"Jetzt müssen sie Leistung bringen"

Die Zukunftsaktien des ÖFB.
Vor etwas mehr als einem Jahr, im Juli 2007, hat Österreichs erfolgreiches U20-Team bei der Weltmeisterschaft in Kanada mit Platz vier Geschichte geschrieben und Rot-Weiß-Rot von einer besseren Fußballzukunft träumen lassen.

Der damalige Coach Paul Gludovatz, der mittlerweile bei Ried als Cheftrainer in der Bundesliga arbeitet, blickt mit ORF.at auf das Sommermärchen des "Mini-Wunderteams" zurück und wagt eine Prognose für die Zukunft. Dazu charakterisiert er die Spieler seiner Erfolgsmannschaft, die für Aufsehen gesorgt hatte.

Die Erinnerungen an den Sommer 2007
"Natürlich bin ich jetzt als Vereinstrainer vom Tagesgeschäft 'overrult' worden. Aber wenn ich Spieler von der damaligen Truppe wiedersehe, dann kommen bei mir die Erinnerungen ebenso wieder hoch, wie wenn ich wie zuletzt das Semifinale gegen Tschechien noch einmal anschaue", so der 62-Jährige.

"Einigen Spielern habe ich Großes vorausgesagt, aber die Entwicklung anderer kam auch für mich unerwartet. Man muss natürlich vorsichtig sein, aber ich denke doch, dass dieses Signal auch zum Umdenken bei den Vereinen geführt hat", glaubt Gludovatz.

Verzögerte Entwicklung in Österreich
"Man kann die einzelnen Jahrgänge natürlich nicht vergleichen, aber plötzlich bekommt auch ein Ernst Öbster, der damals schon bei der U19-EM aufgezeigt hat, in Salzburg eine Chance. Bei vielen Spielern gibt es eine verzögerte Entwicklung, aber jetzt werden eben mehr junge Spieler eingesetzt", sieht der Burgenländer langsam aber sicher eine Trendwende.

"Es ist klar, dass Schwankungen bei den Leistungen dazugehören, aber das ist in diesem Alter auch ein Konsolidierungsprozess. Wenn wir den zuletzt eingeleiteten Prozess mit dem Nachwuchs-Einbau bei den Vereinen fortsetzen, dann wird es dem österreichischen Fußball in der Zukunft sehr guttun."

Die Kanada-Helden im Überblick
Bei ORF.at geht der ehemalige treue ÖFB-Mitarbeiter auch auf seine 21 Kaderspieler bei der Weltmeisterschaft und ihren momentanen Status quo ein.

Paul Gludovatz über ...

Bartolomej Kuru (ohne Verein): Er hängt jetzt ein wenig in der Luft und sucht nach seinem Abgang von der Austria gerade einen Verein.

Andreas Lukse (Rapid): Hat alle Möglichkeiten. Der Torhüter mit dem größten Potenzial.

Michael Zaglmair (LASK): Zurzeit zweiter Torhüter bei den Linzern. Er hat eine Supereinstellung, ihn hätte ich gerne zu mir nach Ried geholt.

Daniel Gramann (Altach): Er hat für viele überraschend den Sprung in die Bundesliga geschafft. Wenn er seine Verletzungsanfälligkeit ablegt, dann ist mit ihm in Zukunft zu rechnen.

Michael Madl (Austria Wien): "Mike" ist schon immer einer meiner Lieblingsspieler gewesen. Ein taktisch sehr versierter Verteidiger, der ebenfalls in der vergangenen Saison in Innsbruck den Durchbruch geschafft hat. Jetzt ist er zu seinem Entwicklungsverein Austria zurückgekehrt.

Thomas Panny (Admira): Der größte Pechvogel. (Erlitt in Kanada im Training einen Wadenbeinbruch sowie Bänderrisse, Anm.) Spürt noch immer die Folgen der damaligen Verletzung, die mir sehr, sehr leidgetan hat. Aber er hat ein Riesenherz und wird zurückkommen.

Thomas Pirker (Austria Kärnten): Auch er hat den Sprung nach oben in die Bundesliga geschafft. Ein Verteidiger, der von seiner körperlichen Stärke lebt.

Sebastian Prödl (Werder Bremen): Ein Über-drüber-Spieler und Kapitän der Mannschaft, der sich um alles gekümmert hat. Er hat mir vor seinem Abflug nach Bremen eine SMS geschickt, wo er sich noch einmal bedankt hat. Das hat für ein Gänsehautgefühl bei mir gesorgt und zeigt, dass er auch im menschlichen Bereich eine Größe ist.

Markus Suttner (Austria Wien): Ein Mann für jeden Großkader. Er verteidigt mit einer Cleverness und war bei mir immer gesetzt.

Ingo Enzenberger (Red Bull Juniors): Er ist wieder zurückgekehrt zu seinem Heimatverein und muss sich jetzt in der Ersten Liga beweisen. Ich habe ihn 1-3-4 getauft. Warum? Weil er einen Kurzeinsatz gehabt hat, dreimal zur Dopingkontrolle musste und viermal mit uns feiern durfte.

Peter Hackmair (Ried): Er hat bei der WM sieben Matches in 20 Tagen bestritten und dann auch im Herbst in der Bundesliga durchgespielt. Vielleicht war auch diese Überlastung ein Grund für seinen Kreuzbandriss im April.

Martin Harnik (Werder Bremen): Unmittelbar nach der WM ist er mit seinem Tor in der deutschen Bundesliga und auch im A-Team mit seinem Wahnsinnstreffer gegen Tschechien wie eine Granate eingeschlagen. Wenn er noch an seinen Defiziten arbeitet, dann wird er auch in Bremen und in der Nationalmannschaft weiter zu seinen Einsätzen kommen.

Thomas Hinum (Austria Kärnten): Ein taktisch sehr guter Spieler, der noch dazu laufstark ist und als Vizekapitän extrem wichtig war.

Zlatko Junuzovic (Austria Kärnten): Ein "giftiger" Spieler, trotz seiner Jugend bei allen Standardsituationen mit dabei, und dazu hat er immer noch viel mehr Potenzial.

Veli Kavlak (Rapid): Für Veli gilt dasselbe. Auch ihm stehen nicht nur im U21-Team alle Türen und Tore offen. Jetzt muss der nächste Schritt kommen, denn auch er will hoch hinaus bis hin zu einer Legionärslaufbahn.

Bernhard Morgenthaler (Admira): "Bernie" war eine zeitlang verletzt, aber trotzdem ist er auf relativ viele Einsätze gekommen. Wenn er an seine völle Leistungsstärke geht, dann kann er eine Grenze durchstoßen.

Siegfried Rasswalder: (LASK): Von so einem Bundesliga-Start kann man nur träumen. Erstes Spiel beim LASK und dann gleich das Goldtor. Wäre ich schon im Mai nach Ried gekommen, dann würde er heute bei uns spielen.

Tomas Simkovic (Wr. Neustadt): Ein technisch sehr versierter Spieler. Er ist von Schwanenstadt nach Wiener Neustadt gewechselt und hat dadurch sein Umfeld mit Familie und Freundin nun näher bei sich.

Michael Stanislaw (Wr. Neustadt): Ein echter "Sechser" und ein Spieler, der in die Hände spuckt und anpackt. Aber er ist nicht nur für das Gröbere zuständig und kann Zeichen setzen, sondern mit ihm bin ich auch menschlich richtig zusammengekommen.

Erwin Hoffer (Rapid): "Jimmy" bastelt an seiner internationalen Karriere, aber die langfristige Vertragsverlängerung bei Rapid war goldrichtig. Genau solche Raketen sucht man.

Rubin Okotie: (Austria Wien): Einer meiner Lieblingsfußballer. Er hat eine große Karriere vor sich, wenn er seine vielleicht manchmal "schwarze Seele" im Griff hat. Stürmer werden an Toren gemessen. Aber wenn man sieht, wie er seinen Körper einsetzt, dann mache ich mir keine Sorgen.

Christian Tragschitz, ORF.at

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