"Rückkehr undenkbar"

Olympiasieger Steiner im ORF.at-Interview.
Mit seinem Olympiasieg 2008 in Peking hatte Gewichtheber Matthias Steiner für Furore und ungeahnte Popularität seines Sports in seiner Wahlheimat Deutschland gesorgt.

Der 26-Jährige Niederösterreicher, der Österreich 2005 nach Streitigkeiten mit dem Verband den Rücken kehrte, wurde als Weltgewichtheber des Jahres und als "Sportler mit Herz" geehrt.

Doch Steiner - seine Ehefrau Susann verunglückte im Juli 2007 bei einem Autounfall - blieb auf dem Boden. "Ich kann nicht abheben, denn ich bin zu schwer", erklärte der 140-Kilo-Mann damals.

Nach Leisten-OP und folgender Zwangspause meldet sich Steiner nun zurück. Im Interview mit ORF.at blickt er in die Vergangenheit und erläutert seine weiteren Ziele.

ORF.at: Herr Steiner, wie hat sich Ihr Leben nach dem Olympiasieg verändert?

©Bild: GEPA/Witters/Valeria Witters
©Bild: GEPA/Witters/Valeria Witters

Steiner: Das Training ist gleich schwer geblieben, auch als Olympiasieger sind 200 Kilo immer gleich schwer, aber seit Olympia betreibe ich richtiges Zeitmanagement. Es gibt viel zu tun.

ORF.at: Stört es Sie derweil, dass Ihre Vergangenheit medial ausgeschlachtet wird?

Steiner: Damit habe ich kein Problem, denn ich sage immer nur so viel, wie ich sagen möchte. Es gibt auch eine Grenze. Außerdem habe ich festgestellt, wie viele Leute sich an mir ein Beispiel nehmen und versuchen, nicht aufzugeben trotz schwerer Rückschläge.

ORF.at: Was bedeutet Ihnen Privatsphäre?

Steiner: Sie ist für mich enorm wichtig. Man kann ja gern erzählen, welchen Kinofilm man gerne sieht oder ob es ein Lieblingsrestaurant gibt, aber ich sage immer: Hinter der Haustür ist Schluss.

ORF.at: Den österreichischen Verband haben Sie im Argen verlassen. Sehen Sie die Sache inzwischen differenzierter?

Steiner: Zwei Sprüche helfen mir in dieser Situation ganz gut und zeigen, dass ich über dieser Sache stehe: "Säge kein Sägemehl" und "Man sollte Gleiches nicht mit Gleichem vergelten."

ORF.at: Würden Sie es rückblickend noch einmal genauso machen?

Steiner: Natürlich. Wie man sieht, bin ich so zu meinem gewünschten und hart erarbeiteten Erfolg gekommen.

ORF.at: Fühlen Sie sich im Herzen nun als Deutscher oder Österreicher?

Steiner: Für mich gibt es einfach keine Grenzen, denn die Lebensart in beiden Ländern ist so ähnlich, dass man sich überall wohlfühlt, nur konnte ich einfach in Deutschland meinen fast lebenslangen Traum verwirklichen.

ORF.at: Was sind die Schwachstellen im ÖGV?

Steiner: Das größte Problem besteht darin, dass es eigentlich nur Ehrenamt gibt, und wenn jeder ehrenamtlich hilft, will logischerweise jeder was zu sagen haben. Nach dem Motto "Viele Köche verderben den Brei".

ORF.at: Könnte man in diesem System Olympiasieger werden?

©Bild: APA/Harald Schneider
©Bild: APA/Harald Schneider

Steiner: Auf Gewichtheben bezogen ist es mit Sicherheit sehr schwer. Dazu müsste man erst die zuvor genannten Probleme lösen, und das ist wiederum mit großem finanziellem Aufwand verbunden.

ORF.at: Welchen Rat hätten Sie für ambitionierte junge Österreicher parat?

Steiner: Natürlich nie aufgeben und seinen Weg verfolgen, allerdings auch aus Fehlern auf diesem Weg lernen.

ORF.at: Wie begegnen Sie unterschwelligen Dopingvorwürfen?

Steiner: Die kommen so gut wie gar nicht vor, denn allein im Olympiajahr bin ich 15-mal kontrolliert worden, und die Kontrollen hier (in Deutschland, Anm.) sind äußerst streng. Also bei so einem Vorwurf stehe ich einfach drüber, weil dieser einfach nur haltlos ist.

ORF.at: Welche Rolle spielt Ihr Geburtsort Obersulz in Ihrem Leben?

©Bild: GEPA/Walter Luger
©Bild: GEPA/Walter Luger

Steiner: Ich bin alle paar Monate in meiner alten Heimat anzutreffen, und ich fühle mich gut dabei. Die Menschen dort sind freundlich und offenherzig wie immer. Und natürlich freue ich mich immer ganz besonders auf meine Familie.

ORF.at: Was müsste sich für Ihre dauernde Rückkehr nach Österreich ändern?

Steiner: Eine Rückkehr wäre undenkbar, denn da bin ich erstens zu stark mit dem deutschen Verband verbunden, und selbst wenn sich etwas ändern würde, wäre das Vertrauen nicht mehr da. Außerdem sind wir mehr als nur ein Team, angefangen beim Bundestrainer, den Physiotherapeuten und den Athleten.

ORF.at: Welche sportlichen Ziele verfolgen Sie noch?

Steiner: Als Olympiasieger orientiert man sich immer nur am Besten. Nach meiner überstandenen Leisten-OP möchte ich wieder in die Weltspitze zurückkehren und dort kräftig mitmischen.

Das Gespräch führte Michael Fruhmann, ORF.at

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