Die des EPO-Dopings überführte und mittlerweile wie Kohl zurückgetretene Triathletin Lisa Hütthaler hatte behauptet, Hempel habe sie auf die Idee gebracht, eine Mitarbeiterin im WADA-Labor Seibersdorf zu bestechen. Beweise sind da wie dort ausständig bzw. nicht aufzutreiben.
Die Veranstalter des Klagenfurter Ironman (5. Juli) reagierten vorsorglich per Startverbot. Doch Hempel gibt nicht auf: Im ORF.at-Interview spricht der als "Doktor" bekannte 35-Jährige über die "Lügen", darüber, wie er die "Wahrheit" ans Licht bringen will - und sagt, was er über Kohl denkt. Hempel ist auch zu Gast bei "Sport am Sonntag" (18.00 Uhr, ORF1).
ORF.at: Herr Hempel, erst beschuldigte Sie Hütthaler, dann Kohl. Wie geht es Ihrer Meinung nach in Ihrer Sache weiter?
Hannes Hempel: Das mit Lisa Hütthaler ist längst abgeschlossen. Es hat sich herausgestellt, dass sie gelogen hat. Aber darüber redet komischerweise niemand mehr, denn so etwas will ja niemand hören - ist schließlich keine Skandalgeschichte mehr. Und obwohl alles erfunden war, bleiben die Vorwürfe an mir hängen. Das ist ja die Frechheit daran.
Es wird sich auch zeigen, dass die Aussagen von Bernhard Kohl lauter Lügen waren. Ich will mein Bestes dazu beitragen, um alle Anschuldigungen aufzuklären - nur leider wird es vor dem Ironman aus zeitlichen Gründen nicht mehr möglich sein. Traurig nur, dass ich mich dauernd über solche Dinge ärgern muss, wo ich mich doch eigentlich aufs Training konzentrieren muss. Aber danach fragt derzeit niemand.
ORF.at: Hatten Sie seither wieder Kontakt mit der SoKo Doping?
Hempel: Ich hatte nur damals bei meiner Einvernahme Anfang Juni in Klagenfurt mit der SoKo zu tun, danach habe ich nichts mehr von ihnen gesehen oder gehört.
ORF.at: Konnten Sie Ihre Unschuld glaubhaft nachweisen - und wie?
Hempel: Es ist schwierig, etwas nachzuweisen, was man nie gemacht hat. Ich kann dazu nur sagen: Bernhard Kohl ist nicht ernst zu nehmen. Noch vor wenigen Wochen hat er in einem Interview behauptet, das CERA nicht von einem Sportler bekommen zu haben. Dann soll es auf einmal ich gewesen sein.
Das passt alles hinten und vorne nicht zusammen, was er von sich gibt. Aber was hilft mir das. Jetzt muss ich mich für Dinge rechtfertigen, mit denen ich nicht einmal ansatzweise etwas zu tun habe.
ORF.at: Man kann doch nicht annehmen, dass Kohl dermaßen dreist lügt. Welchen Grund hätte er?
Hempel: Kohl hat in seiner Lage eben nichts mehr zu verlieren, dadurch greift er zu allen möglichen Methoden, ohne Rücksicht auf Verluste. Er will seine eigene Position im Verfahren stärken, indem er wahllos andere Sportler und sogar Freunde mit hineinzieht.
Dadurch erhofft er sich am Ende des Tages eine kürzere Sperre - um dann vielleicht doch wieder eine Karriere zu starten. So hat es ja auch Lisa Hütthaler gemacht und mit dieser Taktik offenbar Erfolg gehabt - jetzt wird sie sogar beim New-York-Marathon starten, obwohl sie zuerst noch behauptet hatte, ihre Karriere zu beenden ...
ORF.at: Hatten Sie je Angst vor einer Gefängnisstrafe?
Hempel: Nein, ich wüsste nicht, warum. Ich habe nichts Verbotenes gemacht.
ORF.at: Sie haben also weder selbst gedopt noch damit gehandelt?
Hempel: Nein, ich wiederhole mich nochmals: Ich hatte in meinem Leben nie etwas mit Doping zu tun - weder beschafft noch weitergegeben, geschweige denn selbst genommen.
ORF.at: Glauben Sie persönlich, dass in Seibersdorf bestochen wird?
Hempel: Woher soll ich das wissen? Ich war noch nie in Seibersdorf und hatte auch nie mit einem Mitarbeiter von dort Kontakt.
ORF.at: Früher waren Sie Radprofi, auch bei Gerolsteiner. Kamen Sie jemals mit Doping in Berührung?
Hempel: Noch einmal, ich hatte nie etwas damit zu tun. Es stimmt leider, dass der Radsport im Dopingsumpf versinkt. Da fällt es für alle Außenstehenden schwer, den Sport noch ernst zu nehmen. Doch soll man nicht gleich annehmen, dass jeder Radsportler dopt. Es sind eben ein paar schwarze Schafe, die den ganzen Sport in den Dreck ziehen.
ORF.at: Warum haben Sie Ihre Radkarriere beendet und sind später zum Triathlon gewechselt?
Hempel: Ich habe 2003 aufgrund meiner Flugangst aufhören müssen, denn ohne Flieger kommst du im Radsport eben nicht weit. Es war eine harte Entscheidung, aber ich hatte keine andere Wahl. Der Bürojob, den ich danach angetreten habe, war aber auch nichts für mich, ich bekam ein Burn-out. Ich begann also wieder, intensiv zu sporteln, und habe die Liebe zum Triathlon entdeckt.
Ich bin meinem heutigen Trainer Günther Mirnig sehr dankbar, dass er mir damals diese Sportart nahegelegt hat. Und offenbar ist es vielen nicht recht, dass wir durch hartes Training allen anderen den Auspuff gezeigt haben.
Niemand hätte mir schon 2007 den achten Platz beim Ironman in Klagenfurt zugetraut. Wir beide und meine Familie waren aber überzeugt, dass ich die Top Ten erreichen kann. Und dann haben alle blöd geschaut ...
ORF.at: Trotz Startverbots beharren Sie auf Ihrer Teilnahme in Klagenfurt - warum?
Hempel: Können Sie mir einen Grund nennen, warum ich nicht darauf beharren sollte? Ein Startverzicht kommt überhaupt nicht infrage. Ich habe ein ganzes Jahr hart trainiert, viele Entbehrungen auf mich genommen, nur für den Sport gelebt.
Ich stehe kurz vor meinem allergrößten Triumph. Ich werde diese große Vision auf keinen Fall aufgeben. Noch dazu, wo ich ja nichts falsch gemacht habe. Und ich kann nicht hergehen und auf den Ironman 2010 warten - vielleicht bin ich dann verletzt und kann nicht einmal starten.
ORF.at: Sie betonen immer wieder, dass Fans hinter ihnen stünden. Weshalb sollten sie das?
Hempel: Und warum sollten sie es nicht? Ich kann Ihnen eines versichern: Wenn ich den Menschen auf der Straße in Klagenfurt, beim Training oder verschiedenen Bewerben begegne, bekomme ich überall Riesenzuspruch. Alle sagen, dass ich jetzt erst recht gewinnen soll und mich auf keinen Fall unterkriegen lassen darf. Und dieser Support tut ungemein gut. Ganz ehrlich: Ich habe noch kein einziges negatives Wort gehört.
ORF.at: Warum werden Sie "der Doktor" genannt?
Hempel: Ich muss selbst darüber lachen, diese Anekdote ist der größte Schwachsinn, der mir je zu Ohren kam. Ich wurde noch nie von jemandem "Doktor" genannt. Dieses wahnwitzige Gerücht stammt von einem erfolglosen Kärntner Mountainbike-Trainer.
Offenbar hat er das einem Journalisten untergejubelt, und klarerweise schreiben das jetzt alle nach. Die Medien wollen ja nur Skandalgeschichten - da kriege ich echt Kopfweh, wenn ich mir den Blödsinn dauernd durchlesen muss. Deshalb bin ich sogar froh, dass ich nun von Ihnen danach gefragt werde und dazu einmal Stellung nehmen darf.
ORF.at: Werden in Österreich Ihrer Erfahrung und Ihrem Wissen nach weitere Skandale zu erwarten sein?
Hempel: Ich bin kein Prophet, aber wundern würde es mich nicht bei dem ganzen Theater, das momentan abgeht. Die Medien sind ja richtig geil darauf, dass wieder ein neuer Skandal ans Tageslicht gerät. Es wird täglich seitenweise über Gerüchte berichtet und interpretiert und interpretiert.
Wenn sich aber herausstellt, dass an diesen Gerüchten nichts dran ist, wird es danach oft nicht einmal erwähnt oder richtiggestellt, wie das etwa bei den Hütthaler-Lügen der Fall war. Ich frage mich, wo da die Gerechtigkeit bleibt. Aber ich bin überzeugt, dass am Ende die Wahrheit siegt. Und diesen Tag sehne ich schon herbei.
ORF.at: Fühlen Sie sich für den Ironman gut vorbereitet?
Hempel: Und ob ich das bin! Ich habe härter denn je trainiert, bin in der Form meines Lebens, habe auch trotz der unglaublichen Gerüchte mein Training durchgezogen und denke nur an den Ironman. Da will ich gewinnen und sonst nichts.
Wie heißt es so schön: Was mich nicht umbringt, macht mich noch härter. Ich bin derzeit so geladen, ich hoffe, dass dies beim Ironman sogar zusätzliche Kräfte in mir auslöst. Und dann werde ich lachen - nicht die Besserwisser und Lügenerzähler.
Das Gespräch führte Michael Fruhmann, ORF.at
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