Erstmals nicht verloren

Trainer Pedro Almeida: "Auf den ersten Sieg werden wir wohl noch einige Jahre warten müssen."
Noch ist Osttimor das schlechteste Nationalteam der Welt - aber nicht mehr lange. Nach sechs erfolglosen Jahren im internationalen Fußball verzeichnete die Nummer 200 in der FIFA-Weltrangliste endlich ein Erfolgserlebnis. Osttimor holte am 19. Oktober bei der Qualifikation für die ASEAN-Meisterschaften ein 2:2 gegen Kambodscha (FIFA-182.).

Das regionale Turnier des Verbandes Südostasiatischer Nationen wird seit 1996 (bis 2004 unter dem Namen Tiger Cup) alle zwei Jahre von der ASEAN Football Federation ausgetragen. Thailand und Singapur holten je dreimal den Titel. Die siebente Auflage des Turniers findet von 5. bis 28. Dezember 2008 in Thailand und Indonesien statt.

Bunt gemischtes Team
Das bunt gemischte Team Osttimors bestehend aus Soldaten, Lebensmittelhändlern und Hafenarbeitern gewann beim Qualifikationsturnier in Phnom Penh und Kambodscha den ersten Punkt in der noch jungen Geschichte des Nationalteams und wird in der nächsten Veröffentlichung der Weltrangliste (12. November) den Tabellenkeller erstmals verlassen.

Osttimor ist seit 2002 Mitglied im Asiatischen Fußballverband (AFC) und wurde am 12. September 2005 auch von der FIFA aufgenommen. Das erste internationale Bewerbsspiel bestritt der Inselstaat am 21. März 2003 in der Qualifikation für den Asiencup gegen Sri Lanka (2:3).

Derzeit (Stand vom 8. Oktober) bildet Osttimor gemeinsam mit San Marino, Anguilla, Guam, Montserrat, den Cook-Inseln, Amerikanisch-Samoa und Papua-Neuguinea das Schlusslicht im FIFA-Ranking.

"Wir sind alle sehr stolz"
"Es war das erste Spiel, das wir nicht verloren haben. Wir sind alle sehr stolz", sagte der überglückliche Trainer Pedro Almeida, ein Motorradmechaniker aus der Hauptstadt Dili. "Wir sind mit unserer Platzierung in der Weltrangliste nicht zufrieden und hoffen, dass wir uns weiter verbessern."

Nur zehn Minuten trennten Osttimor gegen Kambodscha vom ersten Sieg. Der Inselstaat hatte bis zur 78. Minute durch Treffer von Anggisy Barbosa (45.) und Jose Perreira (67.) sogar 2:0 geführt. Ein Elfmetertor von Khim Borey (78.) und der Ausgleich durch Sun Sovannarith (80.) verhinderte allerdings die große Sensation.

Beinahe Punkt gegen Hongkong
Bereits vor einem Jahr war Osttimor knapp davor, einen Punkt zu holen. Doch beim Debüt in der WM-Qualifikation verlor man das Heimspiel in Gianyar (Bali) gegen Hongkong wegen eines bitteren Eigentores noch 2:3. Im Rückspiel in Hongkong bezog Osttimor eine klare 1:8-Niederlage.

Für den Trainer sei es keine Überraschung, dass das Team unerfahrener Außenseiter noch kein einziges Match gewann. Zwar erhält der seit 2002 unabhängige und mit Liquiditätsproblemen kämpfende südostasiatische Inselstaat internationale Finanzhilfe, aber kaum etwas fließe davon in den Sport.

Fußballplätze kaum bespielbar
In Osttimor gibt es nur eine Handvoll Fußballplätze - und die haben keinen Rasen und sind kaum bespielbar. Für den Fußballverband ist es daher fast unmöglich, Gegner für Freundschaftsspiele zu finden.

Auch das 5.000 Zuschauer fassende Nationalstadion in der Hauptstadt Dili ist für Länderspiele nur bedingt einsetzbar, weshalb internationale Bewerbsspiele (wie die WM-Quali gegen Hongkong) im Ausland durchgeführt werden müssen.

Die Spieler des Nationalteams (alle bis auf einen sind Amateure) erhalten kein Geld für ihre Leistungen, müssen sogar die Ausgaben selbst tragen. Viele können sich das internationale Fußballengagement nur unter Entbehrungen leisten.

Zwölf neue Spieler in einem Monat
"Wir haben keine Ressourcen, dieses Team zusammenzuhalten", sagte der 53-jährige Coach Almeida. Allein im letzten Monat holte er zwölf neue Spieler.

"Die Mannschaft ist einem ständigen Wechsel unterzogen, weil die Spieler Familie haben und sich von der Arbeit nicht frei nehmen können. Wenn sie 21 oder 22 Jahre alt sind, dann müssen sie mit dem Fußballspielen aufhören."

Es gibt allerdings Anzeichen auf Besserung: Die FIFA versprach, einige von Osttimors holprigen Spielfeldern bis Ende nächsten Jahres zu verbessern. Und Almeida sagte, dass die Zuversicht im Team rasch zunehme.

Bald kommt Spielfeld mit Rasen
Der Trainer ist in seinen Wünschen für die Zukunft eher bescheiden. Er will nicht viel - nur ein Spielfeld mit Rasen. "Bald haben wir unseren ersten guten Fußballplatz und hoffen auch noch auf einen zweiten. Das wird unseren Spielern helfen, sich zu entwickeln und ihr Land auf einem höheren Level zu repräsentieren", sagte Almeida.

"Auf den ersten Sieg werden wir wohl noch einige Jahre warten müssen, aber aufgeben werden wir nie", gab sich der Trainer kämpferisch.

Osttimors einziger Profifußballer
Alfredo Esteves, der mit dem australischen Club Wollongong FC in der New South Wales Premier League (eine Spielklasse unter der A-League) 2008 Meister wurde, ist derzeit Osttimors einziger Profifußballer. Der Verteidiger glaubt aber, dass bald andere seinem Beispiel folgen werden.

"Jeder hat gesehen, dass sich das Team stark verbessert hat", sagte der in Portugal geborene Esteves, der auf dem Höhepunkt seiner Karriere in den USA bei Minnesota Thunder und den New Hampshire Phantoms spielte.

"Wir haben viele gute junge Spieler", gab der Teamkapitän einen zuversichtlichen Ausblick in die Zukunft. "Wir werden anderen Nationen zeigen, dass sogar Osstimor Fußball spielen kann", fügte der mit 32 Jahren routinierteste Teamspieler hinzu.

Peter Falkner, ORF.at

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