Die Zeiten, als er Etappensiege als Ziel nannte, sind vorbei. Das Motto: "Arbeiten, arbeiten, arbeiten", sagte der Steirer gegenüber ORF.at. Eigene Interessen haben im mit Stars gespickten Columbia-Team, vormals T-Mobile, keine Chance.
Britische Dominanz
Mit dem Briten Mark Cavendish steht Eisel ein übermächtiger Sprinter und potenzieller Serien-Etappensieger gegenüber. Der Luxemburger Kim Kirchen und Michael Rogers aus Australien, beides ausgewiesene Zeitfahrer, sollen es in der Gesamtwertung für das Team von US-Millionär Bob Stapleton richten.
Eisel über seine eigene Rolle: "Für Cavendish die Sprints vorbereiten, aus dem Wind halten, Löcher stopfen und Kirchen und Rogers in den Berg hineinfahren. Eigentlich alles außer Wäsche waschen. Ich bin eben vielseitig verwendbar."
"In der zweiten Reihe"
Dass er selbst auch ein begnadeter Sprinter ist, tut nichts zur Sache. Daran konnte auch sein Etappensieg bei der Tour de Suisse vor wenigen Wochen nichts ändern. "In dieser Formation bin ich nur in der zweiten Reihe", weiß der Steirer, der 2005 als Dritter in Karlsruhe auch bei der Tour schon einmal aufs Podest gesprintet war.
Die Massensprints 2009 sind jedoch wie schon im Vorjahr für Cavendish reserviert. Eisel ist auf Fluchtgruppen angewiesen. Und selbst das könnte schwierig und seine bekannt schnellen Beine für den 28-Jährigen zum Nachteil werden.
"Wer reitet mit mir eine Attacke, wenn er weiß, dass ich im Finale der bessere bin?", fragt Eisel. Es würde nur beim Versuch bleiben und die Gruppe sehr schnell die Beine hängen lassen. Und ein erfolgreicher Soloritt ist im modernen Radsport die Ausnahme. "Das ist unrealistisch."
Süße Früchte der Arbeit
"Ich habe längst kapiert, was Radsport ist: ein Mannschaftssport. Der Erfolg des Teams geht über alles. Wer die Siege einfährt, ist egal, solange sie nur passieren. Und ich bin eben ein Helfer und für das Team nicht weniger wert als jene Fahrer, die am Ende der Etappe am Podium stehen", sagt der Steirer, der sich seine Dienste mit einem gut dotierten Vertrag versüßen lässt.
Die Bürde des Columbia-Highroad-Teams ist groß und wiegt 49 Saisonsiege schwer. Allein sechs von neuen Etappen der Tour de Suisse gingen an die US-Equipe. Eine Tour de France ohne Etappenerfolg wäre eine Niederlage. Das weiß auch Eisel. "Dann hätten wir es selbst verbockt."
Jagd nach dem Grünen Trikot
Ziel sei das Grüne Trikot - für Cavendish freilich. "Das ist realistisch", meint Eisel. "Wenn er es einmal hat, schauen wir von Tag zu Tag, von Etappensieg zu Etappensieg und erst dann weiter. Falls Mark es wie im vergangenen Jahr nicht bis Paris schafft, haben wir Pech gehabt."
Einfach werde diese Tour so oder so nicht, weil sein Team, wie Eisel befürchtet, "nach all den Siegen von der Konkurrenz streng beobacht wird. Aber wir wissen, was wir zu tun haben. Die Burschen müssen sich warm anziehen, so viel kann ich versprechen."
"Ich bin noch am Leben"
Was aber wurde aus Eisels großem Traum um nicht zu sagen Lebensziel, einem Etappensieg bei der Tour de France? "Ich bin noch am Leben, und solange ich das bin, bleibt dieses Ziel aufrecht, zumindest also bis zum Ende der zweiten Tour-Woche", schmunzelt der Steirer.
Ein Etappensieg sei immer noch sein Traum und auch im Bereich des Möglichen. Trotz der teaminternen Rollenverteilung, wiewohl die Chancen darauf gering seien. "Aber es gibt sie, und würde ich sie nicht im Hinterkopf behalten und daran glauben, wäre nicht hier", so Eisel. "Es muss nur blöd hergehen. Plötzlich steht man ganz oben." Wie es in der Schweiz passierte.
Michael Fruhmann, ORF.at
Links: