"Es hat für diese Entscheidung einhellige Zustimmung gegeben. Ich habe mit den Landesverbandspräsidenten gesprochen und dabei hat es eine sehr positive Einstellung für den neuen Teamchef gegeben, der auch in der Fußball-Familie die nötige Unterstützung haben wird. Unter ihm wird der zuletzt eingeleitete Prozess fortgesetzt und weitergeführt werden", erklärte ÖFB-Präsident Friedrich Stickler am Freitag bei der Pressekonferenz.
Brückner war zuletzt sechseinhalb Jahre bis zum Vorrunden-Ausscheiden bei der EM in Österreich und der Schweiz als tschechischer Nationaltrainer tätig. Der 68-Jährige setzte sich bei der ÖFB-Teamchefsuche gegen namhafte deutsche Konkurrenten wie Jupp Heynckes, Volker Finke und Klaus Toppmöller durch.
Zukunft von Herzog noch offen
Der frischgebackene Teamchef wird Österreichs Nationalmannschaft durch die im September beginnende Qualifikation für die WM 2010 führen, erstmals Betreuer wird er aber bereits beim Freundschaftsspiel am 20. August in Nizza gegen Italien sein.
Offen ist nach derzeitigem Stand die Zukunft des bisherigen Hickersberger-Assistenten Andreas Herzog. Diese Entscheidung fällt angeblich erst am Montag, dann findet auch die offizielle Präsentation von Brückner statt (ORF1 überträgt live ab 12.20 Uhr).
Im EM-Semifinale 2004
Brückner, der seit Dezember 2001 bis zur Europameisterschaft 2008 als tschechischer Langzeit-Teamchef gearbeitet hatte, ist in seiner Heimat äußerst populär. Er bestand mit Österreichs Nachbarland alle drei Qualifikationsgruppen für die Großereignisse EM 2004, WM 2006 und die EM 2008.
Dabei gab es für die Tschechen im April 2003 einen 4:0-Sieg in Prag und im Oktober 2003 einen 3:2-Erfolg in Wien gegen das ÖFB-Team. Bei der anschließenden EM in Portugal kam nach einer überzeugenden Vorrunde (Siege gegen Lettland, die Niederlande und Deutschland) und einem 3:0-Triumph im Viertelfinale gegen Dänemark erst im Halbfinale gegen den späteren Europameister Griechenland mit einer unglücklichen 0:1-Niederlage das bittere Aus.
Brückner in Tschechien äußerst populär
"Er ist der einzige Trainer Tschechiens, der die Nationalmannschaft führen kann und ist bei uns eine ganz große Persönlichkeit. Unsere Spieler sind bei Vereinen quer durch Europa engagiert und verdienen viel, viel Geld. Da ist es nicht so wichtig, was du trainierst, sondern dass du sie als Einheit zusammenhältst", lobte Ex-Rapid-Star Antonin Panenka die Qualitäten Brückners.
Bei der WM 2006 in Deutschland war für Tschechien nach einem 3:0-Auftaktsieg gegen die USA durch zwei 0:2-Niederlagen gegen Ghana und Italien schon in der Vorrunde Endstation. Dafür führte Brückner die Tschechen in der Qualifikation für die EM 2008 zum Gruppensieg noch vor Deutschland.
EM-Out nach 2:0-Führung gegen die Türkei
Bei der Europameisterschaft kam dann jedoch nach einem 1:0-Erfolg im Eröffnungsspiel gegen die Schweiz durch ein 1:3 gegen Portugal sowie ein 2:3 gegen die Türkei (nach 2:0-Führung) das Out.
"Wir sind extrem enttäuscht. So ein Spiel zu verlieren ist einfach unglaublich, denn nach dem 2:0 haben wir die Partie kontrolliert und sogar Chancen auf das dritte Tor gehabt. Aber die Realität sah anders aus. Vor dem zweiten Gegentor ist ein Fehler passiert, aber wir hatten mehrere Probleme. Das dritte Tor war dann ein Kollaps", hatte Brückner das Scheitern in seinem Abschiedsspiel kommentiert.
Fünfter ausländischer ÖFB-Teamchef
Brückner ist der fünfte ausländische Teamchef des österreichischen Fußball-Nationalteams. Zuvor waren der Ungar Bella Guttmann, der Slowake Leopold Stastny, der Slowene Branko Elsner und der Kroate Otto Baric an der Spitze der heimischen Auswahl gestanden.
Den Anfang machte Guttmann, der die ÖFB-Auswahl gemeinsam mit Josef Walter von März bis Oktober 1964 in fünf Partien (drei Siege, ein Remis, eine Niederlage/Torverhältnis 6:5) betreute. Von 1968 bis 1975 saß Stastny (damals tschechoslowakischer Staatsbürger) in 49 Spielen (15-16-18/58:62) auf der Trainerbank.
Nach dessen Abgang sprang Elsner von Oktober bis November 1975 für zwei Matches (ein Sieg, eine Niederlage/6:3) interimistisch ein, von Jänner 1985 bis November 1987 war der gebürtige Slowene dann nochmals in 18 Partien (5-5-8/20:28) hauptamtlich für den ÖFB tätig.
Der bisher letzte ausländische Teamchef war Baric gewesen, der zwar in Österreich geboren wurde, allerdings die kroatische Staatsbürgerschaft besitzt. Der ehemalige Rapid- und Salzburg-Meistermacher coachte die Nationalmannschaft in 22 Spielen (7-6-9/31:35) von April 1999 bis Herbst 2001.
Kein Ausländer schaffte Qualifikation
Echter Erfolg war keinem der Teamchef-Legionäre vergönnt, schaffte doch niemand aus dem Quartett die Qualifikation für ein großes Turnier und mit Ausnahme von Guttmann eine positive Bilanz.
Immerhin gilt aber Stastny als Vater jenes Teams, das wenig später das Ticket für die WM 1978 in Argentinien löste, wo unter anderem Deutschland in Cordoba 3:2 besiegt wurde.
Steckbrief:
Karel Brückner
Geboren am 13. November 1939 in Olmütz
Nationalität: Tschechien
tschechischer Teamchef von 12. Dezember 2001 bis Ende EM 2008
Größte Erfolge als Trainer:
* Qualifikation EM 2004, Out im Halbfinale
* Qualifikation WM 2006, Out in der Vorrunde
* Qualifikation EM 2008, Out in der Vorrunde
* U21-Teamchef Tschechien
* Trainer Inter Preßburg (einmal Cupsieger) und Sigma Olmütz (einmal Vizemeister)
Als Spieler aktiv bei Sigma Olmütz und Banik Ostrau
Brückners Spitzname lautet "Klekih-petra" (der "weiße Vater" in Anlehnung an eine Romanfigur von Karl May)
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