Die Dopingaffäre im ÖSV-Team

Chronologie der Ereignisse um die Dopingaffäre der österreichischen Biathleten und Langläufer.
Salt Lake City 2002: Nach den Olympischen Spielen werden in einem von den österreichischen Langläufern genutzten Privathaus leere Blutbeutel und Injektionsnadeln gefunden.

Walter Mayer, Nordischer Direktor des ÖSV für Biathlon und Langlauf, rechtfertigt sich, dass damit diverse Therapien (wie UV-Behandlung des Blutes) durchgeführt worden seien. Die Athleten Marc Mayer und Achim Walcher, bei denen Mayer seine Therapie angewandt hatte, werden disqualifiziert, Mayer senior vom IOC zunächst lebenslang und dann bis einschließlich 2010 von den Olympischen Spielen ausgeschlossen.

Jänner 2006: Die WADA sieht bei einer Kontrolle im von Mayer geführten Trainingsquartier der Langläufer in Ramsau ähnliche Geräte wie jene, die zur "Blutbeutelaffäre" bei den Winterspielen 2002 geführt haben.

Samstag, 18. Februar, 19.30 Uhr: Mehrere Polizeiautos fahren mit Blaulicht und samt Durchsuchungsbefehl der italienischen Staatsanwaltschaft vor den olympischen Quartieren der Langläufer und Biathleten vor. Insgesamt 30 Beamte einer Anti-Drogen-Einheit durchsuchen die Zimmer, die Sportler und deren Gepäck.

Samstag, 22.30 Uhr: Zehn ÖSV-Athleten - die vier Langläufer Martin Tauber, Jürgen Pinter, Roland Diethart und Johannes Eder sowie die sechs Biathleten Wolfgang Perner, Wolfgang Rottmann, Christoph Sumann, Ludwig Gredler, Daniel Mesotitsch und Friedrich Pinter - werden zu Dopingtests nach Sestriere gefahren.

Sonntag, 19. Februar, 2.00 Uhr: Die letzten kontrollierten Athleten kehren in ihre Unterkünfte zurück. Das ÖOC hat bereits Protest gegen die Vorgehensweise der Beamten angekündigt. Mittlerweile ist bekannt, dass die Suche nach ÖSV-Trainer Walter Mayer Auslöser für die Razzia war.

Sonntag, 3.00 Uhr: Die österreichischen Biathleten Wolfgang Perner und Wolfgang Rottmann reisen als Reaktion auf die Hausdurchsuchung aus dem Olympia-Quartier ab. Grund war laut Perner die Angst vor den strengen italienischen Dopinggesetzen.

Sonntag, 11.30 Uhr: Die ÖSV-Langlauf-Staffel wird von den Vorfällen der vergangenen Nacht völlig entnervt wegen "Überrundung" von der Jury nach drei von vier Läufern aus dem Bewerb genommen. Das IOC rechtfertigt die Razzia mit mehreren "erheblichen Verdachtsmomenten".

Sonntag, 12.30 Uhr: Die italienische Justiz lässt durchsickern, dass gegen Mayer offizielle Ermittlungen eingeleitet worden sind.

Sonntag, 13.30 Uhr: ÖOC-Generalsekretär Heinz Jungwirth bestätigt in einer Pressekonferenz, dass die Polizeiaktion Mayer zum Ziel hatte. In den Quartieren seien "gewisse Medikamente" sichergestellt worden.

Sonntag, 18.20 Uhr: Mayer wird von der Polizei in Paternion in Kärnten in seinem Auto schlafend aufgefunden. Er widersetzt sich stark alkoholisiert der Polizeikontrolle, flüchtet und kracht mit Selbstmordabsichten in eine errichtete Straßensperre. Der 48-Jährige wird von der Polizei in Gewahrsam genommen.

Sonntag, 21.00 Uhr: Das ÖOC bestätigt die vorzeitige Abreise von Perner und Rottmann und schließt beide Athleten wenig später nach Rücksprache mit deren Betreuern aus dem Olympia-Team aus.

Sonntag, 21.30 Uhr: Nach Bekanntwerden der Umstände des Unfalles von Mayer gibt ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel die fristlose Entlassung des ehemaligen Sportlichen Leiters der Langläufer und Biathleten bekannt.

Nacht von Sonntag auf Montag: Mayer wird trotz laufender Dopingermittlungen italienischer Behörden auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Klagenfurt aus dem Polizeigewahrsam entlassen. Der Salzburger wird allerdings wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt, Körperverletzung und mehrerer Verkehrsdelikte auf freiem Fuß angezeigt.

Montag, 20. Februar, 12.00 Uhr: Der ORF, der sich auf den zuständigen Staatsanwalt Raffaele Guariniello bezieht, berichtet von Funden von belastendem Material im Zuge der Razzia am Samstagabend. Es soll sich unter anderem um 100 Spritzen, 30 Packungen Medikamente und Apparaturen zur Bluttransfusion handeln.

Montag, 19.00 Uhr: In einem Nebenquartier des ÖSV in Pragelato, in dem die Langlaufbetreuer untergebracht sind, wird neuerlich eine Dopingrazzia durchgeführt. Der zuständige nordische ÖSV-Direktor Markus Gandler versichert, dass "nichts gefunden worden ist".

Dienstag, 21. Februar, 10.00 Uhr: Aus ÖSV-Kreisen wird bekannt, dass sich die ÖSV-Langlauf-Trainer Emil Hoch und Roland Diethart nicht mehr in Italien befinden. Beide sind bereits am Sonntag nach der Razzia abgereist. Während Dietharts Abreise geplant gewesen sein soll, wird dem suspendierten Liechtensteiner Hoch eine Nähe zu Mayer nachgesagt.

Dienstag, 17.00 Uhr: In einer Pressekonferenz gibt Schröcksnadel die Suspendierungen von Langlauf-Trainer Hoch sowie der Biathleten Perner und Rottmann bekannt. Schröcksnadel gesteht eine "Fehleinschätzung" im Fall Mayer.

Mittwoch, 22. Februar, 19.00 Uhr: Das ÖOC reagiert durch die Einsetzung einer Untersuchungskommission auf die Razzien. Das Gremium, das von Eishockey-Verbandspräsident Dieter Kalt geleitet wird, hat den Auftrag einer lückenlosen Aufklärung der Vorfälle. Das IOC hatte bereits am Vorabend eine eigene Untersuchung nach Ende der Winterspiele angekündigt. ÖOC-Generalsekretär Jungwirth bestätigt der APA: "Es wurde absolut nicht erlaubtes Equipment gefunden, darunter Material zur Bluttransfusion."

Donnerstag, 23. Februar, 12.00 Uhr: Der Präsident der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA), Richard Pound, äußert in einem ZDF-Interview erhebliche Vorwürfe: "Es sieht nach einem Fall organisierten Blutdopings aus." Währenddessen spricht Schröcksnadel bei der Staatsanwaltschaft in Turin vor.

Freitag, 24. Februar: ÖSV-Geschäftsführer Klaus Leistner und Gandler werden in einer Polizeikaserne in Sestriere von Polizei und angereisten Staatsanwälten mehrere Stunden verhört. Die italienische Justiz kündigt einen Prozess gegen in den Skandal involvierte Personen an, Mayers Anwalt eine Verleumdungsklage gegen IOC-Präsident Rogge, sollte dieser seine Aussagen ("Für mich ist Walter Mayer jener Mann, der Doping organisiert") nicht zurücknehmen.

Freitag, 18.40 Uhr: Das IOC gibt in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz bekannt, dass alle zehn am Samstagabend von Österreichern abgegebenen Dopingproben negativ ausgefallen sind - auch jene der verdächtigten Rottmann und Perner. IOC-Sprecherin Giselle Davies spricht dennoch nur von einem "Teilergebnis einer größeren Affäre". Es wird weiter ermittelt, auch Blutproben sollen entnommen werden.

Freitag, 19.30 Uhr: Gandler holt in einer Pressekonferenz zu einem Rundumschlag gegen ÖOC-Generalsekretär Jungwirth, IOC-Präsident Rogge und den WADA-Vorsitzenden Pound aus und fordert eine Neuaustragung beider Staffelbewerbe (Langlauf und Biathlon). Jungwirth habe den Aufenthalt Mayers bei den Olympischen Spielen laut Gandler genehmigt.

7. und 8. März: Perner und Rottmann treten vom aktiven Sport zurück und beenden ihre Karrieren.

Frühjahr: Kurz nach den Olympischen Spielen richten sowohl das ÖOC als auch der ÖSV eigene Untersuchungskommissionen ein.

12. Mai: Der ÖSV belegt Langläufer Johannes Eder mit einer Sperre für ein Jahr, der sich in Turin nach eigenen Angaben wegen Durchfalls eine Kochsalzlösung injiziert hatte. Infusionen jeglicher Art ohne ärztliche Aufsicht sind verboten.

27. April: Österreich bekommt ein Anti-Doping-Gesetz. Der Nationalrat beschließt einstimmig eine entsprechende Vorlage.

Herbst: Das ÖOC hat einen Bericht erarbeitet und erstellt einen Rechte- und Pflichtenkatalog.

Anfang Dezember: Das IOC bittet die italienischen Behörden um rasche Klärung des Dopingskandals. "Die Disziplinarkommission wartet gespannt auf den Schlussbericht, um den Fall komplett zu analysieren, Schlüsse zu ziehen und Maßnahmen zu treffen", heißt es in einer IOC-Aussendung.

13. Dezember: Die Turiner Staatsanwaltschaft hat ihre Ermittlungen noch nicht abgeschlossen. Im Rahmen des Weltcups von Cogne werden der Österreicher Martin Tauber und Michael Botwinow erneut einvernommen.

15. Jänner 2007: Fast ein Jahr nach der Razzia der italienischen Behörden in den Quartieren der ÖSV-Athleten in San Sicario bzw. Pragelato am 18. Februar 2006 hat das Gericht in Turin nun den offiziellen Bericht über die Ergebnisse an die Disziplinarkommission des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) weitergeleitet. Eine Prüfung des Berichts ist für Anfang Februar angekündigt.

4./5. April: Die Disziplinarkommission des IOC hat mehrere Sportler und Betreuer, darunter die Biathleten Perner und Rottmann sowie die Langläufer Hoffmann und Botwinow, zu einem Hearing nach Lausanne geladen. Die Österreicher verzichten auf eine Anreise und einige nehmen schriftlich Stellung, andere verzichten auch auf diese Möglichkeit.

25. April: Das IOC sperrt die Biathleten Perner und Rottman sowie die Langläufer Tauber, Pinter, Eder und Diethart lebenslang von den Olympischen Spielen. Die Ergebnisse der Sportler von Turin 2006 werden annulliert.

23. Mai: Das IOC stellt im Rahmen der Dopingaffäre eine Reihe rigoroser Bedingungen. Sollten diese nicht erfüllt werden, sollen österreichische Athleten für 16 Jahre von Olympischen Spielen ausgeschlossen werden. Zu den Forderungen zählt unter anderem eine Strafzahlung von einer Million Dollar. Zudem müsse Schröcksnadel, der als ÖSV-Präsident auch Vizepräsident des ÖOC ist, aus dem österreichischen Olympia-Verband ausgeschlossen werden.

Die vier auf Lebenszeit von Olympischen Spielen ausgeschlossenen österreichischen Langläufer Eder, Pinter, Tauber und Diethart legen gegen ihre Sperre Berufung beim Internationalen Sportgerichtshof (CAS) in Lausanne ein.

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