ÖTV-Asse verletzt und verunsichert

Gilbert Schaller will sich künftig auch um den Damen-Nachwuchs kümmern.
Stefan Koubek fällt nach einer Rückenoperation wohl ein halbes Jahr aus, Jürgen Melzer versucht aus einer Formkrise samt mentalem Loch herauszukommen, das Damen-FedCup-Team ist abgestiegen, und dem Herren-Davis-Cup-Team droht im September Ähnliches: Die Zeiten in Österreichs Tennis waren wahrlich schon bessere.

ÖTV-Sportdirektor und Davis-Cup-Kapitän Gilbert Schaller zeigt sich im Gespräch mit der APA dennoch überzeugt, dass spätestens 2010 die Trendwende gelingen kann. "Aber es ist sicher nicht der Reißer dabei, der jetzt innerhalb von kurzer Zeit das Niveau hat."

"Keine angenehme Situation"
Der seit März 2005 in dieser Funktion tätige Ex-Weltklasse-Spieler ist mit dem Status quo nicht glücklich. "Bei den Herren ist es keine angenehme Situation, auch mit dem Stefan. Aber es ist eine Frage der Zeit. Es war absehbar, dass von hinten etwas nachkommen muss. Mir wäre lieber, wenn wir etwas mehr Zeit hätten."

Es gäbe durchaus Leute, die sich langsam nach vor spielen, aber eben langsam. "Es kann schon passieren, dass wir jetzt ein Jahr lang eine Durststrecke haben. Aber ich bin überzeugt, dass wir im übernächsten Jahr auch von den jüngeren Leuten wieder Spieler vorne haben werden."

Hoffen auf Fischer und Haider-Maurer
Konkret spricht Schaller Martin Fischer ("Er entwickelt sich gut, hat heuer Rainer Schüttler und Benjamin Becker auf Hardcourt geschlagen") und Andreas Haider-Maurer an.

Mit Haider-Maurer beschäftigte sich Schaller zuletzt vermehrt. "Er arbeitet wirklich sehr hart an sich", attestiert ihm der Steirer. Und harte, konsequente Arbeit zahle sich zumeist auch aus.

In der Qualifikation für Paris konnten sich die beiden allerdings nicht durchsetzen: Haider-Maurer unterlag schon in der ersten Runde dem Ukrainer Sergej Stachowskij, Fischer bezwang immerhin den Franzosen Jonathan Dasnieres, ehe gegen den Kroaten Roko Karanusic das Aus kam.

Schaller setzt weiter auf die "Alten"
Die "Alten" will Schaller freilich auch noch nicht abschreiben. "Für den Jürgen freut es mich, dass er wieder ein Erfolgserlebnis hat", sprach er dessen Erstrundensieg in Pörtschach an. "Er braucht Siege, damit er wieder Vertrauen in seine Schläge bekommt. Ich hoffe, das war der erste Schritt zurück in Richtung Top 50."

Für den mittlerweile 34-jährigen Werner Eschauer werde es freilich sehr schwierig werden, noch einmal dorthin zurückzukehren, wo er schon einmal war. "Und ihm fällt demnächst auch Amersfoort (Vorjahresfinalist, Anm.) aus der Wertung, mit diesem Alter ist das schon sehr schwierig."

Was macht Koubeks Körper?
Bei Koubek gibt es ein großes Fragezeichen. "Wie weit spielt der Körper mit? Die Operation war erfolgreich, aber für Genesung und Aufbau muss er wieder sehr hart arbeiten, um das alte Niveau wieder zu erreichen. Und er ist nicht mehr der Jüngste, da gehört viel mentale Kraft dazu."

Durch Koubeks Verletzung muss Schaller für die "reizvolle Aufgabe" im Davis-Cup-Weltgruppen-Play-off vom 19. bis 21. September in Wimbledon gegen Großbritannien ohne den 31-jährigen Kärntner planen.

Wer kann es auf Rasen?
"Der erste Name, der mir nach der Absage Koubeks einfällt, ist Alexander Peya, weil der wirklich auf Rasen gut spielen kann", meint Schaller, der sich mit dem Wiener in Paris zusammensetzen will. Peya, die Nummer 217 der ATP, spielt an der Seine Doppel mit Melzer.

"Auch ein Martin Fischer spielt heuer sehr lange auf Rasen. Ihn behalte ich sicher auch im Blickwinkel, auch wenn der Davis-Cup für ihn vielleicht noch zu früh kommt", sagt Schaller über den 21-Jährigen, der 2004 im Wimbledon-Juniorenbewerb das Achtelfinale erreichte.

Durchhänger auch bei den Damen
Bei den Damen tut sich Schaller in der Beurteilung schwerer. Während er bei Sybille Bammer Stagnation auf hohem Niveau ortet, sieht er bei der 17-jährigen Tamira Paszek private Probleme, die sie in den Griff bekommen muss.

"Aber sie wird sich langfristig fangen und ihren Weg gehen. Sie hat eine Durststrecke, aber sie ist hungrig, talentiert und ein smartes Girl", lobt Schaller die Vorarlbergerin, die im Vorjahr in Wimbledon und bei den US Open jeweils im Achtelfinale stand.

Saurer FedCup-Apfel 2008
In Sachen FedCup sei die Niederlage gegen die Schweiz keine Schande, doch hier "ist uns natürlich die Argentinien-Partie auf den Kopf gefallen. Wenn da eines der Mädchen zur Verfügung gestanden wäre, hätten wir das nie verloren", spricht er die verletzungsbedingten Absagen von Bammer und Paszek im Februar an.

"Es helfen uns eine Bammer und eine Paszek nicht im nächsten Jahr, wenn sie nicht bereit sind, in den sauren Apfel zu beißen. Wir wollen wieder nach oben", gibt Schaller die Devise aus. Die FedCup-Damen waren ja in Dornbirn erstmals seit 1994 in die Europa-Afrika-Zone abgestiegen.

Heilsbringerin Heil?
Schaller will sich auch vermehrt beim Mädchen-Nachwuchs einbringen, trainiert bald mit der talentierten 13-jährigen Steirerin Anna Maria Heil. "Ich arbeite seit drei Wochen auch intensiver mit Marlies Österle, die verletzt war, und werde mich auch bei Heil einsetzen."

Der auch von FedCup-Kapitän Alfred Tesar kritisierten Vernachlässigung des Mädchen-Nachwuchses will Schaller entgegenwirken. "Wir wollen vom Konzept her auch schon viel früher, auch bei Elf-, Zwölfjährigen, aktiver in die Entwicklung eingreifen. Da findet bereits ein Umdenken statt", versichert der ÖTV-Sportdirektor.

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