180 Tore für den Maradona-Club

Wer zweimal vergibt, den traut man nicht ...
Wer schon einmal einen Elfmeter vergeben hat, der kennt das schlechte Gewissen, das den Schützen nach seiner Fehltat quält. Besonders bitter muss es sein, wenn man noch einmal als Versager in derselben Partie scheitert. Der Tiefpunkt eines jeden Fußballers mit drei vergebenen Elfmetern in einem Spiel ist ohnehin eine Alptraumvorstellung, für Martin Palermo wurde das jedoch am 4. Juli 1999 Realität.

Beim Gruppenspiel der Copa America in Paraguay trauten die rund 20.000 Zuschauer in Luque ihren Augen nicht. Das lag weniger am überraschenden 3:0-Sieg der Kolumbianer durch Treffer von Cordoba, Congo und Montano oder am Ausschluss des Argentiniers Zanetti, sondern am 25-jährigen Stürmer der "Gauchos".

Der Torjäger von den Boca Juniors durfte sich gleich dreimal als Strafstoßschütze versuchen, doch bei den ersten beiden Versuchen knallte er den Ball über das Tor und beim dritten Mal scheiterte er am kolumbianischen Keeper.

Fünf Elfmeter in einer Partie
Es passte zum Spiel der vergebenen Elfmeter, dass auch der Kolumbianer Hamilton Ricard einen Penalty vergab. Insgesamt hatte der Schiedsrichter gleich fünfmal auf Strafstoß entschieden, denn auch die Führung durch Ivan Cordoba resultierte aus einem Elfer.

Palermo wurde danach in Argentinien sein Verliererimage kaum noch los, obwohl er im Jahr zuvor mit 20 Treffern noch Torschützenkönig und zudem auch Südamerikas Fußballer des Jahres geworden war.

Nach 32 Toren für Estudiantes hatten ihn 1997 die Boca Juniors geholt, und mit dem Meistertitel 1998 wurde in Buenos Aires im Stadtteil La Boca mit Palermo ein neuer Held geboren. Der Verein des legendären Diego Maradona schien mit dem schussgewaltigen Angreifer einen neuen schillernden Torjäger gefunden zu haben.

©Bild: APA/Pedro Ugarte
©Bild: APA/Pedro Ugarte
Kreuzbandriss verhindert Wechsel
Doch dann kam Palermo der folgenschwere 4. Juli 1999 dazwischen. Da schien ihm sein Versagen die zuvor selbstverständliche Unabhängigkeit und Leichtigkeit zu rauben. Zu allem Überdruss verhinderte dann noch ein Kreuzbandriss den bereits fixierten Wechsel zu Lazio Rom.

Kurz nachdem er im November sein 100. Tor in der argentinischen Meisterschaft erzielt hatte, zog er sich eine schwere Knieverletzung zu. Erst im Sommer 2000 feierte er nach monatelanger Verletzungspause ein Comeback und am 28. November desselben Jahres war er mit einem Doppelpack beim 2:1-Sieg im Weltcup-Finale gegen Real Madrid der Matchwinner für die Boca Juniors.

Real-Killer zu Villarreal
Im Jänner 2001 machten sich für den Stürmer dann seine beiden Treffer gegen Real bezahlt. "Sportlich sind wir sogar größer als viele Topvereine Europas, auf wirtschaftlichem Niveau hinken wir aber hinterher. Ich kann einem Spieler wie Palermo 40 Millionen Dollar pro Jahr bieten, in Europa bekommt er aber 100 Millionen", sagte Vereinspräsident Mauricio Macri damals.

Letztlich machte Villarreal das Rennen und ließ in der spanischen Provinz die "Palermomania" ausbrechen. Doch Europa war für den Torjäger wie schon im Falle des geplatzten Lazio-Wechsels keine Reise wert.

Als die Mauer fiel
Im November 2001 stieg "El Loco" ("der Verrückte", wie er wegen seiner Eskapaden innerhalb und außerhalb des Spielfeldes genannt wird) beim Torjubel auf eine Mauer, die jedoch einbrach, worauf er sich einen Schien- und Wadenbeinbruch zuzog.

©Bild: Reuters/Marcos Brindicci
©Bild: Reuters/Marcos Brindicci
Betis Sevilla und Deportivo Alaves waren in der Folge weitere Stationen, bei denen Palermo in Spanien nicht glücklich wurde, weshalb er 2004 zu den Boca Juniors zurückkehrte.

Doch noch Elfer verwandelt
Dort fand er seine verloren geglaubten Goalgetter-Qualitäten wieder und am Sonntag stellte er mit dem Goldtor beim 1:0-Sieg gegen Gimnasia La Plata einen Vereinsrekord ein.

Der mittlerweile 34-Jährige verwertete dabei ausgerechnet einen umstrittenen Elfmeter und egalisierte die Bestmarke von 180 Treffern, die Francisco Varallo in den 30er Jahren aufgestellt hatte.

Nicht nur wegen seiner vier Tore in den bisherigen vier Saisonspieler der Clausura ist er bei den Boca-Fans trotz aller vergebenen Elfmeter längst eine Kultfigur.

Christian Tragschitz, ORF.at

Links:
youtube-Video der drei vergebenen Elfmeter
Martin Palermo (wikipedia)