Neuer Winter, neuer Horizont

"Ich weiß nun wo, warum und wie ich mit meiner Energie haushalten kann."
Ist seine zehnte Weltcup-Saison nur noch Routine? "Natürlich nicht, sonst würde es mir doch keine Freude mehr machen", sagte ÖSV-Artist Rainer Schönfelder zwei Tage vor dem Saisonauftakt in Sölden.

Schönfelder ist gereift, aus dem schrillen Vogel, dem "Pisten-Popstar", dem mediale Aufmerksamkeit oft wichtiger schien als Siege, ein motivierter und erfolgshungriger Skifahrer geworden.

Die Früchte sind reif, nun sei die Zeit der Ernte. "Mein großes Ziel ist der Sieg im Gesamtweltcup", so Schönfelder. "Aber noch wichtiger ist, den Weg zum Ziel zu genießen." Der neue Schönfelder präsentiert sich gelassen wie nie. Mit neuem Material-Set-up ("Ich habe eine andere Philosophie und fahre daher einen anderen Ski als die Konkurrenz") und einem persönlichen Umfeld, in dem er sich wohl fühlt, will der Head-Pilot nach den Sternen greifen.

"Die Kraft der bunten Bilder"
"Am Anfang meiner Karriere hat nur die Leistung gezählt, heute weiß ich, dass das Geheimnis des Erfolgs in der Qualität der zwischenmenschlichen Beziehungen liegt." In der Qualität der Kommunikation: "Um mich herum sind nur Menschen, die das Beste für mich wollen."

Schönfelder nennt Berater, Betreuer, Begleiter und "Bestärker in meiner Familie, im Freundeskreis und unter den Millionen Skifans. Wer oder wo wäre ich heute ohne sie?", fragt der 31-jährige Kärntner, der mit einem reinweißen Carrera-Helm ("Wie ein weißes Blatt Papier") in die Saison starten und damit einen österreichweiten Malbewerb für Volksschulen initiieren wird.

"Die Kinder sollen Designs für meinen Helm gestalten. Die tollsten Motive werde ich ab Kitzbühel am Kopf tragen", so Schönfelder. "Die gute Kraft der bunten Bilder von Kindern" soll ihn zu Siegen führen.

Große Kristallkugel im Visier
Aber kann Schönfelder seinen Gegnern auch schon beim Riesentorlauf in Sölden den Marsch blasen? "Ich bin vielleicht bei 70 Prozent meiner Leistungsfähigkeit", sagte er gelassen. "Das ist gut genug für einen ersten Test. Was das in Zeit, Punkten und Platzierung bedeutet, werden wir am Sonntag sehen."

Überhaupt, so Schönfelder, werde er die einzelnen Rennen nur so wichtig nehmen wie unmittelbar erforderlich, um sein großes Ziel, die große Kristallkugel, nicht aus den Augen zu verlieren. Schönfelder kämpferisch: "Trotz der auf den ersten Blick übermächtigen Konkurrenz (Raich, Svindal, Miller, Anm.) ist der Gesamtweltcup keine Utopie für mich."

"Mit Ressourcen haushalten"
Dafür am wichtigsten sei, gut durch den Winter zu kommen. Ohne Verletzungen, ohne Durchhänger. "Auf den Punkteschnitt kommt es an." Das von seinem neuen Mentalcoach Roman Braun verordnete Rezept lautet: sinnvoller Umgang mit den eigenen Ressourcen.

"In der Arbeit mit ihm und seinen Methoden ist mir viel klar geworden", sagte Schönfelder. Er wisse nun, "wo, warum und wie ich mit meiner Energie haushalten kann. Das stärkt ungemein." Für Schönfelder, so der Eindruck, öffnet sich ein für ihn ganz neuer Horizont.

Michael Fruhmann, ORF.at

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