"Dritter Gastgeber"

Nationaltrainer Fatih Terim verkündete unter allgemeinem Jubel seinen Verbleib im Amt.
"Wir haben gezeigt, was wir können", sagte der Held nach der Schlacht. Stürmer Nihat Kahveci hat die türkische Nationalmannschaft zur EM 2008 geschossen und das ganze Land "siegestrunken" gemacht, wie es ein Fernsehsender am Donnerstag formulierte.

Auf den Straßen des Landes wurde nach dem 1:0-Sieg über Bosnien am Mittwochabend die ganze Nacht lang gefeiert.

Freudenkundgebungen im ganzen Land
In Istanbul waren Plätze und Straßen in der Innenstadt wegen der Freudenkundgebungen blockiert, selbst im eisigen osttürkischen Erzurum, wo die Temperaturen bereits weit unter dem Gefrierpunkt liegen, gingen die Menschen mit ihren Fahnen auf die Straße.

Die Türken zelebrierten die gelungene Qualifikation so hingebungsvoll, dass man glauben konnte, das Land habe den EM-Titel schon in der Tasche.

Vergessen sind die teils blamablen Leistungen der türkischen Elf in der Qualifikationsrunde, und der kürzlich noch scharf kritisierte Nationaltrainer Fatih Terim verkündete unter allgemeinem Jubel seinen Verbleib im Amt.

Optimistische Blicke Richtung Westen
Schon richten sich optimistische Blicke auf die EM in Österreich und der Schweiz: Wegen der vielen Türken in Mittel- und Westeuropa werde das Turnier für die Türkei zum reinsten Heimspiel, sagen Zeitungen voraus - deshalb lautet das neue Ziel: Finalteilnahme.

Für die Zeitung "Sabah" stand am Donnerstag schon fest, dass die Türkei neben der Schweiz und Österreich im kommenden Jahr zum "dritten Gastgeber" werden wird: Nicht nur in den beiden ausrichtenden Ländern, sondern auch in den benachbarten Staaten Deutschland und Frankreich lebten viele Türken, die im kommenden Juni die EM-Stadien füllen würden.

"Unsere Augen und unsere Herzen richten sich nun auf das Finale in Wien", so "Sabah".

Zwischen Traum und Wirklichkeit
Auch wenn andere Blätter nicht ganz so weit gehen wollen, mischt sich trotz des knappen 1:0-Sieges über Bosnien und der schlechten Qualifikationsspiele in den Monaten zuvor eine Selbstherrlichkeit in die Reaktionen, die durch die sportlichen Leistungen eigentlich nicht gedeckt ist.

Überraschend WM-Dritter
Die Türkei könne bei der EM das wiederholen, was die Nationalmannschaft bei der WM 2002 vollbracht habe, kommentierte "Hürriyet": Damals erreichten die Türken überraschend den dritten Platz.

Für eine Mannschaft, die noch vor wenigen Wochen gegen Moldawien über ein 1:1 nicht hinauskam, sind das recht optimistische Voraussagen für die erst dritte EM-Teilnahme des Landes überhaupt.

Dass die Türkei bei der letzten EM die Qualifikation verpasste und bei den Turnieren der Jahre 1996 und 2000 insgesamt gerade einmal drei Tore erzielte, geht im derzeitigen Siegestaumel ebenfalls unter.

Auf den Boden der Tatsachen
Ausgerechnet der als neuer Nationalheld gefeierte Torschütze Nihat holte seine im siebenten Fußballhimmel schwebenden Landsleute mit einer nüchternen Analyse wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.

Bei der EM werde es für die Türkei schwerer als in der Qualifikation, sagte er. Auch Trainer Terim erinnerte daran, dass es bei einer Europameisterschaft keine schwachen Gegner gebe.

Wenn große Mannschaften wie England die Qualifikation nicht schafften, dann kämen eben andere wie Frankreich oder Italien auf die Türken zu. Und Italiener und Franzosen, so hätte Terim hinzufügen können, haben es auch nicht weit in die Stadien in Österreich und der Schweiz.

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