Ein Anfall von Jugend

Guy Roux war nach 35 Jahren bei Auxerre am Ziel.
Der 68-jährige Guy Roux wird seine Trainerkarriere - die längste im französischen Fußball - nach zwei Jahren Pause wieder aufnehmen.

©Bild: Reuters
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Nach 44 Jahren bei AJ Auxerre und der Rekordzahl von 890 Erstliga-Spielen für die Burgunder hat das Trainer-Urgestein bei Racing Lens eine neue Herausforderung gefunden.

Herausforderung für Roux und Gegner
Roux wird in Lens seinem Landsmann Francis Gillot nachfolgen, der vergangene Woche zurückgetreten ist, nachdem der Ligue-1-Klub als Fünfter der Meisterschaft einen Platz im Europacup verpasst hatte.

"Es ist ein Anfall von Jugend, die mich überkommen hat. Außerdem ist es eine Herausforderung für mich selbst und alle unsere Gegner", so Roux verschmitzt bei seiner Präsentation als Lens-Trainer.

"Der fünfte Platz von 20 ist nicht schlecht, den hätten einige andere gerne. Lens ist eine gute Mannschaft, und daher ist das Hauptziel natürlich der Titel", stellte er gleich klar.

"In guter Verfassung"
Da in der französischen Liga 65 als Alterslimit gilt, wird Roux zwar offiziell in einer anderen Position aufscheinen, allerdings als Trainer agieren.

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Gefahr, dass er wie Dynamo-Kiew-Trainerlegende Waleri Lobanowski, der 2002 nach einem Schlaganfall verstarb, enden könnte, besteht laut Roux nicht. "Es mag bizarr scheinen, aber ich bin in guter Verfassung und mein Alter ist kein Problem. Ich möchte noch zwei Jahre dabei sein", sagte er.

Die letzten Jahre nach seinem Abgang im Juni 2005 bei Auxerre arbeitete Roux als Fernsehkommentator und radelte für einen guten Zweck am Rande der Tour de France mit. Jetzt zog es ihn wieder auf die Trainerbank.

Wenn das Telefon läutet
"Plötzlich läutete wieder ständig mein Telefon und es waren nicht meine Freunde dran, sondern die Klubs riefen wieder an", sagte Roux, dessen letzte Entscheidung zwischen Girondins Bordeaux und Lens fiel.

"Zwei aufregende Klubs, aber Lens ist ein Verein, den ich immer schon mochte", begründete die Auxerre-Legende die Wahl, mit der er seinem Stammklub "untreu" wurde.

Trainer mit 23 Jahren
Schon mit 23 Jahren übernahm Roux den Trainerjob bei dem Klub aus der burgundischen Kleinstadt rund 160 Kilometer südöstlich von Paris.

Von August 1961 bis Juni 2005 war der heute 68-Jährige bei Auxerre. Roux trainierte den Verein fast durchgehend - von 1962 bis 1964 musste er wegen des Militärdienstes eine Auszeit nehmen, von Mai 2000 bis Mai 2001 war er nur Generalmanager - und führte ihn aus der vierten Liga bis in die Champions League.

In der Saison 1995/96 gelang nicht nur nach 35 Jahren im Amt der erste Meistertitel in der obersten Spielklasse, sondern mit dem zweiten Cup-Sieg nach 1994 (mit Sturm-Kicker Franck Verlaat) auch das Double.

Der Augenblick, Schluss zu machen
Nach seinem vierten Cup-Sieg Anfang Juni 2005 verkündete Roux das Ende seiner Karriere bei Auxerre.

"Das ist der Augenblick, um Schluss zu machen. Ich höre auf. Ich habe mehrere Wochen darüber nachgedacht: Wann soll man denn Schluss machen? Das ist wirklich der richtige Zeitpunkt", so Roux nach dem 2:1-Triumph seines Teams über Zweitligist Sedan im Stade de France.

"Ich hatte gehofft, dass Guy noch ein Jahr macht, aber ich respektiere seine Entscheidung", war Vereinsboss Jean Claude Hamel damals enttäuscht.

Präsident als treuer Unterstützer
Die Trainer-Präsidenten-Bindung bei Auxerre war für das moderne Fußballgeschäft eher ungewöhnlich.

Mit Hamel, der seit 1963 Auxerre-Präsident ist, hatte Roux einen treuen Unterstützer, der die Methoden des Trainers und sein Spielsystem jahrelang förderte.

Da der Klub aus der 40.000-Einwohner-Stadt über beschränkte finanzielle Mittel verfügte, setzte Roux auf den eigenen Nachwuchs, das Sichten und Arbeiten mit Talenten wie Eric Cantona und Djibril Cisse sowie ein 4-3-3-System, das er unverändert spielen ließ.

Die Liebe zum Spiel
Die größte Leistung von Roux, der sich im November 2001 einer Herzoperation unterziehen musste, ist aber die Tatsache, dass er mit den ständig wechselnden Mechanismen des Spitzenfußballs Schritt halten konnte.

Dabei verlässt sich der schrullig wirkende Trainerfuchs vor allem auf seinen Instinkt und weniger auf die neuesten taktischen Erkenntnisse. "Das einzige Dogma im Fußball ist die Liebe zum Spiel", lautet das Credo von Roux.

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