Empfang mit offenen Armen

"Mad Dog" Pogatetz: "Keine Angst vor großen Namen".
Sieht man vom Fall Paul Scharner ab, ist die ÖFB-Welt vor dem Länderspiel gegen den Erzrivalen Deutschland wieder in Ordnung. Die Rückkehrer Emanuel Pogatetz und Roland Linz wurden mit mehr oder weniger offenen Armen im Kreise des Nationalteams begrüßt.

Die Geschichten von Middlesbrough-Verteidiger Pogatetz, der sich mit öffentlicher Kritik selbst aufs Abstellgleis manövriert hatte, und Braga-Stürmer Linz, der Teamchef Josef Hickersberger im Vorjahr nicht überzeugte, sind zwar nicht vergleichbar, im Duell mit dem dreifachen Welt- und Europameister sind die Legionäre aber beide wieder dabei.

Pogatetz ohne Gepäck, das auf der Anreise verloren ging, aber voller Tatendrang. Und das ist gut so, wie "Hicke" im Teamhotel Hilton Danube betonte.

Teamchef freut sich mit Rückkehrern
"Konflikte können gut sein, wenn sie ausgeräumt werden. Ich bin sehr froh, dass sie wieder dabei und mit Erfolgserlebnissen angereist sind", so der Teamchef über die vorübergehend "verlorenen Söhne". Erfolgserlebnisse deshalb, weil sowohl Pogatetz als auch Linz bei ihren Clubs zuletzt Fixgrößen waren.

Legionäre bei ihren Clubs gesetzt
"Mad Dog" Pogatetz spielt bei Middlesbrough aufgrund der Verletzung seines Kollegen Andrew Taylor zwar nicht auf seiner Lieblingsposition in der Innenverteidigung ("Wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich dort spielen"), sondern auf der linken Außenposition.

Aber der 25-Jährige kommt so gut wie immer über die volle Distanz zum Einsatz und zeichnet mitverantwortlich dafür, dass sich "Boro" Schritt für Schritt von der Abstiegszone entfernt. Zuletzt knöpfte man Newcastle und "Messias Kevin Keegan" (Zitat Hickersberger) auswärts ein 1:1 ab.

Und Linz lieferte Hickersberger in den vergangenen Monaten überhaupt die besten Argumente für eine Berücksichtigung: Tore, Tore, Tore; in der portugiesischen Meisterschaft bisher neun, im UEFA-Cup fünf.

Teamchef räumt eigene Fehler ein
"In seinem Fall muss ich mir auch auf die eigene Brust klopfen", sagte Hickersberger in Bezug auf den Braga-Goalgetter. "Ich habe seine Leistung anders beurteilt bzw. mehr von ihm erwartet, obwohl er damals kaum Spiele absolviert hatte."

Der Teamchef machte bei der Montag-Pressekonferenz - flankiert von den beiden Heimkehrern - unmissverständlich klar: "Es geht nicht um persönliche Eitelkeiten oder Animositäten. Es geht um eine funktionierende Mannschaft. Ich komme mit allen Spielern gut aus und das meine ich hundertprozentig ernst."

Wiedersehens- und Vorfreude
Sowohl Pogatetz als auch Linz waren Wiedersehensfreude und Vorfreude auf den Klassiker am Mittwoch (20.35 Uhr, live in ORF1) im Happel-Stadion (44.000 Karten bereits verkauft) deutlich anzusehen.

"Ein tolles Gefühl", sagte "Pogerl" und fügte hinzu: "Gegen Newcastle war es sehr schwierig, weil ich mit dem Kopf schon beim Nationalteam war. Ich spüre positive Nervosität." Auf den Empfang durch die Kollegen angesprochen sagte er lapidar: "Ganz normal. Ich habe 'Hallo' gesagt und die anderen auch." Eine explizite Aussprache habe es nicht gegeben.

Pogatetz sucht Gespräch mit Ivanschitz
"Das ist auch nicht notwendig, niemand muss sich für irgendetwas entschuldigen", warf Linz ein. Ein Gespräch mit Andreas Ivanschitz, dem er einst die Qualitäten eines Kapitäns abgesprochen hatte, wird Pogatetz aber suchen. "Dann wird die Sache erledigt sein."

In der kurzen Zeit bis Mittwoch versucht sich Pogatetz "so gut wie möglich ins Mannschaftsgefüge zu integrieren. Die Mitspieler werden mir da sicher entgegenkommen."

Wie er die Auftritte des ÖFB-Teams während seiner Abwesenheit beurteilt und was sich seither veränderte? "Über Fernsehen ist es schwierig, Leistungen zu beurteilen. Was mir schon aufgefallen ist: dass die Mannschaft mit großem Selbstvertrauen auftritt."

"Vor niemandem verstecken"
Das versuche er auch über seine Premier-League-Erfahrungen zu vermitteln: "Respekt ja, aber keine Angst vor großen Namen. Egal ob gegen Deutschland oder bei der EM: Wir müssen uns vor niemandem verstecken."

Pogatetz wurde vom ÖFB übrigens ein Fahrrad-Ergometer in die Kabine gestellt, auf dem er vor Training und Spiel knapp 20 Minuten aufwärmt. "Nach einer schweren Verletzung achtet man automatisch mehr auf seinen Körper. Bei Middlesbrough machen das eigentlich alle."

Verkühlter Linz wird spielen
Auf seinen Körper musste am Sonntag auch Linz achten. Der 26-Jährige brach das Training wegen einer Verkühlung ab, sieht seinen Einsatz aber nicht gefährdet. "Es geht schon viel besser, für Mittwoch gibt es kein Problem."

Dass in Braga vieles auf ihn zugeschnitten ist, macht ihm in Bezug auf das Nationalteam kein Kopfzerbrechen. "Als Stürmer ist man immer von den Mitspielern abhängig. Wir haben bis zur EM noch vier Partien, und bis dahin wird es funktionieren."

Euphorie soll Mittwoch beginnen
So wie Pogatetz sagt auch Linz: "Wir müssen mit der Einstellung, dass wir gegen jeden gewinnen können, an die Sache herangehen. Mit acht Millionen Österreichern im Rücken können wir auch bei der EM für Sensationen sorgen. Wir wollen schon am Mittwoch gegen Deutschland für eine erste Euphorie sorgen."

Harald Hofstetter, ORF.at

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