Endlich erste WM-Einzelmedaille

2006 hätte Loitzl beinahe das Handtuch geworfen.
Wolfgang Loitzl hat in dieser Saison mit dem unerwarteten Sieg bei der Vierschanzentournee eigentlich schon mehr erreicht als erhofft. "Ich sehe es als Möglichkeit, jetzt einen Punkt auf das i zu setzen", sagte der 29-jährige Steirer vor dem WM-Bewerb auf der Normalschanze.

Und diesen i-Punkt hat der immer noch erfolgreichste nordische Sportler des ÖSV bei Weltmeisterschaften am Samstag in Liberec ganz dick gemacht. Der vierfache Teamweltmeister holte sich mit WM-Gold endlich die ersehnte erste Einzelmedaille seiner Karriere.

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"Schon vor Saison großes Ziel gesetzt"
"Ich habe mir schon vor der Saison ein großes Ziel gesetzt, und das ist, auf der kleinen Schanze eine Medaille zu machen", hatte Loitzl auch in Liberec wiederholt.

Nach viermal Team-WM-Gold (zuletzt 2007) sowie Teambronze bei nordischen Titelkämpfen und Teambronze bei der Skiflug-WM 2004 schaffte er nach dem Junioren-Weltmeistertitel vor elf Jahren endlich sein ganz persönliches Edelmetall in einem großen Wettkampf.

Als Stilist abgeschrieben
Noch vor dieser Saison war Loitzl als verlässlicher Stilist abgeschrieben, der durchaus auch auf dem Podest landen kann, für den der große Coup aber wohl nicht mehr kommen wird. Bis zum Jahr 2009 blieb Loitzl ohne Sieg. 222 Weltcup-Bewerbe lang.

Doch dann schlug der Bad Mitterndorfer beim Neujahrsspringen zu und setzte mit Siegen in Innsbruck und Bischofshofen einen tollen Lauf zum Tourneesieg fort - und das bei seiner 13. Tournee.

Fünfmal Note 20
Loitzl etablierte sich mit Konstanz und Regelmäßigkeit in der absoluten Weltspitze. Sein perfekter Stil wurde in Bischofshofen sogar mit fünfmal der Note 20 belohnt. "Die Noten werden sehr wichtig sein", hatte Loitzl für den ersten von drei Skisprung-Bewerben bei dieser WM prophezeit - und er sollte recht behalten. Am Ende waren es aber dann doch sieben Punkte, die zu seinen Gunsten entschieden.

Mit der gewohnten Beständigkeit, bloß auf einem deutlich höheren Niveau, wie ÖSV-Cheftrainer Pointner sagt, kam er im WM-Winter endgültig im Kreis der absoluten Topathleten an.

"Neu ist der absolute Siegeswille"
"Das Können war ja immer da, das ist vor allem eine mentale Geschichte. Neu ist bei ihm der absolute Siegeswille und die Fokussierung auf das Wesentliche", sagte Pointner zum späten Aufstieg des "Teamoldies", den er in der Vergangenheit einige Male wegen seiner fehlenden Bereitschaft, alles zu geben, kritisiert hatte.

Familienvater Loitzl sticht in der fast durchwegs um mehr als fünf Jahre jüngeren österreichischen Mannschaft mit seiner besonnenen, ausgeglichenen Art hervor. "Er ist unser Ruhepol", sagt Pointner über den 29-Jährigen. Seine Frau Marika erlebt die Auftritte des leidenschaftlichen Harley-Davidson-Fahrers nur aus der Ferne und fiebert mit den Söhnen Benjamin und Nikolas vor dem TV-Gerät mit.

Durststrecke nach ersten Podestplätzen
Wie viele der ÖSV-Adler durchlief der Steirer die Talentschmiede im Skigymnasium Stams. Mit dem Junioren-Weltmeistertitel 1998 rückte er erstmals so richtig ins Rampenlicht. Im Weltcup dauerte es bis zur Saison 2000/01, bis sich die ersten drei Podestplätze einstellten. Sein erster WM-Mannschaftstitel datiert aus dem Jahr 2001. Den ersten Stockerlplätzen folgte allerdings eine sechseinhalbjährige Durststrecke.

"Ich habe mir immer gedacht, er müsste neugieriger sein. Den Nimbus hat er bei mir, trotz vieler Mannschaftserfolge, nie verloren", beschreibt ÖSV-Sportdirektor Toni Innauer den neuen Seriensieger. "Heuer hat er hingegen gezeigt, er will den Sieg. Er fühlte sich einfach berufen."

Beinahe Handtuch geworfen
Nach der Nichtnominierung für die Olympischen Spiele 2006, bei denen seine Teamkollegen Mannschaftsgold holten, hätte Loitzl beinahe das Handtuch geworfen. Der Steirer machte aber weiter, und es sollte sich auszahlen. Die lange podestplatzlose Zeit endete in der Vorsaison in Trondheim und Val di Fiemme jeweils mit Platz drei.

Im laufenden Winter sollte es gleich im ersten Saisonbewerb in Kuusamo mit Rang zwei klappen. Vor der Tournee folgten ausschließlich Top-Ten-Platzierungen inklusive zwei weiterer zweiter Plätze in Engelberg.

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