"Der liebe Gott wollte es letztlich nicht, dass wir hier ausscheiden. Mehr kann man dazu nicht sagen", bemerkte der Kapitän des deutschen Rekordmeisters nach dem 3:3 nach Verlängerung beim mit nur zehn Mann über sich hinausgewachsenen FC Getafe.
Selbst Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge nahm in seiner Rede nach dem Spiel das von ihm sonst verschmähte Wort von den "Dusel-Bayern" in den Mund.
"Das ist schon Wahnsinn"
Als sich der 38-jährige Kahn nach dem Abpfiff jubelnd Trainer Ottmar Hitzfeld in den Armen lag, raunte der von den Strapazen gezeichnete Trainer seinem ebenfalls "fix und fertigen" Torhüter ins Ohr: "Mensch Olli, was wir alles nochmal zusammen erleben müssen."
Kahn stellte sein 140. Europapokalspiel über alle davor, selbst über das legendäre 1:2-Drama im Champions-League-Finale 1999 gegen Manchester United.
"Wir werden uns in zehn Jahren nicht über Barcelona unterhalten, sondern über Getafe", kommentierte Kahn kopfschüttelnd. "Es ist schon interessant, dass man 20 Jahre Europapokal spielen muss, alles erlebt hat und dann das hier noch obendrauf gesetzt bekommt. Das ist schon Wahnsinn."
Toni kommt "aus dem Nichts"
Gleich zweimal zogen die Bayern den Kopf aus der Schlinge. Erst glich Franck Ribery (89.) kurz vor Ende der regulären Spielzeit das 1:0 von Cosmin Contra (44.) aus.
Dann war Luca Toni gleich zweimal zur Stelle: erst als dankbarer Abstauber nach einem Anfängerfehler von Getafe-Keeper Roberto Abbondanzieri (115.). Und dann mit dem Kopf nach Flanke von Ernesto Sosa, als auch Kahn mit nach vorne gestürmt war (120.). "Aus dem Nichts kam der Ball, instinktiv habe ich ihn eingenickt", sagte Toni: "Ein unglaubliches Spiel!"
"Getafe an der Schwelle zum Paradies"
Die spanischen Medien trauerten am Tag nach der Niederlage der vergebenen Aufstiegschance nach. "Die Helden bleiben ohne Lohn. Der FC Getafe scheidet auf die denkbar grausamste Weise aus", schrieb beispielsweise "El Pais". Auch für "ABC" "stürzt Getafe an der Schwelle zum Paradies".
"Wenn es eine Niederlage im Fußball gibt, die auf Dauer in Erinnerung bleibt, dann wird es das Ausscheiden des FC Getafe aus dem UEFA-Pokal sein", resümierte "El Mundo". "Ihr seid trotz allem unsere Helden", so "Marca". "Der Schiedsrichter warf Getafe aus dem UEFA-Pokal, denn er übersah beim Treffer zum 3:3 ein Foul von Oliver Kahn."
Verwunderung über Bayern-Form
Bei den Bayern herrschte trotz des glücklichen Aufstiegs auch Verwunderung über die schwache Vorstellung der Millionentruppe. "Wir haben Nerven gezeigt", sagte Hitzfeld, der etlichen Akteuren Versagen vorwarf.
"Es muss über einiges gesprochen werden. Wenn man hier 110 Minuten gegen zehn Leute spielt, muss mehr rauskommen", kritisierte Bayern-Manager Uli Hoeneß. Und Rummenigge höhnte sarkastisch: "Solange die mit elf Mann gespielt haben, hatten wir unsere beste Zeit." Kein großes Kompliment, wenn man ab der sechsten Minute in Überzahl spielte.
Bayern denkt schon ans Finale
Ungeachtet aller Probleme richten die Bayern den Blick aber bereits nach vorne. "Wir sind jetzt in der Spur. St. Petersburg wird kein Selbstläufer. Aber wenn man das nötige Quäntchen Glück hat, kann das Ziel nur Manchester (Austragungsort des Finales, Anm.) heißen", sagte Rummenigge.
Erst einmal steht für das erschöpfte Bayern-Team am Sonntag in der Bundesliga die Pokalfinal-Generalprobe gegen Borussia Dortmund auf dem Programm. Kahn stellt sich auf weiteren Wahnsinn ein: "In der Saison kann noch einiges kommen. Mal gucken, was noch drin ist im dramatischen Topf."
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