Getrennt trainieren, gemeinsam siegen

"Viele haben bezweifelt, dass das System funktioniert. Heute wissen wir, dass beide Gruppen profitiert haben."
Selten sind die Medaillenchancen für Österreich vor dem Wochenende einer Biathlon-WM so groß gewesen wie diesmal. Neben dem Massenstart am Samstag (9.15 Uhr MEZ) zählen die ÖSV-Herren in Pyeongchang vor allem in der Staffel am Sonntag (11.15 Uhr MEZ, jeweils live in ORF1) zu den Mitfavoriten.

Zwar haben die schwierigen Bedingungen am Schießstand den Österreichern in Südkorea bisher einen Strich durch die WM-Rechnung gemacht, läuferisch befindet sich das Team aber in bester Verfassung.

Noch nie so konstant wie heuer
"Wir waren noch nie so konstant auf diesem hohen Niveau wie in dieser Saison", bestätigte ÖSV-Biathlondirektor Markus Gandler. Vier Staffel- und fünf Einzel-Podestplätze im Weltcup lassen auf Edelmetall hoffen.

Trainiert wird in zwei Gruppen
Den Aufschwung führt Gandler vor allem auf die Aufteilung in zwei Trainingsgruppen zurück - die Routiniers Christoph Sumann, Daniel Mesotitsch und Fritz Pinter sowie Jungstar Dominik Landertinger arbeiten mit Reinhard Gösweiner, die restlichen Athleten um Simon Eder mit dessen Vater Alfred Eder.

Letzterer hat seine "Degradierung" vom Chefcoach zum gleichberechtigten Spartentrainer akzeptiert. "Viele haben bezweifelt, dass das System funktioniert. Heute wissen wir, dass beide Gruppen profitiert haben", so Gandler.

Sumann, Mesotitsch und Pinter waren in der Saisonpause zu Gösweiner abgewandert, Landertinger arbeitet bereits seit seinem 13. Lebensjahr mit dem Oberösterreicher. Als Koordinator zwischen den beiden Gruppen fungiert neben Gandler der Tiroler Walter Gapp.

Mit wissenschaftlicher Unterstützung
Gösweiner setzt auf innovative Trainingsmethoden, kooperiert dabei mit den Sportwissenschaftlern Manfred Zeilinger (Bundesheer) und Ramon Baron (Uni Wien).

Die Videoanalysen wurden ausgeweitet, im Schießen wird verstärkt mit Lasertechnologie gearbeitet. "Das hat uns allen etwas gebracht. Alles ergibt einen Sinn", sagte Sumann.

Läuferisch ist noch etwas drinnen
Alfred Eder dagegen gilt als Spezialist im Ausdauerbereich. Seinem Sohn Simon attestiert er noch großes läuferisches Potenzial. "Schießtechnisch ist er fast ausgereizt, aber im Laufen kann er sich noch klar verbessern", so der Trainer-Vater.

"Dafür muss er aber einmal eine ganze Saison gesund bleiben." Der 25-Jährige, der regelmäßig die schnellsten Schießzeiten im Feld liefert, war zuletzt von mehreren Krankheiten zurückgeworfen worden. Vor WM-Beginn hatte ihm eine Bronchitis zu schaffen gemacht.

Mehrere Talente in Sicht
Auch der Unterbau scheint vorhanden zu sein. Neben den WM-Debütanten Landertinger (20 Jahre) und Tobias Eberhard (24) kommen mit dessen Bruder Julian (22) sowie Sven Grossegger (21) und Daniel Salvenmoser (20) weitere Talente nach.

Finanzielle Lage weiter angespannt
Allerdings lastet noch ein weiteres Jahr die Strafe von einer Million US-Dollar (793.903 Euro), die das ÖOC nach dem Dopingskandal von Turin an den ÖSV weitergegeben hat, auf dem Budget von Langläufern und Biathleten.

"Das heurige Jahr ist finanziell brutal schwer", versicherte Gandler. "Den Löwenanteil müssen wir bei den Trainern einsparen." Sozial abgesicherte Coaches wie etwa der beim Bundesheer angestellte Eder hätten entsprechende Abstriche gemacht, die Hoffnung auf einen besseren Etat lebt allerdings.

"Derzeit müssen wir je nach Erfolg zwischen Langlauf und Biathlon jonglieren", so Gandler. "Und im Biathlon geht derzeit deutlich mehr." Eine WM-Medaille - die erste seit Hochfilzen 2005 - wäre ein weiteres Argument.

Links: