Nur wenn zwei oder mehr Piloten am Ende gleichauf liegen, entscheiden die Gesamtpunkte als zweites Kriterium über den Weltmeistertitel. An der Punktevergabe (10, 8, 6, 5, 4, 3, 2, 1) für die Plätze eins bis acht ändert sich nichts.
Blick in die Vergangenheit
Grund genug, um einen Blick in die Vergangenheit zu werfen und zu analysieren, wie die Weltmeistertitel vergeben worden wären, hätte man das neue Regelwerk bereits seit 1950 angewendet.
Jüngstes Beispiel ist Lewis Hamilton: Der Brite würde immer noch seinem ersten Titel hinterherjagen, statt die Saison 2009 als jüngster Weltmeister der Geschichte in Angriff zu nehmen. Der Brasilianer Felipe Massa würde hingegen als Titelverteidiger in Melbourne an den Start gehen.
McLaren-Pilot Hamilton gewann den Titel 2008 mit 98 Punkten vor Massa, der auf 97 Zähler kam. Der Ferrari-Pilot feierte allerdings einen Saisonsieg mehr als der Brite.
Lauda und Piquet als große Verlierer
Die Verlierer aus historischer Sicht hießen Niki Lauda und Nelson Piquet. Den beiden dreifachen Weltmeistern bliebe nach dem neuen Regelwerk nur ein einziger Titel.
Lauda hatte die WM 1975, 1977 und 1984 gewonnen. Den Titel 1977 hätte der Österreicher an Mario Andretti verloren. Der US-Amerikaner kam in 17 Rennen auf vier Siege, wurde in der Endabrechnung mit 47 Punkten aber nur Dritter. Lauda holte sich den Titel mit drei gewonnenen Rennen und 72 Zählern vor dem Südafrikaner Jody Scheckter (drei Siege, 55 Punkte).
Auch in der knappen Entscheidung 1984 hätte sich Lauda geschlagen geben müssen. Der damalige McLaren-Pilot setzte sich mit 72 Punkten nur einen halben Zähler vor Alain Prost durch. Lauda kam damals auf fünf Saisonsiege, der Franzose gewann sechs Rennen.
Mansell und Clark als große Sieger
Die großen Gewinner wären die Briten Nigel Mansell und Jim Clark gewesen. Mansell war schon über seinen einzigen WM-Titel 1992 sehr froh gewesen, nach dem neuen Regelwerk hätte es aber bereits sein dritter sein können - alle mit Williams.
1987 hatte ihm der Brasilianer Piquet die WM-Krone mit nur drei Siegen und 73 Punkten weggeschnappt, Mansell kam bei sechs gewonnenen Rennen nur auf 61 Punkte.
Bereits ein Jahr zuvor hätte sich der Williams-Pilot gegen Prost durchgesetzt. Der Franzose wurde 1986 mit 72 Punkten und vier Saisonsiegen Weltmeister vor Mansell mit 70 Punkten und sechs ersten Plätzen.
Clark vierfacher Champion
Clark wäre nicht als zweifacher, sondern als vierfacher Champion in die Geschichte eingegangen. Neben seinen Titeln 1963 und 1965 hätte er auch zwei weitere Weltmeisterschaften gewonnen und wäre der erste Brite gewesen, der einen Titel verteidigt.
Clark hätte 1964 mit drei Siegen und 32 Punkten seinem Landsmann John Surtees (zwei Siege, 40 Punkte) einen einsamen Rekord weggenommen. Surtees ist bis jetzt der einzige Pilot, der sowohl auf zwei als auch auf vier Rädern Weltmeister wurde. Neben seinem Formel-1-Titel ist der Brite auch siebenfacher Motorradweltmeister.
In der Saison 1967 hätte sich Clark mit vier Saisonsiegen (41 Punkte) vor dem Neuseeländer Denny Hulme (zwei Siege, 51 Punkte) die WM-Krone aufgesetzt. Sowohl 1964 als auch 1967 wurde Clark nach Punkten nur Dritter.
Vier Titel, zwei andere Jahre für Prost
Prost, der sich 1993 mit vier Titeln aus der Formel 1 zurückgezogen hatte, würde auch nach dem neuen System vierfacher Weltmeister sein, aber zweimal hätte sich das Jahr geändert.
1983 gewann der damalige Renault-Pilot mit vier Rennen eines mehr als Piquet, musste sich in der WM aber mit 57 Zählern um zwei Punkte geschlagen geben. Ein Jahr später verlor Prost den Titel gegen Lauda trotz eines Saisonsieges mehr.
Senna mit neun Ausfällen Weltmeister
Neben dem abgegebenen Titel an Mansell 1986 hätte der Franzose auch 1989 die WM an Ayrton Senna verloren. Der Brasilianer kam bei 16 Rennen zwar nur siebenmal ins Ziel, sammelte aber sechs Siege und 60 Punkte.
Prost war über die gesamte Saison hinweg der Beständigere, verzeichnete nur drei Ausfälle und kam bei jedem Rennen in die Punkteränge. Der damalige McLaren-Pilot feierte vier Siege und gewann die WM 16 Punkte vor Senna.
Nach dem neuen Regelwerk wäre der 1994 verstorbene Senna vierfacher Champion (1988, 1989, 1990 und 1991).
Moss erster britischer Weltmeister
Großbritanniens erster Weltmeister 1958 hieße dem neuen System zufolge nicht Mike Hawthorn, sondern Stirling Moss. Moss, der heutzutage als bester Fahrer ohne WM-Titel gilt, verlor die Weltmeisterschaft trotz vier Saisonsiegen mit einem Punkt Rückstand auf Hawthorn (ein Sieg, 42 Punkte).
Ein anderer Pilot, der ohne Titel zurückgetreten war, ist Didier Pironi. Der Franzose hätte 1982 dem Finnen Keke Rosberg die WM-Krone mit nur zwei Saisonsiegen weggeschnappt. Rosberg kam auf einen gewonnenen Grand Prix.
Allerdings hätte man in der Entscheidung bis auf die dritten Plätze zurückrechnen müssen, denn wie Pironi kam auch der Brite John Watson auf 39 Punkte, zwei Siege und zwei zweite Plätze. Der Franzose fuhr mit zwei dritten Plätzen aber einmal öfter auf das Podest als Watson.
Peter Falkner, ORF.at
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