Vettel verspielt wohl letzte Chance

Hamilton feierte einen ungefährdeten Start-Ziel-Sieg.
Der bereits entthronte Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton hat am Sonntag den Nacht-Grand-Prix von Singapur gewonnen.

©Bild: Reuters/Tim Chong
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Der britische McLaren-Mercedes-Pilot setzte sich beim elften Sieg seiner Karriere, dem zweiten in dieser Saison nach Ungarn, vor dem Deutschen Timo Glock im Toyota sowie dem spanischen Vorjahresskandalsieger Fernando Alonso im Renault durch.

Hinter dem Spitzentrio kamen die drei verbliebenen Titelanwärter Sebastian Vettel, Jenson Button und Rubens Barrichello auf den Rängen vier bis sechs ins Ziel. Der deutsche Red-Bull-Pilot Vettel verspielte durch ein Überschreiten des Tempolimits in der Boxengasse seine wohl letzte WM-Chance.

Button nun 15 Punkte vor Barrichello
In der WM führt drei Rennen vor Schluss weiter der Brite Button, der mit 84 Zählern nun 15 Punkte Vorsprung auf seinen brasilianischen Brawn-GP-Teamkollegen Barrichello hat. Weitere zehn Punkte dahinter liegt Vettel auf Rang drei.

Auch in der Teamwertung liegt Brawn GP mit 153 Punkten überlegen vor Red Bull (110,5) in Führung und kann damit schon in einer Woche in Japan alles klarmachen.

Verhängnisvoller Vettel-Patzer
©Bild: GEPA/xpb.cc
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Für Temposünder Vettel gingen nach einem verhängnisvollen Patzer beim Nachtrennen die Lichter im Titelrennen praktisch endgültig aus. Der Red-Bull-Pilot überschritt bei seinem zweiten Boxenstopp das Geschwindigkeitslimit von 60 km/h und verschenkte wegen der Durchfahrtsstrafe den scheinbar sicheren zweiten Platz.

"Ich habe den Speed-Limiter eingangs der Boxengasse gedrückt. Wir müssen schauen, ob da was mit der Elektronik war oder ich einen Tick zu spät oder zu früh gedrückt habe. Schade, denn sonst wäre es Platz zwei geworden", lautete der zerknirschte Kommentar des 22-Jährigen, der gleich mit mehreren Problemen zu kämpfen hatte.

"Ich hatte unheimliche Probleme mit den Bremsen. Dann ist mir der rechte Spiegel weggeflogen, und bei einem Ausritt habe ich mir auch noch den Diffusor beschädigt. Platz vier war daher das Maximum nach der Durchfahrtsstrafe", meinte Vettel, der für das nächste Rennen am kommenden Sonntag in Suzuka "volles Risiko" versprach, um einen vorzeitigen WM-Triumph von Brawn GP zu verhindern.

Webber dreht sich von der Strecke
Noch schlimmer als Vettel erging es seinem Teamkollegen Mark Webber. Der Australier drehte sich 16 Runden vor Schluss wegen massiven Bremsproblemen von der Strecke und krachte mit dem Heck in die Begrenzung. Damit hat er im Gegensatz zu Vettel nun nicht einmal mehr eine theoretische Titelchance.

Hamilton und Button als Sieger
Sieger des 14. Saisonlaufes war zwar Hamilton, heimlicher Gewinner aber WM-Leader Button. Der nur von Position elf gestartete Brite profitierte bei seiner Aufholjagd von einer Safety-Car-Phase, durch die er den drohenden "Nuller" verhindern konnte.

Hamilton feierte bei schwülen 32 Grad einen ungefährdeten Start-Ziel-Sieg. "Ein klasse Rennen von Lewis und unserem Team und sein zweiter Sieg in den letzten fünf Rennen - es geht voran", sagte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug zufrieden.

"Ich kam hierher in der Hoffnung, ein gutes Ergebnis zu erzielen und mich für das vergangene Rennen zu rehabilitieren. Das habe ich getan, und darüber bin ich sehr glücklich", meinte Hamilton und erinnerte damit an seinen schweren Unfall in der letzten Runde vor zwei Wochen in Monza, der ihn Platz drei gekostet hatte.

Glock zum zweiten Mal Zweiter
Glock stellte als Zweiter seine bisher beste Platzierung ein: 2008 hatte der Toyota-Pilot in Ungarn schon einmal den zweiten Rang belegt. In dieser Saison glückte ihm beim Abbruch-Grand-Prix in Malaysia als Dritter ein Podestplatz.

Glock dürfte durch seinen Nachtschichtcoup seine Chancen auf ein Cockpit für die kommende Saison stark verbessert haben.

Alonso widmet Briatore Podestplatz
Alonso, der im Vorjahr im Zuge der "Crashgate"-Affäre um seinen damaligen Renault-Teamkollegen Nelson Piquet jr. in Singapur gewonnen hatte, widmete seinen dritten Platz seinem Ex-Teamchef Flavio Briatore, der wegen der Manipulation lebenslang gesperrt worden ist.

"Nachdem, was passiert ist, ist dieses Podium ein besonderer Moment. Es war für das Team eine schwierige Zeit. Nun haben wir das hinter uns gelassen und konzentrieren uns auf die verbleibenden Rennen. Und ich widme dieses Podium Flavio - er ist zu Hause, aber er ist Teil des Erfolges, den wir heute hatten", sagte der Spanier.

Rosberg düpiert Vettel und patzt
Vettel verspielte gleich beim Start seine Chance auf den Sieg: Trotz eines leichteren Autos wegen weniger Benzin an Bord ließ er sich im deutsch-deutschen Duell von Nico Rosberg düpieren und fiel auf den dritten Platz zurück.

Rosberg kostete allerdings eine Unachtsamkeit nach dem Reifenwechsel einen Podestplatz: Der Williams-Pilot überfuhr regelwidrig die weiße Linie ausgangs der Boxengasse, kassierte dafür eine Durchfahrtsstrafe und wurde schließlich enttäuschter Elfter.

Sutil schießt Heidfeld ab
Ein zweiter echter "Aufreger" mit deutscher Beteiligung ereignete sich in der 21. Runde: Adrian Sutil (Force India) drehte sich nach einem übermütigen Angriff auf Jaime Alguersuari (Toro Rosso) und torpedierte danach den vorbeifahrenden Nick Heidfeld (BMW-Sauber).

Ironischerweise passierte der Unfall in der 14. Kurve. An dieser Stelle hatte im Vorjahr Piquet auf Anweisung seinen Renault absichtlich in die Mauer prallen lassen und somit Alonso zum Sieg verholfen. Der Skandal führte vor kurzem zur lebenslangen Sperre für Briatore und einer Bewährungsstrafe für das französische Team.

Für Heidfeld, der wegen Unterschreitung des Mindestgewichtes an seinem Boliden im Qualifying aus der Boxengasse starten musste, bedeutete der unverschuldete Crash den ersten Ausfall seit 42 Rennen.

Grand Prix in Singapur:

Endstand nach 61 Runden (308,950 km):
1.Lewis HamiltonGBRMcLaren1:56:06,337
2.Timo GlockGERToyota+ 9,634
3.Fernando AlonsoESPRenault16,624
4.Sebastian VettelGERRed Bull20,261
5.Jenson ButtonGBRBrawn GP30,015
6.Rubens BarrichelloBRABrawn GP31,858
7.Heikki KovalainenFINMcLaren36,157
8.Robert KubicaPOLBMW55,054
9.Kazuki NakajimaJPNWilliams56,054
10.Kimi RaikkönenFINFerrari58,892
11.Nico RosbergGERWilliams59,777
12.Jarno TrulliITAToyota1:13,009
13.Giancarlo FisichellaITAFerrari1:19,890
14.Vitantonio LiuzziITAForce India1:33,502

Out: Romain Grosjean (FRA/Renault), Nick Heidfeld (GER/BMW), Adrian Sutil (GER/Force India), Mark Webber (AUS/Red Bull), Sebastien Buemi (SUI/Toro Rosso), Jaime Alguersari (ESP/Toro Rosso)

Schnellste Runde: Alonso 1:48,240 (53.)

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