Zwar ist die sportliche Ausgangsposition vor der entscheidenden Meisterschaftsphase im Gegensatz zum Vorjahr, als man als Tabellenletzter überwinterte, durchaus vielversprechend. Bei den Violetten gibt es aber auch als punktegleicher Verfolger von "Winterkönig" Sturm Graz und Titelverteidiger Salzburg genügend betriebsinterne Baustellen.
Erste Schritte auf eigenen Beinen
Nach einem Jahrzehnt finanzieller Sorglosigkeit unter Frank Stronach und Magna muss der 23-fache Meister und 26-malige wie auch amtierende Cup-Sieger in Zukunft wieder auf eigenen Beinen stehen. Und wie nicht anders zu erwarten, gestalten sich die ersten Schritte äußerst schwierig.
An möglichen Turbulenzen lauern: Kündigung des Magna-Vertrags (im vergangenen Dezember), Rätselraten über eine weitere Kooperation mit Stronach, auslaufende Spieler- und Trainerverträge (im Sommer), Abschied von der Akademie in Hollabrunn (mit 30. Juni), Neuorganisation des Jugendbereichs und damit verbundene Lizenzsorgen (Deadline 15. März), Umbau des Horr-Stadions (Fertigstellung Ende 2008) und last but not least der Dauerbrenner Stadionneubau in Rothneusiedl.
"Arbeitsgruppe Austria" im Dauereinsatz
Über Langeweile können sich Präsident Wolfgang Katzian, Generalmanager Thomas Parits und Manager Markus Kraetschmer also nicht beklagen.
Das erzviolette Trio verhandelt seit Tagen mit den Magna-Gefolgsleuten Ernst Neumann, Peter Svetits und Wolfgang Rebernig. Gebastelt wird an einer (Los-)Lösung, die der Austria trotz Stronachs neuen Spielzeugs SV Wienerberger/FC Magna/Tiger-Team nicht nur das Überleben, sondern auch den Erfolg sichern soll.
Am Wochenende tanzten die Clubverantwortlichen auf dem "violetten Ball" im Hotel Marriott Richtung Bundesliga-Start, ein beherrschendes Thema war aber auch dort die Stronach-Akademie. Die Austria wird nicht mehr deren Trägerverein sein, ab Sommer kommen auch andere Vereine als Abnehmer für mehr oder weniger talentierte Absolventen infrage.
Transferzeit gespenstisch ruhig
Da der "Goldesel" keine Lust mehr auf die Austria hat, gestaltete sich auch die Winter-Transferzeit fast gespenstisch. Wo sich in den vergangenen Jahren Spielermanager, Berater und Anwälte im Kampf um die Stronach-Millionen beinahe über den Haufen rannten, herrschte ungewohnte Ruhe.
Alexander Grünwald und Markus Suttner wurden von den Amateuren in den Profikader geholt, im Trainingslager in Südspanien ließ sich Coach Georg Zellhofer von den U17-Talenten David Alaba und Aleksander Dragovic angenehm überraschen. Stürmer Thomas Pichlmann verließ die Favoritner Richtung Italien, wo er in der Serie B für US Grossetto kickt.
Teamspieler als Sorgenkinder
Der aktuelle Austria-Kader hat aber zweifelsohne das Zeug zum Meistertitel, auch wenn die Teamspieler Franz Schiemer, Ronald Gercaliu und Sanel Kuljic verletzungsbedingt erst am Wochenende ihre Testspielpremiere 2008 geben konnten und hinter den Routiniers Arek Radomski und Stepan Vachousek nach langer Pause weiter Fragezeichen stehen.
Bei nur 13 ausstehenden Runden wird vieles, wenn nicht alles auf einen guten Start ankommen. Mit den Heimspielen gegen Altach (Samstag, 18.00 Uhr) und Salzburg (Samstag, 23. Februar, 18.00 Uhr) hat man die Möglichkeit, die Anwartschaft auf den Titel zu unterstreichen. "Verlieren verboten" heißt es in der kurzen Zeit bis zur EM aber ohnehin für alle Mannschaften.
Zellhofer will um Titel mitspielen
Das weiß auch Trainer Zellhofer, für den es keinen logischen Favoriten gibt: "Wir wollen natürlich um den Meistertitel mitspielen, aber in 13 Partien ist bei fünf bis sechs Kandidaten wirklich alles möglich. Fakt ist, dass Sturm und LASK sicher am wenigsten unter Druck stehen und Salzburg nach dem Europacup-Aus und ohne Cup-Bewerb den einen Titel unbedingt will."
Der Oberösterreicher spricht - was die Bedingungen betrifft - von einer "perfekten Vorbereitung". Die erwähnten Sorgenkinder will er "mit Fingerspitzengefühl und zielgerecht" heranführen, obwohl es im Frühjahrssprint eigentlich keine Zeit gebe, Leistungsträger lange zu schonen.
"Kein Grund zur Panik"
Die Turbulenzen im Club lässt Zellhofer weder für sich noch für seine Spieler als Vorwand für Unkonzentriertheiten gelten: "Ich habe volles Vertrauen in unsere Funktionäre. Die reißen sich den Hintern auf und werden Lösungen finden. Außerdem muss man auf dem Teppich bleiben, bis jetzt haben alle immer pünktlich ihr Geld bekommen, und das wird auch weiter so sein. Bestehende Verträge sind nicht in Gefahr, und dass Verträge auslaufen, ist überall so und wird auch immer so sein."
Kein Grund zur Panik also für Zellhofer, der an seine eigene Zukunft laut eigener Aussage noch keinen Gedanken verschwendete: "Dazu bin ich zu lange dabei und habe im Fußball schon zu viel erlebt. Wegen mir gibt es keinen Druck und keinen Stress. Unsere Funktionäre arbeiten top, und alles andere wird man sehen."
"Siege sind das beste Doping"
Zum Auftakt gegen Altach will Zellhofer "drei Punkte", denn: "Ich habe als Spieler und Trainer sicher schon unzählige Vorbereitungen und Trainingslager erlebt, und angekommen ist es immer noch auf die ersten Spiele. Es gibt eben kein besseres Doping als Siege."
Harald Hofstetter, ORF.at
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