Roland Schwarzl: Ich hätte eigentlich mehrere Möglichkeiten gehabt. Ich hätte Hürdenläufer, Weitspringer oder Stabhochspringer werden können. Ich war aber von Anfang an in einer Gruppe von Zehnkämpfern, und es hat mir von Anfang an imponiert, was ein Zehnkämpfer leistet. Diese Faszination fesselt mich seit damals.
Es ist auch für einen Österreicher reizvoll, in Götzis beim größten Mehrkampfmeeting der Welt ein Heimspiel zu haben. Da sind Jahr für Jahr die weltbesten Athleten am Start, das gibt es sonst nirgends.
ORF.at: Das Training als Zehnkämpfer ist sicher sehr anspruchsvoll. Wie schafft man es, in allen zehn Disziplinen, die ja in Bewegungsablauf und Körperbeanspruchung ziemlich konträr sind, top zu sein?
Schwarzl: Es ist vor allem am Anfang viel Arbeit. Eigentlich habe ich mit 15 Jahren ziemlich spät angefangen, da musste ich das Techniktraining forcieren. Vor allem im Stabhochsprung, der ja fast die schwierigste Sportart der Welt ist. Da habe ich gute Fortschritte gemacht, was der Schlüssel für die Zukunft war. Über die Jahre muss man dann die Kraftwerte steigern.
ORF.at: In der Karriere eines Zehnkämpfers wird der Körper sicher stark beansprucht, gleichzeitig ist aber die Erfahrung von großem Vorteil. Wann ist ein Zehnkämpfer eigentlich im besten Alter?
Schwarzl: Wenn man sich die letzten Olympiasieger anschaut, dann waren die alle um die 30 Jahre. Da liegt meine beste Zeit eigentlich ja noch vor mir. Es gibt Sportarten, da ist man mit 18, 19 Jahren schon top. Im Zehnkampf zählt aber die Erfahrung, sowohl sportlich als auch privat, sehr viel.
Diese Disziplin ist so umfangreich, da braucht man einfach seine Jahre. Wenn man ganz junge Zehnkämpfer mit etwas erfahreneren vergleicht, dann ist das schon ein großer Sprung. Die Technik ist vielleicht schon da, aber der Körperbau ist noch nicht ausgereift. Das bringen die Jahre dann.
ORF.at: Der Tscheche Roman Sebrle ist bisher sicher der beste Zehnkämpfer der Geschichte. Was kann man von einem Athleten wie ihm lernen?
Schwarzl: Seine Einstellung und Erfolge sind einzigartig. Obwohl er schon 34 Jahre ist, ist er noch immer top dabei. Er war aber schon in jungen Jahren auf einem hohen Niveau und konnte dieses auch halten. Das muss man erst einmal schaffen. Seine Einstellung und sein akribisches Arbeiten sind einzigartig.
Der Mann hat schon alles erreicht, was man erreichen kann. Trotzdem ist er noch immer voll motiviert und mischt vorne mit. Bei der Hallen-EM hat er sich auch noch über Bronze freuen können. Er war vorher verletzt und nicht gut drauf. Was für ihn aber zählt, ist in erster Linie, dass er seine Leistung bringt. Er weiß eben, was er dafür getan hat, und ist mit dem Resultat zufrieden, auch wenn es nur Bronze ist.
ORF.at: Zeichnet vielleicht genau das einen guten Zehnkämpfer aus?
Schwarzl: Ja, natürlich. Man hat in der Halle sieben und in der Freiluft zehn Disziplinen - da ist viel Spielraum für Fehler. Nach einer super Leistung kann eine schlechte folgen. Beides muss man aber schnell abhaken und sich auf die nächste Disziplin konzentrieren. Wenn man lange überlegt, dann geht es bergab.
Aber auch da spielt die Erfahrung eine große Rolle. Das konnte ich in Desenzano beweisen. Das waren nicht nur Topleistungen, ich habe mich aber davon nicht beirren lassen, und damit konnte ich dieses Resultat erzielen.
Das Gespräch führte Christian Wagner, ORF.at
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