Fünfeinhalb Jahre später, genau ein Jahr vor der feierlichen Eröffnung der Olympischen Winterspiele am 12. Februar 2010 im BC Place von Vancouver, ist die Stimmung bei den Veranstaltern angespannt.
Die Sportstätten sind olympiareif und bereiten John Furlong, Chef des Organisationskomitees VANOC, wenige Sorgen. Doch die internationale Finanzkrise und ein löchriges Budget lassen ihn unruhig schlafen.
Gedanken kreisen um das Budget
"Ich stehe um 4.30 Uhr auf und höre Nachrichten, und es ist jeden Tag dasselbe. Die Finanzkrise betrifft jeden."
"Im letzten Jahr wird sich der Druck auf uns noch verzehnfachen", erklärte Furlong der Nachrichtenagentur Reuters. "Nach Peking hat sich der Fokus auf uns gerichtet. Von jetzt an bis zum 12. Februar 2010 gibt es keine Kompromisse mehr, und wir werden immer an das Budget denken."
Erinnerungen an Montreal
In einer aktuellen Umfrage glauben lediglich 52 Prozent aller Einwohner der gastgebenden Provinz British Columbia, dass die Winterspiele dem Land Kanada mehr Vor- als Nachteile bringen. Die bemerkenswerte Zurückhaltung ist verständlich.
Zwar waren die Winterspiele 1988 in Calgary ein großer Erfolg, dafür wurden massive Schulden zum Vermächtnis der Sommerspiele 1976 in Montreal. Erst 30 Jahre nach den Spielen hatten die Bewohner von Quebec das finanzielle Desaster endgültig überwunden.
Sponsoren gesucht
Das Finanzloch im VANOC-Etat und die immer schwieriger werdende Suche nach finanzstarken Partnern lassen in Vancouver Erinnerungen an Montreal hochkommen.
Das Budget der insgesamt dritten Olympischen Spiele in Kanada pendelte sich nun bei 1,76 Milliarden Kanada-Dollar (1,12 Mrd. Euro) ein. VANOC sucht jedoch weiter nach bis zu fünf Großsponsoren, die ein Loch von derzeit etwa 30 Millionen kanadischen Dollar (19 Mio. Euro) stopfen müssen.
Olympisches Dorf kommt teuer
Tatsächlich stellt die Finanzierung des olympischen Dorfes in Downtown Vancouver derzeit das größte Problem dar. Die Kosten für dieses zentrale Objekt der Winterspiele sind in den vergangenen Monaten explodiert und dürften bei mehr als 875 Millionen Kanada-Dollar (537 Mio. Euro) liegen.
So sah sich die Stadt Vancouver gezwungen, einzuspringen und offene Rechnungen zu begleichen, um einen Baustopp zu verhindern.
Offene Fragen
Am hitzigsten diskutiert wird in den kanadischen Medien jedoch die Frage, wie mit den Obdachlosen in Vancouvers Innenstadt verfahren werden soll.
Da rückt selbst das brisante Thema Sicherheit während der Spiele in den Hintergrund. Noch gibt es nicht einmal einen veröffentlichten Etat für diesen wichtigen Posten. Kritiker rechnen hier allein mit bis zu einer Milliarde Kanada-Dollar (638 Mio. Euro).
Der Ausbau der Autobahn zwischen Vancouver und dem 125 Kilometer entfernten Skiort Whistler und die neue "Canada-Line"-U-Bahn vom Flughafen in die Innenstadt gehen bei den ganzen Problemen beinahe unter.
Steuergelder für Sportstätten
Nicht zum operativen Budget zählen die Mittel für den Bau von Sportstätten. Diese stattlichen Extrakosten von 580 Millionen Kanada-Dollar (370 Mio. Euro) stemmen die kanadische Regierung und die Regierung der Provinz British Columbia - also die Steuerzahler.
Beim Bau der Wettkampfstätten liegt Vancouver im Zeitplan. Alle Sportstätten werden schon in wenigen Wochen fertig sein, sagte Furlong. Knapp 5.500 Athleten werden in einem Jahr in 86 Medaillenentscheidungen um Ruhm und Prämien kämpfen.
Dem Ziel ziemlich nahe
Zahlreiche Generalproben, u. a. von den nordischen Bewerben, sind schon über die Bühne gegangen. Von den Beteiligten kamen durchwegs gute Kritiken. Loipen und Schanzen wurden von den Athleten ausdrücklich gelobt.
Dem obersten Ziel, den geschätzten drei Milliarden TV-Zuschauern "unvergessliche Bilder" aus Vancouver zu liefern, steht nicht mehr viel im Weg. Auch wenn Furlong ein paar Dollar mehr in der Tasche sicher nicht weniger freuen würden.
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