Leute, die ihm zur Seite standen, als er Hilfe brauchte, Menschen, die ihm wohlgesinnt sind. Auch in schlechten Zeiten. Kohl nannte "meine Eltern, Großeltern, Tante, meinen Onkel, Bruder, Neffen und meinen Betreuerstab". Nach einer kurzen Pause "ganz besonders natürlich meine Freundin, die mir in der Not Rückhalt und Geborgenheit schenkte", ehe er vollends in sich zusammenbrach.
Zwischen Bangen und Hoffen
Auf den 26-Jährigen warten schwere Zeiten. Die öffentliche Meinungsbildung schwankt zwischen Mitleid und neuer Chance oder Verbannung ins Dopingexil. Der Raum dazwischen ist eng. "Der Radsportler Kohl ist tot, den wird es nicht mehr geben. Aber den Menschen Kohl werde ich sicher nicht fallen lassen", so Peter Wrolich, Ex-Gerolsteiner-Teamkollege des Wolkersdorfers. Wrolich ist, wie er sagte, nicht verbittert, denn als Mensch müsse man einem Menschen verzeihen können.
Ins gleiche Horn stieß Columbia-Profi Bernhard Eisel: "Für mich bleibt er der Berni Kohl. Er hat aber eine große Dummheit gemacht." Dessen war sich Kohl bewusst. "Ich will nun endlich wieder der Bernhard Kohl sein, der ich davor war, als den mich meine Freunde und Fans kennen, die ich betrogen und enttäuscht habe", versprach er.
Pröll will Dopingsünder Kohl helfen
Als Freund und Persönlichkeit bezeichnete Kohl auch Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll, der ihm via Telefon zugesichert habe, als Mensch voll hinter ihm zu stehen. "Er sagte, ich könne mich jederzeit bei ihm melden, wenn ich Hilfe brauche. Das ist für mich eine Ehre."
Pröll bestätigte das am Donnerstag, ließ von Pressesprecher Peter Kirchweger ausrichten: "Er hat in einer schwierigen Zwangssituation einen Fehler gemacht und diesen eingestanden. Daher werde ich alles dazu tun, dass sich für Bernhard Kohl so rasch wie möglich ein neuer, korrekter Weg eröffnet."
Silence-Lotto kündigt Vertrag
Kohl appellierte an die Öffentlichkeit, an seine Freunde und Fans, ihm zu verzeihen, "weil ich auch nur ein Mensch bin, der einen Fehler gemacht hat". Betrogen fühlt sich derweil Geert Coeman, Teamchef des belgischen Rennstalls Silence-Lotto, für den Kohl in Zukunft hätte fahren sollen. Coeman kündigte den hoch dotierten Dreijahresvertrag. "Wir hatten so ein gutes Gefühl, aber jetzt sind wir enttäuscht, wir fühlen uns betrogen, für uns ist das zu Ende."
Ex-Teamchef Hans-Michael Holczer rechnete seinem ehemaligen Schützling Kohl immerhin hoch an, das Gerolsteiner-Team vom Verdacht des systematischen Dopings ferigesprochen zu haben. "Hut ab vor Bernhard, dass er ehrlich sagt, was los ist. Respekt, dass er diesen Mut gefunden hat", lobte Holczer.
Ex-Teamkollegen gehen auf Distanz
Seine Ex-Teamkollegen waren weniger zimperlich. Allen voran die deutschen Fahrer distanzierten sich. "Die Art und Weise, wie wir getäuscht und enttäuscht wurden, ist nur schwer in Worte zu fassen. Eine Beteiligung an den vermeintlichen Dopingpraktiken dieser Personen wird von uns komplett ausgeschlossen", verlautbarten sie mittels öffentlichen Briefs.
Speziell die Fahrer, die die Tour 2008 für das Team Gerolsteiner gefahren waren, hätten nichts bemerkt von dahingehenden Machenschaften. "Wir weisen jede Mitwisserschaft oder gar Duldung von uns." Holczer, der kurz nach der Tour das Ende des Gerolsteiner-Teams verkündet hatte, will von Schadenersatzansprüchen absehen, sofern Kohl im Sportgerichtsverfahren die Hintermänner des Dopingnetzwerks nennt. Kohl hat das auch angekündigt, will Namen nennen.
"Die Kindheit ist nun vorbei"
Ein deutscher Experte, der namentlich nicht genannt werden wollte, meinte: "Kohl ist zu jung, ich glaube nicht, dass er die wahren Hintermänner, die dicken Fische kennt." Kohl müsse sich in jeder Hinsicht absichern. "In den nächsten Tagen legt Kohl den Grundstein für den Rest seines Lebens. Die Pressekonferenz war nur eine Sache, der wahre Kampf beginnt erst."
"Mit 26 Jahren hat er keine Ahnung vom Leben. Die Kindheit ist vorbei. Jetzt ist Kohl in der Welt der Schlimmen und Bösen. Er muss beschützt werden. Sein Blick muss aber wieder nach vorne und auf die Absicherung seiner privaten Zukunft gerichtet sein." Und hierbei können Kohl die besten Freunde nicht mehr helfen.
Michael Fruhmann, ORF.at
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