurde mehrmals Zehnkampf-Geschichte geschrieben.
Die Zehnkämpfer gelten als "Könige der Leichtathleten". Nicht zu Unrecht, ist doch neben Sprintschnelligkeit auch Sprung- und Wurfkraft und somit Vielseitigkeit notwendig.

Allround-Genie Jim Thorpe
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Ganz besonders traf das auf den ersten Olympiasieger Jim Thorpe zu. Der US-Amerikaner gewann 1912 in Stockholm nicht nur Gold im Zehnkampf, sondern auch im Fünfkampf und war außerdem als Profi im American Football, Basketball und Baseball tätig.

Thorpe, ein Indianer aus Oklahoma, verlor seine Olympiasiege wegen Verstoßes gegen die Amateurregel (er hatte als Mitglied eines Baseball-Teams 60 Dollar kassiert). Erst 1983, 30 Jahre nach seinem Tod, rehabilitierte ihn das IOC.

Wie stark die Leistungen des Allround-Genies waren, verdeutlicht die Tatsache, dass sein olympischer Rekord fast zwei Jahrzehnte hielt und selbst 1956 in Melbourne noch zu Rang acht gereicht hätte. Thorpe wurde von Associated Press (AP) zum größten Athleten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gekürt und Dritter in der AP-Wahl zum Jahrhundertsportler.

Von Bob Mathias bis Bruce Jenner
1948 in London erregte ein erst 17-jähriger US-Amerikaner Aufsehen. Bob Mathias krönte sich zum jüngsten Leichtathletik-Olympiasieger aller Zeiten und holte vier Jahre später in Helsinki mit Weltrekord als erster Zehnkämpfer zum zweiten Mal Olympiagold.

Auch in weiterer Folge dominierten vorerst vor allem die US-Amerikaner mit den Olympiasiegern Milt Campbell (1956), Rafer Johnson (1960), Bill Toomey (1968) und Bruce Jenner (1976) den Zehnkampf. Dazwischen ging Olympiagold an den Deutschen Willi Holdorf (1964) und den Russen Nikolaj Awilow (1972).

Jenner war bei seinem Triumph in Montreal auch der erste Zehnkämpfer, der nach der heute gültigen Berechnung die immer noch beachtliche Marke von 8.500 Punkten übertraf.

"König" Daley und "Prinz" Jürgen
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1980 in Moskau ging dann nicht nur wegen des US-Boykotts der Sommerspiele in Moskau ein neuer Stern auf. Daley Thompson krönte sich mit Olympiagold zum neuen "König". Bereits einige Monate zuvor hatte der Brite beim Meeting in Götzis den ersten seiner insgesamt vier Weltrekorde aufgestellt.

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Der Zehnkampf in den 80er Jahren wurde aber nicht nur von Thompson, sondern auch von dessen Dauerrivalen Jürgen Hingsen geprägt. Der Deutsche stellte zwischen 1982 und 1984 gleich drei Weltrekorde auf, musste sich bei Großereignissen aber immer mit Silber hinter dem Briten zufrieden geben, so 1982 und 1986 bei der EM, 1983 bei der WM-Premiere in Helsinki und 1984 bei den Olympischen Spielen.

Thompsons in Los Angeles erzielter Weltrekord von (1985 umgerechneten) 8.847 Punkten hatte acht Jahre Bestand, er ist außerdem neben Mathias der einzige Zehnkämpfer, der seinen Olympiasieg erfolgreich verteidigte.

Als sich "König" Daley bei seiner dritten Olympiateilnehme 1988 in Seoul verletzungsbedingt mit Rang vier begnügen musste, reichte es für "Prinz" Jürgen erneut nicht zu Gold: Hingsen erlebte vielmehr ein Fiasko und wurde in der Auftaktdisziplin 100-m-Lauf nach drei Fehlstarts disqualifiziert. Olympiasieger wurde ein anderer Deutscher, mit Christian Schenk allerdings ein DDR-Sportler.

O'Brien verspätet Olympiasieger
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Nach dem endgültigen Ende der Ära Thompson/Hingsen trat wieder ein US-Zehnkämpfer in den Vordergrund. Dan O'Brien holte 1991 den ersten von drei WM-Titeln (1993 und 1995 folgten die weiteren zwei).

Den angestrebten Olympiasieg 1992 in Barcelona verpasste der haushohe Favorit aber, weil er bei den US-Trials mit einem "Salto nullo" im Stabhochsprung auf der Strecke blieb.

Wenige Monate später bewies O'Brien in Talence mit einem neuen Weltrekord von 8.891 Punkten sein fast unglaubliches Potenzial. 1996 in Atlanta rehabilitierte er sich dann mit dem Heim-Olympiasieg endgültig.

Dvorak übernimmt das Kommando
Was sich mit Olympiagold durch Robert Zmelik 1992 bereits angekündigt hatte, nahm dann so richtig Gestalt an: die Dominanz der Tschechen.

Tomas Dvorak, 1996 bereits Olympiadritter hinter O'Brien und dem Deutschen Frank Busemann, wurde wie der US-Amerikaner dreifacher Weltmeister (1997, 1999 und 2001) und entthronte O'Brien 1999 auch als Weltrekordler. Mit 8.994 Punkten verpasste er in Prag die magische Marke von 9.000 Zählern nur hauchdünn.

Olympiagold blieb Dvorak allerdings verwehrt: Das sicherte sich 2000 in Sydney der Este Erki Nool, der damit in seiner Heimat zum Volkshelden avancierte.

Sebrle knackt 9.000er-Marke
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Silber holte damals ein Landsmann Dvoraks, dem es schließlich auch vorbehalten war, als Erster die 9.000er-Marke zu knacken. Am 27. Mai 2001 stellte Roman Sebrle in Götzis die bis heute gültige Bestmarke von 9.026 Punkten auf.

Aber auch ein Superstar wie Sebrle ist nicht unschlagbar: Der Tscheche wurde zwar 2004 in Athen Olympiasieger, musste sich aber sowohl 2003 (Tom Pappas) als auch 2005 (Bryan Clay) mit WM-Silber hinter US-Amerikanern begnügen.

Während Pappas (wie zuletzt auch Sebrle) immer wieder mit Verlezungsproblemen zu kämpfen hat, gilt Clay, der im Vorjahr auch im Zehnkampf-Mekka Götzis gewonnen hat, unter Experten als "Kronprinz", der "König" Roman bald vom "Thron" stürzen könnte.

Rudolf Srb, ORF.at

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