Die Untersuchung von 2.362 europäischen Radprofis ergab, dass das tödliche Risiko fünfmal höher als bei den 25- bis 34-Jährigen und zweieinhalbmal höher als im Schnitt der Gesamtbevölkerung ist.
"Spektakuläre Anomalie"
Die Daten für die Studie wurden im Wesentlichen vom französischen Sportmediziner Jean-Pierre de Mondenard zusammengetragen. Der frühere Chef der Anti-Doping-Kontrollen bei der Tour de France stellte alle verfügbaren Daten der Tour-Teilnehmer seit 1947 zusammen und ließ sie dann von unabhängigen Medizinern auswerten. Sie ergaben eine "spektakuläre Anomalie".
Allein zwischen 1970 und 1999 starben von den Teilnehmern der Tour de France zwei Belgier, ein Spanier, drei Franzosen und vier Niederländer vor dem Alter von 45 Jahren an Kreislaufschwächen. Nach den Statistiken der Weltgesundheitsbehörde (WHO) hätte es statt der zehn eigentlich nur vier derartige vorzeitige Todesfälle geben dürfen.
Angesichts des normalerweise extrem guten Gesundheitszustands der Profis kommt das Magazin zu dem Schluss: "Die anormale Zahl der vorzeitigen Todesfälle durch Kreislaufprobleme lässt sich nur durch einen Risikofaktor erklären, der mit den Praktiken des Profiradsports zusammenhängt."
Tour-Veteranen lebten länger
Auffällig sei auch, dass im Gegensatz zu den jetzigen Fahrern etwa bei den Veteranen des französischen Radsports eine überdurchschnittlich hohe Lebenserwartung nachgewiesen werden konnte. So lebten die Tour-Teilnehmer der Jahre 1900 bis 1920 rund 20 Jahre länger als damalige Durchschnittseuropäer.
Zu Beginn der 60er Jahre, als der Gebrauch von Amphetaminen im Fahrerlager in Mode kam, macht die Studie dann die Entwicklung zu dieser "Anomalie" fest.
Vor allem aber das seit Beginn der 90er Jahre bei einigen Teams genutzte und damals noch nicht nachweisbare Blutdopingmittel EPO wird als riskant angesehen. Es fördert die Produktion der für den Sauerstofftransport notwendigen roten Blutkörperchen, erhöht aber die Thrombosegefahr.
Zahlreiche EPO-Opfer?
"Es ist wahrscheinlich, dass der Niederländer Bert Oosterbosch ein EPO-Opfer gewesen ist", vermutete der "Nouvelle Observateur". Der dreimalige Tour-Etappensieger starb 1989 im Alter von 32 Jahren an Herzversagen.
Auch nach Veröffentlichung der Studie hat sich die Situation nicht geändert. Allein in den Jahren 2003 und 2004 starben mindestens zehn Radprofis durch plötzlichen Herztod, darunter der Italiener Denis Zanette (zweifacher Etappensieger des Giro d'Italia) und der Spanier Jose Maria Jimenez (dreifacher Vuelta-Bergkönig) - beide ebenfalls 32-jährig.
Ein Herzanfall war offenbar auch Auslöser des Todessturzes des 25-jährigen Portugiesen Bruno Neves im Mai 2008. Im Schlaf starben in den letzten Jahren u. a. der 23-jährige Franzose Fabrice Salanson sowie die beiden 21-jährigen Belgier Johan Sermon und Frederiek Nolf, Letzterer erst heuer im Februar.
Rudolf Srb, ORF.at
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