"Gender-Verification"

IOC testete von 1968 bis 1999.
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hatte sie vor den Spielen 1968 in Grenoble angeordnet, 1999 noch vor den Sommerspielen in Sydney aber wieder abgeschafft: Sextests unter den Sportlerinnen.

Was unter den medizinischen Ausdruck "Gender-Verification" fällt, hat das Leben von Skirennläuferin Erika, nunmehr Erik Schinegger verändert. Universitätsprofessor Ernst Raas, im ÖSV Leiter des Referats Sportmedizin, spricht im Fall Schinegger von einem "Keulenschlag, der sich a la longue als Segen" herausstellte. Er befürwortet Tests im Sport wegen des Prinzips des Fair Play.

"Wir hatten Zweifel"
Raas gehörte zu jenen Medizinern, die im Vorfeld der Winterspiele in Grenoble bei den Untersuchungen der Kärntnerin auf Auffälligkeiten ("Ein nicht eindeutiger Befund") stießen. "Wir hatten Zweifel und haben Erika an die Universitätsklinik überwiesen." Dieser Fall war damals beispiellos im Skisport, denn "vorher hatte man ja keine gesetzliche Möglichkeit, die Athleten auf den gynäkologischen Stuhl zu setzen".

Der Internationale Skiverband (FIS) war einer der letzten Verbände, die auf die Gender-Verification verzichteten, als letzter Weltverband folgte im Jänner 2004 der Volleyballverband der Vorgabe des IOC.

"Es obliegt den nationalen Verbänden, wie sie das regeln. Im Österreichischen Skiverband gibt es keine solchen Untersuchungen, sondern nur normale sportärztliche Checks", sagte Raas, der bis 2002 auch Vorsitzender der Medizinischen Kommission der FIS war.

Umstrittene Methode
Komme es zu "Auffälligkeiten im Rahmen der Inspektion", würden die Sportlerinnen an Urologen und Gynäkologen überwiesen. Auch die FIS habe sich ein "Hintertürchen offengehalten, sollten Zweifel auftreten. Meines Wissens gibt es bisher aber keinen Fall."

Nach seiner persönlichen Meinung gefragt, antwortet Raas: "Ich bin aufgrund der Erfahrung Schinegger für solche Tests, weil es viele Mischformen zwischen Männlein und Weiblein gibt. Bei Schinegger hat man auch einige Jahre nicht erkannt, dass er ein Mann ist. Mit Diskriminierung haben die Tests nichts zu tun, es sind keine peinlichen gynäkologischen, sondern einfache Untersuchungen."

Zur Feststellung des Geschlechts werden Proben aus der Mundschleimhaut entnommen und die Zellen untersucht. Die Tests sind nicht unumstritten, auch Genetiker zählten zu den Kritikern der Methode.

Die falsche Sprinterin
Im Laufe der Sportgeschichte gab es immer wieder Fälle, in denen ein Mann wissend oder unwissend als Frau an den Start ging. Die US-Amerikanerin Stella Walsh (in Polen als Stanislawa Walasiewicz geboren) gewann Gold über 100 m bei den Olympischen Spielen 1932 in Los Angeles und Silber über die gleiche Distanz 1936 in Berlin. Erst als Walsh bei einem Raubüberfall 1980 erschossen wurde, stellte sich heraus, dass sie männliche Geschlechtsorgane hatte.

Die Deutsche Dora Ratjen (Hermann Ratjen) wurde in Berlin 1936 Hochsprung-Vierte, zwei Jahre später gewann sie in Wien mit der neuen Weltrekordhöhe von 1,70 m EM-Gold. Nach ihrem Sieg stellte man aber fest, dass Ratjen männliche Genitalien hatte, die er sich während des Wettkampfs nach oben gebunden hatte.

Die Polin Eva Klobukowska hatte 1964 in Tokio mit der 4x100-m-Sprintstaffel den Olympiasieg geholt und "bestand" vor den Spielen in Mexiko 1968 den Geschlechtertest nicht.

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