ÖOC greift hart durch

In Zukunft ist für österreichische Dopingsünder kein Platz mehr bei Olympischen Spielen.
Der Vorstand des Österreichischen Olympischen Comites (ÖOC) hat bei seiner Dringlichkeitssitzung am Dienstag in Wien wie erwartet das IOC-Urteil wegen der Dopingvorwürfe von Turin 2006 angenommen und einen rigorosen Maßnahmenkatalog beschlossen.

So wurden von Sportdirektor Markus Gandler und Arzt Peter Baumgartl abwärts insgesamt 13 Betreuer des Österreichischen Skiverbandes (ÖSV) aus dem Turiner Langlauf- und Biathlonlager für immer von Olympia ausgeschlossen.

ÖOC-Präsident Leo Wallner gab bekannt, dass Gandler, Baumgartl, Volker Müller, Alfred Eder, Walter Gapp, Walter Hörl, Heinz Mühlbacher, Stefan Rohrmoser, Emil Hoch, Andreas Eder, Gerald Heigl, Reinhard Neuner und Gerhard Urain keine Akkreditierung mehr für Olympische Spiele erhalten werden. Zudem wird auch der bis 2010 gesperrte Walter Mayer nicht mehr akkreditiert.

Wer dopt, wird lebenslang gesperrt
Weiters sollen alle des Dopings verurteilten Personen in Zukunft auf Lebenszeit für Olympische Spiele gesperrt werden.

Das ÖOC wird zudem eine Million Dollar an das IOC überweisen und für den Kampf gegen Doping zur Verfügung stellen.

Damit soll erreicht werden, dass die gleich hohen IOC-Förderungen, deren Einbehaltung das IOC als Strafe wegen der Vorkommnisse ausgesprochen hatte, nun doch fließen können. Der ÖSV hatte sich zuletzt bereit erklärt, dem ÖOC diese Summe zu überweisen.

"Freiwilliger" Schröcksnadel-Rücktritt
Außerdem erklärte ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel bei der Sitzung seinen Rücktritt als ÖOC-Vizepräsident. Freiwillig, wie es hieß. Schröcksnadel schied aber nicht kritiklos. Die Vertrauensbasis zwischen ihm und dem ÖOC sei nicht mehr gegeben, sagte der ÖSV-Boss.

IOC-Forderungen "übererfüllt"
Damit hat das ÖOC die Forderungen des Internationalen Olympischen Komitees, das nach dem Vorkommnissen in Italien eine zu "lasche" Behandlung der Causa in Österreich kritisiert und mit drastischen Sanktionen wie den lebenslangen Olympia-Sperren für sechs Athleten reagiert hatte, sogar "übererfüllt".

Die nunmehrigen Entscheidungen, die auch der für Sport zuständige Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) ausdrücklich begrüßte und für gut befand, kamen nicht mehr überraschend. Das IOC hatte Österreich sogar mit einer Sperre gedroht. Salzburg bewirbt sich für die Winterspiele 2014, die in etwas mehr als einem Monat vergeben werden.

Pressekonferenz ohne Schröcksnadel
Schröcksnadel war extra vom FIS-Kongress in Portoroz zur ÖOC-Sitzung nach Wien geflogen. Bei der "einstimmigen" Entscheidungsfindung des Vorstandes war der Tiroler Spitzenfunktionär und Unternehmer dann aber schon ebenso nicht mehr dabei wie bei der anschließenden, live im ORF-Fernsehen übertragenen Pressekonferenz im Hotel Intercont.

Dort gab Wallner, flankiert von den Winter- bzw. Sommersportausschuss-Vorständen Dieter Kalt und Theodor Zeh sowie vor zahlreichen Journalisten auch aus dem Ausland, die Beschlüsse bekannt. Diese wurden noch am Dienstag übersetzt an das IOC weitergeleitet.

Die Sperre, so Wallner, gelte natürlich auch für den ohnehin vom IOC bis 2010 gesperrten und vom ÖSV längst entlassenen Walter Mayer, der als einer der Hauptauslöser der bis zu den Spielen 2002 in Salt Lake City zurückreichenden Affäre gilt.

Bessere ÖOC-Kontrollen
Künftig wird es nun auch ein wesentlich konsequenteres ÖOC-Pflichtenheft geben, mit dem man Vorfälle wie in Turin zu vermeiden hofft. So werden Athleten-Außenquartiere nur noch nach Prüfung möglich sein. Das ÖOC will künftig solche außerhalb des Olympischen Dorfes liegenden Sportlerwohnungen ebenso besser kontrollieren wie die ärztliche Versorgung.

Damit glaubt das ÖOC seinen Part vorerst erfüllt zu haben. Er sei überzeugt, dass das IOC diese Maßnahmen honorieren werde, gab sich Wallner zuversichtlich. Immerhin seien alle Betreuer sanktioniert worden, "ob beteiligt oder nicht".

Und die eine Million Dollar werde das IOC "glücklich" machen, davon sei er als Mitglied des dortigen Finanzausschusses überzeugt, so Wallner.

Schmerzliche Maßnahmen
Auch Kalt ist überzeugt, dass man dem IOC damit endlich Genüge getan hat. "Das muss das IOC jetzt wirklich anerkennen. Das sind Maßnahmen, die uns selbst sehr wehgetan haben. Außerdem steht hinter jedem Gesperrten auch ein menschliches Schicksal", sagte Kalt.

In der Tat waren vom IOC nur jene Sportler gesperrt worden, bei denen man verbotene Mittel gefunden hatte. Das ÖOC bestrafte nun aber alle akkreditierten Betreuer - auch solche, die gar nicht in den Quartieren gewohnt hatten. Die Teamchauffeure wurden aber verschont.

Wallner hofft, dass damit "kein Schatten mehr auf Österreich fällt. Wir haben in Turin 23 Medaillen gewonnen, berichtetet wurde aber fast nur über Doping." Es gehe längst nicht mehr um einzelne Schuld, sondern darum, dass während der Spiele in den Quartieren eindeutig Apparaturen und Mittel zum Doping gefunden worden seien.

Kein Anspruch auf Akkreditierung
Man legte beim ÖOC aber auch Wert auf die Feststellung, dass nicht Gesamtverbände verurteilt, sondern lediglich das Fehlverhalten von Einzelpersonen aufgezeigt worden sei.

Das Urteil stehe, Anspruch auf eine Akkreditierung gebe es keinen. Wallner: "Wir sind ein privater Verein, es gibt keinen Rechtstitel darauf."

Nun muss der ÖSV handeln
Ein wichtiger Ball liegt nun aber noch immer beim ÖSV. Dieser muss bis Ende Juni 2008 im eigenen Lager der Biathleten und Langläufer "aufräumen" und dann einen Lösungsvorschlag rechtzeitig dem IOC vorlegen.

Sonst sei nicht auszuschließen, dass auch "unschuldige" Sportler und Sportlerinnen aus diesem Lager zum Handkuss kommen würden, hieß es von Seiten des ÖOC.

Die für Olympia gesperrten ÖSV-Betreuer

  • Markus Gandler: seit 2003 ÖSV-Rennsportdirektor für Langlauf und Biathlon, 1980 bis 2001 aktiver Langläufer

  • Peter Baumgartl: bei den Spielen 2006 als ÖSV-Arzt akkreditiert; seit 30 Jahren in der medizinischen Betreuung der nordischen Skisportler im ÖSV, derzeit Koreferent in der medizinischen ÖSV-Kommission

  • Volker Müller: Homöopath, Heilpraktiker, Physiotherapeut

  • Emil Hoch: seit 2003 ÖSV-Trainer Langlauf Trainingsgruppe I, Suspendierung im Februar 2006; der auslaufende Vertrag mit dem Liechtensteiner wurde in Folge nicht verlängert

  • Gerhard Urain: seit 2005 ÖSV-Trainer Langlauf Trainingsgruppe I, zuvor aktiver Langläufer, derzeit nicht mehr im ÖSV-Betreuerstab.

  • Gerald Heigl: seit 2004 ÖSV-Kotrainer Langlauf Trainingsgruppe I

  • Andreas Eder: seit 2002 ÖSV-Masseur Langlauf Trainingsgruppe Distanz und Sprint, derzeit nicht im ÖSV-Betreuerstab

  • Reinhard Neuner: seit 2003 ÖSV-Koordinator Technik/Service Langlauf, zuvor aktiver Biathlet und Langläufer

  • Alfred Eder: seit 2005 ÖSV-Cheftrainer Biathlon Trainingsgruppe I, 2001 bis 2005 Trainer Biathlon Trainingsgruppe II

  • Heinz Mühlbacher: seit 2002 ÖSV-Trainer Biathlon Trainingsgruppe I. Derzeit im Langlauf Trainer Trainingsgruppe Distanz und Kontinentalcup

  • Walter Gapp: seit 2004 ÖSV-Trainer Biathlon Trainingsgruppe I - Höhentraining, 2002 bis 2004 Cheftrainer Biathlon

  • Walter Hörl: seit 2005 ÖSV-Kotrainer und Schießtrainer Biathlon Trainingsgruppe I

  • Stefan Rohrmoser: seit 2003 ÖSV-Masseur Biathlon Trainingsgruppe I

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