Wer mit Ski auf ihr talwärts reiten will, muss damit rechnen, abgeworfen zu werden. Nicht selten werden im selben Atemzug mit der 3.312 Meter langen Strecke die Adjektive "mörderisch" und "brutal" genannt.
Mythos und Realität
Der Mythos Streif kommt nicht von ungefähr, bezahlten doch viele den "Höllenritt" mit Knochenbrüchen, Bänderrissen und Zertrümmerungen.
Bei keiner Weltcup-Abfahrt ist der Skifahrer für den TV-Konsumenten so oft in Sturzgefahr wie in Kitzbühel. Sicher ein Hauptgrund, warum die Streif für Zuschauer so reizvoll ist.
"Jeder hat genug mit sich selbst zu tun"
Dabei verstecken sich die Schlüsselstellen hinter harmlosen Namen wie Steilhangausfahrt, Mausefalle, Seidlalm, Traverse und Hausbergkante - doch so manche Karriere endete dort.
"Bei normalen Weltcup-Rennen scherzen und plaudern die Fahrer noch vor dem Start miteinander, doch bei der Streif herrscht Totenstille - hat jeder genug mit sich selbst zu tun", gab der Deutsche Max Rauffer, der im Jahr 2001 gleich zweimal abgeworfen wurde, einmal zu Protokoll.
"Da fahre ich nicht runter"
Seit 1931 werden auf der Streif Abfahrten absolviert. Die 77-jährige Geschichte der legendären Strecke ist voll von großen Siegen - und von schlimmen Unfällen.
"Als ich das erste Mal oben stand", so der vierfache Sieger Franz Klammer, "habe ich die Hosen voll gehabt - ganz ehrlich, ich habe gesagt: Da fahre ich nicht runter."
Akja statt Gondel
Während Seilbahngondeln die Namen von Größen wie eben Klammer, Toni Sailer, Jean-Claude Killy, Pirmin Zurbriggen und Stefan Eberharter tragen, landeten die weniger Glücklichen im Akja oder Hubschrauber.
Anonym blieben sie trotzdem nicht, denn auch ihre Abflüge sind noch in Erinnerung und gingen in die Streif-Geschichte ein.
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©Bild: GEPA/Maurice Shourot |
Viereinhalb Jahre später wurde der Kitzbüheler Skiclub zur Zahlung von Schadenersatz verurteilt. Bei seinem Comeback auf der Streif im Jahr 1994 wurde Stemmle 45. Fünf Jahre später war dann die Karriere endgültig vorbei, als er neuerlich in Kitzbühel stürzte und sich an der Hausbergkante eine Eckgelenkszerreißung der Schulter zuzog.
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©Bild: GEPA/Johann Stroh |
Nach einem Horrorabflug auf der Hausbergkante lautete die Diagnose: Trümmerbruch im rechten Oberschenkel, Absplitterung an der Hüftpfanne, Seitenbandriss im Knie und leichte Lungenquetschung. Ein wochenlanger Aufenthalt im Bett war die Folge.
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©Bild: GEPA/Guenter Floeck |
Nicht auszudenken, was passiert wäre, hätte es zuvor nicht tagelang geschneit, denn Vitalini überschlug sich Hunderte Meter den Hang hinunter und verfehlte eine Metallstütze nur um wenige Meter. Im Ziel lachte Vitalini bald wieder und verkündete: "Ich starte in der zweiten Abfahrt", wo er Fünfter wurde.
Klaus Gattermann: Der Deutsche blieb vor allem durch seinen haarsträubenden Sturz in der Kitzbühel-Abfahrt 1985 in Erinnerung. Bei Tempo 130 stürzte Gattermann und überschlug sich mehrmals auf der eisigen Piste und erlitt Wirbelverletzungen, eine Gehirnschütterung und einen Nasenbeinbruch.
Todd Brooker: Dem letzten Mitglied der "Crazy Canucks" wurde 1987 die Einfahrt zum Zielhang zum Verhängnis. Der Serienüberschlag endete mit einer Bänderverletzung im linken Knie, einem offenen Nasenbeinbruch, einer Ellbogenverletzung und einer Gehirnerschütterung.
"Ich wollte meine Laufbahn immer mit einem Sieg in einem großen Rennen, also mit etwas Außergewöhnlichem, beenden. Nun, wenn man es genau betrachtet, war mein kapitaler Sturz auch nicht ohne", sagte Brooker.
Bill Hudson: Das Abfahrtstraining für die Abfahrt 1991 blieb einigen Läufern in unliebsamer Erinnerung. Der Deutsche Markus Wasmaier brach seine Fahrt sogar ab: "Ich hatte Angst, da ging es fast nur noch ums Überleben."
Bill Hudson hätte wohl das Gleiche tun sollen. Dem US-Amerikaner wurde die Mausefalle zum Verhängnis. Das Resultat: Schulterblattbruch, Fraktur des vierten Brustwirbelkörpers, Speichenbruch links, Lungenverletzung.
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©Bild: APA/Robert Jaeger |
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©Bild: APA/Rubra |
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©Bild: AP/Claudio Scaccini; APA/Rudolf Brandstaetter (Montage) |
Der jüngere Assinger erlitt bei dem frontalen Aufprall mit 100 km/h in der Streckenbegrenzung eine Schulterluxation mit einer Knochenabsplitterung, Rippenprellungen und eine Schnittwunde am Daumen, die unter Vollnarkose genäht werden musste.
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©Bild: APA/Guenther Schiffmann |
Wegen des erlittenen Pneumothorax musste der Salzburger einige Tage einen Schlauch im Brustbereich tragen. Zugezogen hatte sich Graggaber die schweren Verletzungen nach einem verpatzten Sprung an der Hausbergkante, der schließlich kopfüber in den Fangzäunen endete.
Andreas Buder: Die Hausbergkante wurde im Vorjahr auch dem Niederösterreicher zum Verhängnis. Nach einem Trainingssturz landete Buder im Sicherheitsnetz und zog sich einen Bruch des rechten Schienbeinkopfes zu. Seither hat er kein Rennen mehr bestritten und sein Comeback wegen anhaltender Schmerzen auf die nächste Saison verschieben müssen.
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©Bild: APA/Helmut Fohringer |
Ende November gab er zwar sein Weltcup-Comeback, die heurige Hahnenkamm-Abfahrt verpasste Macartney allerdings wegen einer Knieblessur, die er sich bei der Lauberhorn-Abfahrt in Wengen zugezogen hatte.
Christian Wagner, ORF.at
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