Österreich sucht den Superstar

Grünes Licht für WM-Einsatz.
Für die einen ist sie, mehr oder weniger erfolgreich, nach drei Bewerben vorbei, für andere fängt die alpine Ski-WM in Val d'Isere erst an. So für Hannes Reichelt, der sich in den finalen Vorbereitungen für den Riesenslalom am Freitag befindet.

Vor einer Woche in Spanien im Europacup-Einsatz, trainierte der wegen einer Sprunggelenksverletzung im WM-Super-G fehlende Salzburger, in dieser Disziplin aktueller Weltcup-Sieger, am Wochenende noch auf der Reiteralm, die Anreise in den beschaulichen, von einer überschauberen Zahl an Fans heimgesuchten WM-Ort erfolgte am Dienstag per Auto.

Reichelt ist guter Dinge. Die Vorbereitung sei stressreich, in Summe aber zufriedenstellend verlaufen, nur den Spanien-Ausflug hätte sich der 28-Jährige sparen können, wie er gegenüber ORF.at bestätigte. "Ich war leider krank, lag mit Grippe im Bett und konnte deshalb nur eines von drei Rennen bestreiten" - viel Aufwand für wenig Nutzen.

Sprunggelenk in Ordnung
Dafür sei das Sprunggelenk wieder unter Kontrolle, hin und wieder zwar spürbar, aber bei weitem nicht mehr so hinderlich wie noch in Kitzbühel vor zwei Wochen, als er den Super-G wegen der zu großen Schmerzen habe abbrechen müssen. "Wir haben die richtigen Maßnahmen gesetzt, die wirken."

Welche, das wollte Reichelt nicht verraten. Über Betriebsgeheimnisse spricht man nicht. "Sonst macht das die Konkurrenz ja nach", lachte der Sieger von vier Weltcup-Rennen. Seinen ersten und einzigen Riesentorlauf hatte Reichelt im Februar 2008 in Whistler in Kanada, Gastgeber der Olympischen Spiele 2010, gewonnen, das WM-Ticket in dieser Saison mit Rang drei in Alta Badia gelöst.

Grünes Licht für die WM
Für die WM gibt er grünes Licht. "Alles in Ordnung. Ich bin voll einsatzbereit." Nervös sei er gar nicht, die WM für ihn ein Rennen wie jedes andere. "Denn ich bin schon lange genug im Rennzirkus dabei, um zu wissen, wie der Hase läuft, um kein Nervenflattern mehr zu haben", sagte der in Radstadt wohnende Salomon-Fahrer.

Sein Rezept: "Ich gehe damit um wie mit jedem anderen Rennen, ob WM, Weltcup oder Europacup. Mit dem Unterschied, dass ich wahrscheinlich noch mehr angreifen werde, weil ich auf keine Wertungen schauen muss." Unbeschwert drauflosfahren, alles geben und das Beste hoffen, vielleicht sogar auf eine Medaille, die für Reichelt, wie er meint, vorderhand nicht unerreichbar ist.

"Medaille ist Medaille"
Ist die Medaille auch realistisch? Der Saisonverlauf befürwortet einen WM-Erfolg nur bedingt. Oder wie Reichelt sagt: "Hätte ich die vielen Verletzungen nicht gehabt, wäre eine Medaille sicher mein Ziel. Das ist sie immer noch. Aufgrund der Ereignisse der vergangenen Wochen sollte von mir aber nicht zu viel erwartet werden."

Wiewohl er auch sagt: "Ich fühle mich in guter Form. Wenn alles passt und ich zwei super Läufe ins Ziel bringe, dann ist Edelmetall möglich." In welcher Farbe die Medaille glänzt, sei ihm egal: "Medaille ist Medaille. Lassen wir uns überraschen."

Der Gedanke an Gold sei allgegenwärtig, aber nicht brennend und schon gar nicht zwingend. "Nicht dass ich es nicht schaffen könnte, aber ich konzentriere mich lieber auf meine Fahrerei als auf Hoffnungen, die sich am Freitag vielleicht nicht erfüllen", relativierte Reichelt, um seinem ÖSV-Teamkollegen Benjamin Raich sowie dem Italiener Massimiliano Blardone die Favoritenrolle für den WM-Riesentorlauf aufzudrängen.

Favoriten und Anwärter
"Das sind meine beiden Goldtipps, zu denen auch Daniel Albrecht gehört hätte, wäre ihm nicht dieses Unglück zugestoßen." Zu den Medaillenanwärtern ("Davon gibt es einen ganzen Haufen") zählt Reichelt freilich auch den Schweizer Carlo Janka, der den Weltcup-RTL im Dezember auf dem WM-Hang für sich entschieden hatte, und den Franzosen Jean-Baptiste Grange.

Weniger Druck als eine Chance erkennt Reichelt im bisher medaillenlosen Abschneiden der österreichischen Herren, die in der Superkombi am Montag erneut und überraschend das WM-Podium verfehlt hatten.

"Wer von uns jetzt eine Medaille holt, ist der große Held und mehr Star, als es der Fall gewesen wäre, hätten wir schon Medaillen am Konto." Doch reichte ein Reichelt aus, um die Tränen einer ganzen Skination zu trocknen?

Michael Fruhmann, ORF.at aus Val d'Isere

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