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©Bild: AP/Michael Probst |
Die IAAF hegt vor allem Zweifel, ob die 18-Jährige wegen ihrer männlichen Erscheinung bedingt durch den muskulösen Körperbau und der tiefen Stimme eine Frau ist.
Aus dem Nichts an die Spitze
Doch nicht nur ihr androgynes Äußeres, sondern auch das Alter und der ungewöhnlich schnelle Vorstoß an die Weltspitze ließen die IAAF hellhörig werden.
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©Bild: AP/Anja Niedringhaus |
Der Teenager war erst vor drei Wochen aus dem Nichts kommend bei den afrikanischen Meisterschaften der Junioren auf Mauritius die Weltklassezeit 1:56,72 Minuten gelaufen und unterbot diese in Berlin nun neuerlich um über eine Sekunde.
Südafrika hat "reines Gewissen"
Semenya selbst gab keine Interviews. Statt ihr erschien IAAF-Generalsekretär Pierre Weiss bei der Pressekonferenz und stellte klar: "Wenn sich herausstellt, dass die Athletin nicht weiblich ist, werden wir die Medaille aberkennen. Bisher gibt es aber keinen Beweis, deshalb gilt 'im Zweifel für den Angeklagten'."
Der südafrikanische Verband ließ indes mitteilen, dass es keinen Grund für den Verdacht gebe, dass Semenya ein Mann sei. "Wir haben ein reines Gewissen und haben Semenya als Frau angemeldet. Dabei bleiben wir auch", sagte Südafrikas Teamchef Phiwe Mlangeni-Tsholetsane.
Schwierige Sachlage
Ob Semenya ihre Goldmedaille behalten darf oder nicht, hängt aber nicht nur vom Ergebnis des Tests ab. "Ich kann nicht sagen, was passieren wird, wenn 'Fall X' in der Zukunft eintreten wird. Rechtlich gesehen ist die Sachlage sehr komplex", sagte IAAF-Sprecher Nick Davies.
"Sollte sich herausstellen, dass es einen Betrug in Form einer Geschlechtsumwandlung gab, dann wäre es leicht, die Resultate abzuerkennen. Wenn es eine angeborene Sache ist und die Athletin schon immer geglaubt hat, dass sie eine Frau ist oder war, dann ist es ja kein betrügerisches Verhalten", präzisierte Davies.
"Ein extrem komplexer Test"
Der von der IAAF angeordnete und bereits begonnene Test erfordert eine exakte Auswertung, die gynäkologische, innermedizinische, endokrinologische und psychologische Expertenberichte beinhaltet.
"Das ist ein extrem komplexer und schwieriger Test. Wir sprechen von einer Untersuchung, die sehr lange und sehr zeitaufwendig ist", erklärte Davies.
"Aspekt der Diskriminierung"
Dass diese Untersuchung eine Gratwanderung ist, bestätigte auch IAAF-Councilmitglied Helmut Digel. "Wir haben den Aspekt der Diskriminierung zu beachten. Wir müssen uns an die Regeln halten und auch den Athleten schützen", sagte der Deutsche.
"Es stehen aber bei Jugend- und Junioren-Weltmeisterschaften Vermutungen im Raum, dass Manipulationen in dieser Richtung staatlicherseits begünstigt werden", so Digel. Das passiere besonders in Entwicklungsländern.
Geschlechtstest 1968 eingeführt
Geschlechtstests wurden bei den Olympischen Spielen 1968 eingeführt, nachdem eine Reihe von osteuropäischen Athleten in Verdacht geraten waren. Als einzige Teilnehmerin musste sich damals nur die englische Prinzessin Anne, Tochter von Königin Elizabeth II., der Überprüfung nicht unterziehen.
Vor den Sommerspielen 2000 in Sydney wurde "Gender Verification" jedoch wieder abgeschafft und ist nur noch in strittigen Fällen vorgesehen. In einigen Sportverbänden gibt es diese Tests noch.
Aus Erika wurde Erik Schinegger
In der Sportgeschichte gab es wiederholt Fälle, bei denen diese Tests belegten, dass Männer unwissentlich als Frauen an den Start gingen.
Aus österreichischer Sicht ist dabei Erik Schinegger zu erwähnen. Unter dem Namen Erika wurde er im Jahr 1966 in Portillo Weltmeisterin in der Abfahrt. Vor den Olympischen Spielen 1968 in Grenoble ergab ein medizinischer Test, dass der heute 61-Jährige männlich ist. Die WM-Goldmedaille wurde ihm daraufhin aberkannt.
Polin und Inderin als Mann
Die in Polen geborene Amerikanerin Stella Walsh etwa holte über 100 m 1932 in Los Angeles Gold und vier Jahre später in Berlin Silber. Als sie 1980 bei einem Überfall erschossen wurde, stellte sich heraus, dass Walsh männliche Geschlechtsorgane hatte.
Bei den Asien-Spielen 2006 in Doha musste die indische Leichtathletin Santhi Soundarajan ihre 800-m-Silbermedaille wieder abgeben, nachdem bei einem Geschlechtstest herausgekommen war, dass sie von der Chromosomenkonstellation her männlich ist.
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