Finanzen und Gewalt sind die explodierenden Probleme der Olympiastadt. Das Budget musste um 127 Millionen auf 1,76 Milliarden Kanada-Dollar (1,06 Mrd. Euro) erhöht werden, der Sicherheitsetat hat sich gar auf 900 Millionen Kanada-Dollar (540 Mio. Euro) verfünffacht.
Schießereien und Morde an der Tagesordnung
Doch diese Sorgen scheinen nichtig im Vergleich zum eskalierenden Gewaltproblem, das die Metropole am Fraser River seit Jahresbeginn heimsucht. Tendenz: Die Finanzen kann man in den Griff bekommen, den Terror offenbar nicht.
Die traumhafte Landschaft im Westen Kanadas, wo Pazifischer Ozean und die schneebedeckten Gipfel der Coast Mountains aneinandergrenzen, kann nicht darüber hinwegtäuschen: Die Einwohner Vancouvers leben nicht in der Idylle, sondern in Angst.
Seit Jänner dieses Jahres hat es im Großraum mit 2,5 Millionen Einwohnern 45 Schießereien gegeben - 17 mit tödlichem Ausgang. 2008 waren insgesamt 58 Morde verübt worden.
"Ich habe Angst um meine Kinder"
"Es ist schrecklich", sagte etwa Doris Luong, die neben dem Schauplatz eines Doppelmordes wohnt, der am 10. März die Nachbarschaft schockierte, gegenüber der dpa. "Das war einmal die beste Stadt der Welt. Jetzt habe ich Angst um meine Kinder." In der Schule gleich um die Ecke wurden Kinder angehalten, in den Klassen zu bleiben, als die Erzählungen von den Schießereien die Runde machten.
Die Polizei in der Stadt müht sich, das Problem anzugehen und unschuldige Einwohner zu schützen, ist gegen die ausufernde Gewalt aber machtlos. Ursache des Übels scheint in erster Linie der Drogenhandel zu sein. Wie Superintendent Pat Fogarty von der Royal Canadian Mounted Police erklärte, erstreckt sich die Nachschublinie von Mexiko über Los Angeles bis nach Vancouver.
Kokainpreis fast verdoppelt
Doch nachdem die Regierung Mexikos unter Präsident Felipe Calderon 45.000 Soldaten und 5.000 Polizisten mobilisierte, um die Kartellaktivitäten einzudämmen, ist der Kilopreis für Kokain von 23.300 auf 39.000 US-Dollar (29.550 Euro) hochgeschnellt.
Und dafür, so Fogarty, "greifen die Gangs zur Waffe und morden". Und: "Die Menschen sind nervös, aber die Polizei ist es auch. Öffentlichkeit und Regierung sind empört."
25 Jahre Gefängnis ohne Bewährung
Kanadas Minister für öffentliche Sicherheit, Peter Van Loan, nannte Vancouver jüngst die "Gang-Hauptstadt" des Landes und sagte, die Kriminalitätsrate in der Olympiastadt sei die höchste in Kanada. Zum Vergleich: Toronto, mit 5,1 Millionen Einwohnern die größte Stadt des Landes, beklagte in diesem Jahr bisher elf Morde.
Premierminister Stephen Harper traf sich Anfang März in Vancouver mit Angehörigen der Opfer von Schießereien. Dabei schlug er ein neues Gesetz vor, das Morde unter Bandenmitgliedern mit einem Strafmaß von mindestens 25 Jahren Haft ohne Bewährung ahndet. Schüsse aus vorbeifahrenden Autos sollen mit mindestens vier Jahren Gefängnis bestraft werden.
Trotz der angespannten Lage in der Stadt lud Harper Olympiatouristen für Februar 2010 nach Vancouver und Whistler ein. Angesichts von 15.000 Polizisten, Militärpersonal und privaten Sicherheitsdiensten müsse sich kein Gast Sorgen machen, sagte der Premierminister.
Freiwillige gesucht
Doch die Olympia-Vorbereitungen werden auch auf anderer Ebene beeinträchtigt: Das Organisationskomitee der Olympischen Winterspiele 2010 in Vancouver und Whistler (VANOC) hat offenbar Probleme, genügend Freiwillige für die Eröffnungs- und Schlussfeier der 21. Winterspiele (12. bis 28. Februar) zu finden.
Für die Zeremonien vor 55.000 Zuschauern im B.C. Place Stadium werden 7.500 freiwillige Darsteller benötigt. Doch auch einen Monat nach dem Aufruf an die kanadische Bevölkerung, sich vom olympischen Geist erfassen zu lassen und eine Rolle zu übernehmen, fehlen noch immer 3.500 Freiwillige.
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