Die Hochs und Tiefs der Vienna

Sechsmal Meister, dreimal österreichischer Cup-Sieger, einmal deutscher Cup-Sieger, einmal Mitropacup-Sieger.
Wer 115 Jahre alt wird (die Vienna feiert am 22. August ihren Geburtstag), hat einiges zu erzählen. Österreichs ältester Fußballclub durchlebte alle Höhen und Tiefen des Sports - angefangen bei sechs österreichischen Meistertiteln über den Sieg im Mitropapokal bis zum bitteren Gang in die Regionalliga.

Trotz Jahren der Unterklassigkeit ist die Vienna an Meistertiteln gerechnet immer noch der fünfterfolgreichste heimische Verein. Und der Triumph beim Stadthallenturnier im Winter zeigt, dass die Döblinger nicht nur von der Vergangenheit leben, sondern der blau-gelbe Fußballkult Zukunft hat.

Österreichs ältester Fußballclub
Man schrieb das Jahr 1894, als der First Vienna Football Club in einem Gasthaus gegründet wurde. Die Farben Blau und Gelb im noch heute gültigen Logo eines Fußballs mit drei Beinen stammen vom Wappen des Hauses Rothschild.

Nachdem die Formalitäten erledigt waren, stieg am 15. November 1894 das erste offizielle Fußballspiel in Wien, Gegner war der Vienna Cricket and Football Club, der ursprünglich ebenfalls das "First" im Namen führte, diese Bezeichnung aber wieder streichen musste, da die Blau-Gelben ihre Beglaubigung einen Tag früher erhalten hatten.

Erste Erfolge
1911/12 war die Vienna eines der Gründungsmitglieder der offiziellen Meisterschaft und spielte auch insgesamt 68 Saisonen oben mit. Nach den Cup-Titeln 1929 und 1930 (der dritte folgte 1937, 1943 gewann man den deutschen Pokal) durften die Wiener 1931 dann auch über den ersten von insgesamt sechs Meistertiteln jubeln.

Diese Trophäe ebnete den Weg in den Mitropacup, den Vorläufer von Meistercup und Champions League. Mit Siegen über Debrecen, Roma und den WAC sicherte sich die Vienna als einzige Mannschaft überhaupt den Titel ohne Niederlage - ein Champions-League-Sieger aus Österreich!

©Bild: Vienna FC
©Bild: Vienna FC

Verblichene Glorie
Den letzten Meistertitel konnte die Vienna 1955 erringen, danach ging es bergab. In der Saison 1967/68 wurde der Abstieg in die zweite Division dann Realität. Es folgte ein stetes Auf und Ab, letztmals durften die Döblinger 1992 in der obersten Liga aufspielen.

Die zweithöchste Spielklasse war aber noch nicht der Tiefpunkt: Nach 107 Jahren ihres Bestehens musste die Vienna 2000/01 nach der verlorenen Relegation gegen den FC Lustenau die Regionalliga Ost kennenlernen (was wenigstens zu spannenden Derbys mit dem Wiener Sportklub führte).

Sammelbecken der Stars
Dabei gab sich einst die Creme de la Creme des heimischen Fußballs beim Traditionsverein die Türschnalle in die Hand: Die "Wunderteam"-Spieler Friedrich Gschweidl und Josef Blum kickten ebenso bei der Vienna wie Josef Uridil; später waren Karl Koller, Karl Decker und Hans Buzek die Stars.

©Bild: AP
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In den 80ern zeigte neben Hans Krankl (kurz) mit Mario Kempes sogar ein argentinischer Weltmeister auf der Hohen Warte sein Können. Weitere klingende Namen waren der Rekordinternationale Andreas Herzog, Michael Konsel, Heribert Weber, Kurt Russ, Hannes Reinmayr sowie der jetzige Trainer Peter Stöger.

Die erste Station von Ivica Vastic in Österreich hieß ebenfalls Vienna (der Legende nach tauchte er damals mit zwei Plastiksackerln einfach beim Training auf), und auch Teamtormann Jürgen Macho schaffte seinen Durchbruch via Döbling.

85.000 Fans im Stadion
Von den bis zu 85.000 Zuschauern, die die Hohe Warte, Heimstätte der Vienna und des österreichischen "Wunderteams", einst stürmten, war in der Regionalliga nicht mehr viel zu sehen. Oft nur einige hundert der treuesten Fans (allen voran die "Döblinger Kojoten" und ein Dudelsackspieler) verirrten sich zu Ostliga-Zeiten noch in das weitläufige Areal.

©Bild: APA/Andreas Troescher
©Bild: APA/Andreas Troescher

Das von vielen als "schönste Naturarena der Welt" titulierte Stadion verwilderte zunehmend (unter den Augen der Stadt Wien), zwischen den morschen Holzbänken auf der Arena wucherte das Unkraut.

Tradition überlebt in jedem Fall
Doch Unkraut vergeht nicht, heißt es, und auch die Vienna war nicht totzukriegen. Nach acht Jahren in der Regionalliga, in denen die Mannschaft den Titel mehrmals im Frühjahr verspielte und den Ruf der "Unaufsteigbaren" bekam, schafften die Döblinger heuer wieder den Aufstieg. Der erste Schritt zu neuem Ruhm ist getan.

Oliver Mück, ORF.at

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