"Himmel steht offen"

Die unglückliche Stabhochspringerin.
"Der Weg zur Freiheit ist der Mut. Ich bin heute in vollkommener Freiheit aufgewacht. Der Himmel steht offen." So lautet der jüngste Tagebucheintrag von Balian, früher Yvonne Buschbaum vor seiner schweren Operation. Vor einem Jahr hatte die deutsche Stabhochspringerin für Schlagzeilen gesorgt, als sie sich offen zu ihrer Transsexualität bekannte.

©Bild: AP/Thomas Kienzle
©Bild: AP/Thomas Kienzle
Yvonne heißt inzwischen längst Balian, Interviews gibt der 28-Jährige derzeit nicht, weil er sich in der Klinik von seinen geschlechtsangleichenden Eingriffen erholen muss. "Er ist noch gezeichnet von der OP und ein bisschen schwach. Aber er kann inzwischen wieder aufstehen und ist guten Mutes, dass er vielleicht am nächsten Wochenende entlassen wird", sagte sein früherer Coach Herbert Czingon nach einem Besuch am Krankenbett.

"Mich erreichen in diesen Tagen unglaublich viele Anfragen von Euch. Ich kann, will und werde sie nicht alle beantworten können. Im Moment fliege ich noch auf meinen Freiheitswolken umher und werde frühestens Ende November wieder landen", schreibt Buschbaum auf seiner Homepage. Sie - nein: er - hat bewegte und bewegende zwölf Monate hinter sich.

Rücktritt vor einem Jahr
"Seit vielen Jahren befinde ich mich gefühlsmäßig im falschen Körper. Wer mich kennt, erkennt einen klaren Makel. Ich fühle mich als Mann und muss mein Leben im Körper einer Frau leben." Mit dieser mutigen und offenen Erklärung kündigte Buschbaum, die EM-Dritte von 1998 und 2002, am 20. November 2007 ihren Rücktritt vom Leistungssport an.

In der Leichtathletikszene sorgte die Entscheidung für Erstaunen - und Respekt. Buschbaum versteckte sich nicht, trat unter anderem bei Johannes B. Kerner auf. "'Happy Birthday', schrieben mir manche Freunde. Als wäre die erste Testosteronspritze mein zweiter Geburtstag. Es ist der Beginn meines neuen Lebens", hieß es auf der Website am 20. Dezember 2007.

"Aus dem Busch wird ein Baum"
Weil das Sexualhormon seiner Hormonbehandlung auf der Dopingliste steht, ist eine Rückkehr in den Leistungssport ausgeschlossen. "Optisch und stimmlich" ändert sich in den nächsten Monaten einiges. Die flotte Kurzhaarfrisur mit nach oben gegelten Haaren trug schon Yvonne. Aber Balian sprießen Bartstoppeln, sein 1,71 Meter großer Körper strotzt vor Muskeln, die Gesichtszüge wirken viel herber als früher, die Stimme ist tiefer.

"Meinem Nachnamen werde ich immer mehr gerecht. Aus dem anfänglichen kleinen Busch wird immer mehr der der zufriedene, mit starken Wurzeln behaftete Baum", lautete ein Eintrag am 25. Jänner 2008. Es gehe ihr prächtig.

"Ich bin lediglich vom Warten auf weitere angleichende Schritte genervt." Durch die Hormonbehandlung ändert sich auch die Psyche. Er habe vorher mehr Verständnis für Frauen gehabt. "Ich hatte mehr Auswahl an meinen Gefühlen" - und eine Vielschichtigkeit, die mehr in die Tiefe gegangen sei als jetzt.

"Kam mir vor wie überzüchteter Pitbull"
In einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" schilderte Buschbaum seine Erfahrungen mit den Hormongaben. "Man wird wohl aggressiv." Er könne mit Stäben springen, mit denen er früher nie hätte springen können. Sein Gewicht sei von 55 bis 57 Kilo auf 65 gestiegen. "Ich kam mir vor wie ein Pitbull, der überzüchtet ist."

Inzwischen hat er auch seinen neuen Personalausweis. Den Vornamen wählte er in Anlehnung an die Figur Balian von Ibelin aus dem Film "Königreich der Himmel". Buschbaum nimmt viel auf sich, um endlich im richtigen Körper zu ruhen. So steht auch eine Brustoperation auf dem Programm. "Die Reise geht weiter", heißt es dazu im Internet-Tagebuch.

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