Als Nachfolger des bei der Heim-EM gescheiterten Josef Hickersberger und "Taktikfuchs" war der Tscheche geholt worden, um Österreich nach Frankreich 1998 wieder zu einer WM zu führen. Seit der in diesem Ausmaß sogar schmeichelhaften 1:3-Niederlage gegen Serbien ist der Traum von Südafrika 2010 ausgeträumt, realistisch betrachtet war er es schon nach dem 1:1 auf den Färöern.
"Der zweite Platz ist möglich"
Die nach einer desaströsen Trilogie gegen Litauen (0:2), die Färöer und Serbien berechtigten Fragen über seine nähere Zukunft bzw. jene des Nationalteams schmetterte Brückner ab. Gespräche mit Spielern sowie ÖFB-Boss Friedrich Stickler bleiben intern. Werden dem ÖFB-Teamchef Antworten entlockt, sind sie kurz und aufgrund der Sprachbarriere oft schwierig zu entschlüsseln.
"Unser Ziel ist weiter der zweite Platz, das ist möglich", will Brückner durchhalten. "Ich bin mit zwei Zielen angetreten: erstens Platz zwei in der Qualifikation zu erreichen, zweitens eine neue Mannschaft zu schaffen. Und das hat in Tschechien sechs Jahre gebraucht."
WM 2010 zwei Jahre vorher vergeigt
Sechs Jahre, die der 68-Jährige in Österreich nicht Teamchef sein wird und sicher auch nicht sein will. Vielleicht gilt es zwischen ÖFB-Spitze und Trainer ja auch noch zu klären, dass nicht erwartet wird, eine "neue" Mannschaft aufzubauen, sondern die Entwicklung der bestehenden voranzutreiben bzw. ihre Ergebnisse zu verbessern.
Das Projekt Brückner war vom ÖFB ganz klar auf die WM 2010 ausgelegt - und die wurde schon im Herbst 2008 vergeigt. Ein Herbst, in dem sich ja auch sämtliche Bundesliga-Clubs aus den bis Ende Mai laufenden Europacup-Bewerben verabschiedet hatten. Österreichs Fußball hat international kaum noch etwas zu verlieren, Brückner zumindest seinen Ruf. Ob er davor Angst habe? "Nein."
"Zu wenig Kreativität und Qualität"
"Wir spielen mit zu wenig Kreativität im Angriff und im Mittelfeld, da fehlt die große Qualität", analysierte der langjährige Erfolgstrainer des tschechischen Nationalteams treffend. "Kämpfen alleine genügt nicht. Spieler wie Korkmaz oder Leitgeb fehlen dieser Mannschaft."
Stellt sich unter vielen anderen noch die Frage, was Brückner mit Stürmer Erwin Hoffer in Martin Harniks Rolle auf der rechten Mittelfeldseite vorgehabt hat. "Arnautovic hat eine gute Leistung auf der rechten Seite gebracht. Er kennt dieses Spiel aus den Niederlanden", sagt Brückner. Doch das erklärt nur die logische Umstellung nach der Pause.
"Fall Hoffer" als klares Indiz
Hoffers Körpersprache und Blick nach seiner Auswechslung und später nach dem Duschen sagte einiges über seinen Gemütszustand und seine Enttäuschung aus, obwohl sich der auf dieser Position verschwendete Rapid-Youngster hütete, auch nur ein falsches Wort zu sagen. "Der Trainer hat mich aufgestellt, und ich habe gespielt", so Hoffer. "Nein, ich habe dort noch nicht oft gespielt. Ich habe es probiert und mein Bestes gegeben."
Einige der besten Spieler Europas, wie noch in Tschechien, hat Brückner in Österreich eben nicht zur Verfügung. Umso nötiger wäre es, mit seinen aktuellen Schützlingen eine stärkere Bindung als bisher aufzubauen, und wohl auch, sich mehr mit ihren individuellen Qualitäten zu beschäftigen. Der "Fall Hoffer" hat das Spiel gegen Serbien nicht entschieden, ist aber ein klares Indiz dafür.
"Freue mich auf ein Wiedersehen"
Reine Taktik- und Systemanalyse scheint für das junge ÖFB-Team zu wenig zu sein. Und "last but not least" gehört es auch im Zeitalter der DVD noch immer zu den Aufgaben eines Teamchefs, sich öfter in einem Bundesliga-Stadion blicken zu lassen.
Die Worte, die Brückner mannschaftsintern als Abschluss des "Teamlehrgangs" wählte, waren in Anbetracht der Situation jedenfalls originell: "Ich habe mich bedankt, alles Gute für die Spiele im Verein gewünscht und freue mich auf ein Wiedersehen."
ÖFB-Team machte "genau das Gegenteil"
Kotrainer Jan Kocian wirkte da schon mehr mitgenommen und auch leidenschaftlicher. Mit rotem Kopf und leicht gereizt versuchte der Slowake, den rot-weiß-roten Offenbarungseid im wahrscheinlich zum letzten Mal für lange Zeit ausverkauften Happel-Stadion zu erklären:
"Vielleicht war noch das 1:1 gegen die Färöer im Hinterkopf. Wir wollten kompakt stehen, haben es aber nicht gemacht, sondern genau das Gegenteil davon. Wir haben dem Gegner zu viel Raum gelassen. Die Serben beherrschen eben diesen One-Touch-Fußball, sie haben sehr schnell angegriffen."
Ob der Sieg gegen Frankreich vielleicht nicht das Beste war, was der Mannschaft in dieser Entwicklungsphase passieren konnte? "Wir sind nach dem 3:1 auf dem Boden geblieben, haben sicher nicht abgehoben. Das Team ist auch nicht so schwach, wie es jetzt dargestellt wird." Die teaminternen Meinungsverschiedenheiten nach dem 0:2 bewertet Kocian positiv: "Es ist gut, wenn Leben im Team ist. Besser als wenn die Spieler mit hängenden Köpfen über den Platz laufen."
Wer reif ist, wird einberufen
Mögliche personelle Alternativen aus dem U21-Team sehen sowohl Brückner als auch Kocian, bremsen diesbezüglich zu weitgehende Überlegungen aber zu Recht. "Wir haben Korkmaz, Leitgeb und Okotie für das Freundschaftsspiel gegen die Türkei im Visier. Auch Schiemer kann in der Abwehr einspringen. Aber das A-Team ist auch jetzt eine junge Mannschaft. Da bringt es nichts, gleich noch einmal acht noch jüngere Spieler zu holen."
Eine Ansicht, die auch Routinier Rene Aufhauser vertritt: "Obwohl die letzten Spiele schlecht waren, wurde in den letzten Jahren doch einiges an Aufbauarbeit geleistet. Wer reif für das A-Team ist, der wird auch sicher einberufen." Und dass es einige durchaus hoffnungsvolle Talente aus der U21 vielleicht doch noch nicht sind, konnte man in der Schlussphase der Play-off-Partie in Finnland erahnen.
Harald Hofstetter, Martin Wagner, ORF.at
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