Der für mehrere Notoperationen mit Lanzinger verantwortliche Chefchirurg Lars Engebretsen sagte der Nachrichtenagentur NTB: "Entscheidend war der Umfang der Schäden. Und der fiel wegen der sehr hohen Geschwindigkeit sehr, sehr groß aus."
"Acht Stunden, ehe Gewebe abstirbt"
Engebretsen bezog sich damit auf Kritik aus Österreich, dass nach Lanzingers Sturz beim Weltcup-Super-G am Sonntag in Kvitfjell der Transport nach Oslo zu lange gedauert haben soll. "Es dauert sechs bis acht Stunden, ehe Gewebe abstirbt. Innerhalb dieses Zeitraumes kam er bei uns an", sagte der Mediziner.
"Wir haben die ganze Nacht operiert. Aber leider ist es uns nicht gelungen, die Blutzirkulation im linken Bein wieder in Gang zu bekommen", so Engebretsen. Lanzingers Unterschenkel habe sich bei dem schweren Sturz mit offenen Knochenbrüchen wahrscheinlich mehrfach gedreht. Der Zustand des Athleten verschlechterte sich so sehr, dass in der Folge weitere Operationen bis zur Amputation notwendig wurden.
Auch bei rascherem Transport Amputation wahrscheinlich
Auch bei einem rascheren Transport wäre es sehr wahrscheinlich gewesen, dass die Unterschenkel-Amputation bei Lanzinger erforderlich gewesen wäre.
"Es haben Teile des Knochens gefehlt, es hätte dennoch das Bein amputiert werden müssen", sagte Gefäßchirurg Thomas Hölzenbein am Dienstagabend bei einer Pressekonferenz in Salzburg.
Auch wenn die Gefäße wiederhergestellt worden wären, hätte es sein können, dass er das Bein nicht mehr gespürt hätte, ergänzte Primar Herbert Resch, Primar der Universitätsklinik für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie.
Ins nächstgelegene Spital
Man sollte mit Schuldzuweisungen vorsichtig sein. Die Wahrheit liege wie immer in der Mitte, sagte der Gefäßchirurg. Die Vermutung habe bestanden, dass der 27-jährige Salzburger ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten habe.
Deshalb habe man den Patienten ins nächstgelegene Krankenhaus und nicht nach Oslo fliegen müssen. Es sei sehr wahrscheinlich, dass er heute Dienstagabend aus dem Tiefschlaf geholt werde.
Folgenschwere Saison
Schon vor Lanzinger war es in dieser Saison zu mehreren folgenschweren Zwischenfällen gekommen. So kam für den Norweger Aksel Lund Svindal nach seinem Trainingsunfall Ende November in Beaver Creek das Aus für die Mission Weltcup-Titelverteidigung.
Scott Macartney (USA) rutschte nach seinem Horrorcrash auf der Streif in Kitzbühel regungslos ins Ziel, konnte aber drei Tage nachdem er wegen eines Schädel-Hirn-Traumas ins künstliche Koma versetzt worden war, wieder das Krankenhaus verlassen.
Neue Ski, alte Probleme
Obwohl der Internationale Skiverband (FIS) vor der Saison durch eine Regeländerung vermeintlich sicherere Ski (weniger Taillierung, niedrigere Standhöhe) hatte bauen lassen, haben sich in diesem Winter schon mehr als 30 Sportler zum Teil schwer verletzt.
"Man kann 100-mal 100 Prozent haben und einmal 98 Prozent - und dann hast du ein Problem", sagte der deutsche Alpindirektor Wolfgang Maier. "Die Sicherheit ist jedes Jahr besser geworden, aber es gibt immer wieder Vorfälle."
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