Zu nett für deutsche Bundesliga?

Herzog: "Ich bin bereit für die erste Reihe."
Am 24. Juni wurde vom ÖFB-Präsidium die Suche nach einem neuen Teamchef eröffnet. "Wir sind in der Kandidatensuche völlig offen, wollen rasch zu einer Shortlist mit Namen kommen und den neuen Teamchef spätestens Ende Juli präsentieren", meinte Verbandspräsident Friedrich Stickler damals.

Mittlerweile nahm er sich gemeinsam mit Bundesliga-Chef Martin Pucher der Aufgabe an, und die "Shortlist" dürfte inzwischen eine Liste mit nur noch zwei Namen sein: Andreas Herzog und Mirko Slomka.

Bleibt es so wie zuletzt im Fall von Josef Hickersberger bei einer heimischen Lösung, dann ist der bisherige Teamchefassistent und ÖFB-Rekordteamspieler die neue rot-weiß-rote Nummer eins. Kommt es zu einer ausländischen Variante, dann deutet momentan alles auf Ex-Schalke-Coach Slomka hin.

Kontakt zwischen Slomka und Herzog
Gegenüber ORF.at setzte Herzog am Montag ein deutliches Zeichen: "Ich habe mir das in den vergangenen Wochen sehr gut überlegt und sage es ganz klar: Ich möchte Verantwortung übernehmen und in die erste Reihe treten."

"Natürlich ist es ein Argument, dass ich als Trainer bisher keine Erfahrung habe. Aber auch Völler oder Klinsmann hatten dies nicht. Ich habe die Erfahrung von 103 Länderspielen und werde 40 Jahre alt, ich bin keine 32 mehr. Ich habe meinen Weg und meine Linie, diese möchte ich auch durchziehen", so Herzog.

Der Rekordinternationale weiss auch, dass derzeit alles auf die zwei Möglichkeiten Herzog und Slomka hindeutet: "Wir haben auch einmal telefoniert. Er hat mich angerufen und gesagt, dass er nicht als Konkurrent auftreten will."

Nur auf einen Kaffee nach Wien?
Anfang Juli traf Slomka, der von 2006 bis April 2008 als Cheftrainer des Traditionvereins Schalke 04 gearbeitet hatte, dann mit Stickler in einem Wiener Hotel zusammen. Aus einem gemeinsamen Kaffee dürfte inzwischen aber etwas sehr Konkretes geworden sein.

So verständigte sich der bald 41-jährige Deutsche mit seinem bisherigen Arbeitgeber bereits über die Modalitäten einer Vertragsauflösung im Falle der Teamchefbestellung. Obwohl er Schalke ins UEFA-Cup-Semifinale, zur Bundesliga-Vizemeisterschaft und ins Champions-League-Viertelfinale geführt hatte, war "der nette Herr Slomka" als Coach abgesetzt worden.

Bundesliga-Nummer zwei hinter Hitzfeld
Angeblich sei keine positive sportliche Entwicklung mehr erkennbar, wurde dem äußerst ruhigen und ausgeglichenen Familienvater (der über ein abgeschlossenes Mathematik-Lehramtsstudium verfügt) vorgeworfen. Der Bundesliga-Punkteschnitt von 1,8 Zählern - womit er der erfolgreichste Trainer nach Ottmar Hitzfeld war - besagte etwas anderes.

Schluss mit der "Freunderlwirtschaft"?
Aus dem ÖFB-Präsidium hörte ORF.at folgende Argumente für einen Teamcheflegionär: "Es gibt Stimmen, die für eine solche Lösung sind, weil ein Mann aus dem Ausland einmal gut wäre. Damit würde es keine 'Freunderlwirtschaft' geben, und derjenige konnte unbelastet an das Ganze herangehen."

Auch zum Thema Herzog gibt es klare Vorstellungen: "Wir wollen den Weg mit den jungen Spielern fortsetzen, denn es wurde etwas entwickelt, und nun haben wir die WM-Qualifikation im Auge. Dass Herzog irgendwann einmal Teamchef werden soll, ist keine Frage."

Herzog: "Ich bin bereit"
Für Herzog selbst reift ein Entschluss immer klarer. "Ich bin bereit. Ich wollte mich nicht von vornherein in den Vordergrund stellen und mich wichtigmachen oder in einen Job hineinpressen, aber ich will nicht ewig 'zuarbeiten', sondern meine Entscheidungen durchsetzen", lautete seine eindeutige Ansage gegenüber ORF.at in der Teamchefentscheidung.

Heißt das, dass es einen zukünftigen Assistenten Herzog nicht mehr geben wird? Also entweder Teamchef oder Ende der Zusammenarbeit mit dem ÖFB? "Das muss man von der Entscheidung und dem Kandidaten abhängig machen, mit dem ich es zu tun hätte."

"Ich habe im EM-Vorfeld so viel aufgesaugt und Erfahrungen mit dem Druck gemacht, dass ich mir auch eine WM-Qualifikation zutraue. Es war schwierig für 'Hicke' und mich, aber davon habe ich auch profitiert. Es war eine lehrreiche Zeit, und ich möchte jetzt nicht mehr fünf oder zehn Jahre warten."

Wunsch nach internationaler Lösung
In einer Umfrage des Marktforschungsinstituts "psychonomics AG" äußerten auf die Frage "Wer soll neuer Teamchef werden?" übrigens 27 Prozent der befragten Österreicher ihren Wunsch nach einem internationalen Trainer.

Für Andreas Herzog stimmten 16 Prozent, für Hans Krankl 13 Prozent, gefolgt von Walter Schachner, Didi Constantini und Herbert Prohaska (je fünf Prozent) sowie Kurt Jara (drei Prozent). 26 Prozent der Befragten war der Hickersberger-Nachfolger egal.

Christian Tragschitz, ORF.at

Link: