"Ich werde mit dem Seppi noch mal alles durchexerzieren, auch Freistöße und Elfmeter", scherzte der Torhüter am Montag bei einer Pressekonferenz im neuen Leistungszentrum des Rekordmeisters, durch das ihn zuvor der neue Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann geführt hatte.
Am Dienstagabend (20.00 Uhr) will der "Titan" in der mit 69.000 Zuschauern ausverkauften Allianz Arena beim letzten Auftritt vor allem ein "Fest mit den Zuschauern" und alten Weggefährten von Winfried Schäfer bis Rudi Völler zelebrieren.
WM-Ausbootung als wichtige Erfahrung
"Mal sehen, ob mich Jürgen aufstellt", sagte der 39-Jährige mit einem Augenzwinkern in Richtung Klinsmann, der ihn als Teamchef vor der Heim-WM 2006 zur Nummer zwei im DFB-Tor hinter Jens Lehmann "degradiert" hatte.
Die ungewohnte Reservistenrolle war für den ehrgeizigen Kahn eine wichtige Lebenserfahrung. "Ich glaube, dass mir diese WM mehr Erfahrung als Mensch gebracht hat, als wenn ich gespielt hätte", hatte er nach der WM gesagt, bei der er im Spiel um Platz drei (3:1 gegen Portugal) sein letztes von 86 Länderspielen bestritt.
Menschlicher Fehler im WM-Finale
Vier Jahre davor hatte Kahn als unbestrittene Nummer eins bis ins WM-Finale mit tollen Paraden geglänzt, ausgerechnet im Endspiel mit einem Patzer aber die 0:2-Niederlage gegen Brasilien eingeleitet.
Dass ihm damit ein WM-Titel verwehrt blieb, ist zwar ein Makel in seiner beispiellosen Karriere, doch andererseits machte es den lange Zeit ebenso unnahbaren wie unantastbaren Goalie auch ein wenig menschlicher.
"Die WM 2002, bei der er als bester Spieler des Turniers ausgezeichnet wurde, ist untrennbar mit seinen einzigartigen Leistungen verbunden. Natürlich wird aber auch immer der Fehler im Finale in Erinnerung bleiben. Andererseits ist vielleicht gerade durch diese Schwäche sein Sympathiewert bei vielen Fans zusätzlich gestiegen", sagte DFB-Präsident Theo Zwanziger.
"Überleben" als Ziel
Ans "Gewinnen", das ihn als Profi zwei Jahrzehnte zu Höchstleistungen antrieb, denkt Kahn am Dienstag nicht mehr: "Es geht darum, die 75 Minuten, die ich spielen werde, zu überleben."
Trotz Golf und Joggen, in Form ist der einst weltbeste Torhüter nicht mehr. "Ich bin mir nicht ganz so sicher, wie ich drauf bin. Ich verlasse mich auf meine Erfahrung", meinte er.
Comeback ausgeschlossen
Einen Rücktritt vom Rücktritt werde es definitiv nicht geben. "Es gab einige Angebote, aber das ist nicht im Ansatz eine Überlegung wert", versicherte Kahn - und fügte sicherheitshalber hinzu: "Du magst irgendwann die kurzen Hosen nicht mehr anziehen."
Es sei für ihn eine "besondere Ehre", dass zu seinem Abschied das Nationalteam einläuft. Vor dem Anpfiff wird ein großes Showprogramm mit Grüßen aus aller Welt geboten. Der FC Bayern wird Kahn zum "Ehrenspielführer" ernennen.
Geradlinige Persönlichkeit
Bundestrainer Joachim Löw, für den das "Spaßspiel" den Aufgalopp der DFB-Auswahl für den Start in die WM-Qualifikation am Samstag in Liechtenstein sowie vier Tage später in Finnland bildet, würdigte die langjährige deutsche Nummer eins vorab: "Als Persönlichkeit ist er immer seinen Weg gegangen und dadurch auch mal angeeckt. Aber er hat immer seine Linie durchgezogen, um nach oben zu kommen."
Kahn will seinen "authentischen Weg" nach 86 Länderspielen, 140 Europacup-Einsätzen, 557 Bundesliga-Partien, acht Meistertiteln, sechs Cup-Siegen, dem Gewinn des Weltpokals, der Champions League und des UEFA-Cups auch als millionenschwerer Privatier weitergehen.
Schon am Mittwoch kommender Woche wird er beim Länderspiel Finnland gegen Deutschland sein Debüt als ZDF-Experte geben. Dazu wird er seine Engagements in Asien und für den Deutschen Kinderschutzbund beim Motivationsprogramm "Ich schaff's" intensivieren.
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