"Semenya hat nicht betrogen"

Südafrikas Sportminister droht mit "drittem Weltkrieg".
Der Verdacht, sie sei keine Frau, dürfte sich nun doch bestätigen: Denn die südafrikanische 800-m-Weltmeisterin Caster Semenya ist laut einem Bericht der australischen Zeitung "Daily Telegraph" ein Zwitter.

Bei einem Geschlechtstest habe die 18-Jährige ein dreifach höheres Testosteronniveau als bei Frauen üblich aufgewiesen, schrieb das Blatt am Freitag unter Berufung auf Quellen, die über die Untersuchung gut informiert sein sollen.

Sie habe innenliegende Hoden statt Eierstöcke und keine Gebärmutter, berichtete der "Daily Telegraph" unter Berufung auf seinen Informanten.

IAAF betont vorsichtig
Der Leichtathletik-Weltverband (IAAF) reagierte am Freitag - unmittelbar nach dem Bericht - mit einer siebenzeiligen Erklärung. Darin wurde der Geschlechtstest der Südafrikanerin zwar bestätigt, die endgültige Entscheidung im Fall Semenya wird die IAAF aber frühestens bei ihrer Council-Tagung im November in Monaco bekanntgeben.

Vor Abschluss der Untersuchungen werde es keine offizielle Stellungnahme mehr geben. Den Test hatte die IAAF in Auftrag gegeben und von Anfang an darauf verwiesen, dass sie den Fall aufgrund der besonderen Sensibilität zunächst sehr sorgfältig prüfen und erst dann an die Öffentlichkeit gehen werde.

"Unfairer Vorteil"
Immerhin räumte IAAF-Sprecher Nick Davies gegenüber der schottischen Zeitung "The Herald" ein: "Es handelt sich um einen medizinischen Fall, nicht um Doping." Der Weltverband, so Davies, habe Semenya in der vergangenen Nacht über das Ergebnis des Tests informiert.

Davies: "Semenya hat nicht betrogen, ihre körperlichen Merkmale verschafften ihr allerdings einen unfairen Vorteil gegenüber ihren Konkurrentinnen. In diesem Fall gibt es aber keine automatische Disqualifikation."

Ein laut Davies mögliches Szenario: Semenya darf ihre Medaille behalten, eine weitere Goldmedaille würde in diesem Fall an die zweitplatzierte Kenianerin Janeth Jepkosgei verliehen werden.

Minister droht mit Krieg
Südafrikas Sportminister Makhenkesi Stofile äußerte sich schockiert und empört über die Berichte. Jeder Versuch, die 18-Jährige von Wettkämpfen auszuschließen, werde zu einem "dritten Weltkrieg" führen, drohte der Minister auf einer eilig anberaumten Pressekonferenz in Pretoria.

"Weder Caster noch ihre Familie haben diese Art von Demütigung verdient. Keiner von ihnen hat etwas Falsches getan", meinte Stofile.

Der Zweifel der IAAF am Geschlecht der 18-Jährigen hatte im Kap-Staat eine Welle der Empörung bis in höchste Regierungskreise ausgelöst und war sogar als "rassistischer Akt" eingestuft worden.

Zweifel nach Goldlauf
Semenya hatte das 800-m-Finale am 19. August im Berliner Olympiastadion mit einem sensationellen Vorsprung gewonnen. Sie siegte in der Weltjahresbestzeit von 1:55,45 Minuten vor Titelverteidigerin Jepkosgei (1:57,90) und Jennifer Meadows aus Großbritannien (1:57,93).

Aufgrund ihrer männlichen Erscheinung waren bereits vor dem Endlauf Zweifel aufgekommen, ob sie eine Frau ist. Die bis dahin unbekannte Südafrikanerin war drei Wochen vor der WM die Weltklassezeit von 1:56,72 Minuten gelaufen.

Trainer zieht Konsequenzen
Vor vier Tagen war Semenyas Trainer wegen der Debatte über die Weltmeisterin zurückgetreten. "Ich bedaure die Rolle, die ich dabei gespielt habe. Aufgrund meiner Nachlässigkeit musste sie das Ganze erleiden", hatte Wilfried Daniels der Zeitung "The Star" gesagt.

Man habe die junge Läuferin getäuscht, behauptete der Coach. Semenya sei bei dem vom Weltverband angeordneten und nach ihrem WM-Sieg in Berlin vorgenommenen Geschlechtstest im Glauben gelassen worden, es handle sich nur um eine Dopingkontrolle. "Ich muss zurücktreten und mich nun fragen, ob ich mein Leben noch genießen kann. Mein Schuldbewusstsein ist groß."

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