Erinnerungen an Hassduell

Krankl hatte im Wiederholungsspiel in Manchester "Angst".
Dass der Celtic Park von Glasgow den Beinamen "Paradies" trägt, konnten die Fußballer des SK Rapid am 7. November 1984 nicht so recht nachvollziehen. 49.000 Zuschauer sorgten damals im Achtelfinal-Rückspiel des europäischen Pokalsieger-Bewerbs für eine emotionsgeladene Stimmung.

Diese Atmosphäre übertrug sich auf die Kicker und hatte eine derart gehässige Partie zur Folge, dass ihre Nachwirkungen noch fast 25 Jahre später, unmittelbar vor dem Europa-League-Duell zwischen beiden Teams am Donnerstag an gleicher Stelle, zu spüren sind.

Sündenfall im Paradies
Für die Celtic-Fans kam es wenige Minuten vor Schluss zum "Sündenfall im Paradies", wie das Stadion im Stadtteil Parkhead wegen seiner Nachbarschaft zu einem Friedhof genannt wird. Der für den nunmehrigen Trainer Peter Pacult eingewechselte Rudi Weinhofer sackte beim Stand von 0:3 zusammen, gab an, von einem Wurfgeschoß getroffen worden zu sein, und verließ den Celtic Park mit einer Platzwunde am Kopf.

©Bild: ORF
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In Schottland wird dieser Vorfall noch immer als von Rapid inszeniert angesehen. Die UEFA jedoch schenkte damals in zweiter Instanz der Hütteldorfer Version Glauben und setzte ein Wiederholungsspiel im Old Trafford von Manchester an, das Rapid am 12. Dezember durch ein Pacult-Tor 1:0 gewann.

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"Eigentlich besiegt"
Die Grün-Weißen aus Wien stiegen nach dem 3:1 im Hinspiel im Hanappi-Stadion ins Viertelfinale auf und schafften es noch bis ins Endspiel, wo gegen Everton (1:3) Endstation war. "Beim Finale bin ich mit einem Everton-Schal vor dem Fernseher gesessen", sagte der aktuelle Celtic-Assistenzcoach Peter Grant, der in allen drei Partien im Mittelfeld durchspielte.

"Ich wollte einfach nicht, dass eine Mannschaft, die wir eigentlich besiegt hatten, den Bewerb gewinnt." Sein damaliger Clubkollege Frank McGarvey betätigte sich im Vorfeld der Donnerstag-Partie als Scharfmacher und wies bei jeder Gelegenheit darauf hin, dass Weinhofer simuliert habe.

Weinhofer drückt die Daumen
Der Beschuldigte selbst wollte sich dazu nicht mehr äußern. "Kein Kommentar. Es hat sowieso keinen Sinn, darüber zu diskutieren." Der bei der Gebietskrankenkasse angestellte Weinhofer fliegt nicht nach Glasgow, wird aber beim Rückspiel am 17. Dezember im Happel-Stadion sitzen.

"Ich wünsche der Mannschaft und Pacult in beiden Spielen einen Sieg. Sie sollen zeigen, dass sie besser als Celtic sind. Wir waren schon damals besser, deswegen sind wir auch aufgestiegen und bis ins Finale gekommen", erklärte Weinhofer. Die schottische Sicht der Dinge, wonach Weinhofer überhaupt nicht getroffen wurde, löst bei Hans Krankl nur müdes Kopfschütteln aus.

Schiedsrichter laut Krankl überfordert
"Die Leute waren aufgeheizt, eine gläserne kleine Whiskey-Flasche ist auf den Platz geflogen und hat Weinhofer getroffen. Er ist getroffen worden, das ist Fakt. Wir wollten abtreten, aber unser Präsident hat gesagt, wir müssen weiterspielen, sonst werden wir gesperrt. Also haben wir unter Protest weitergespielt", erzählte der "Jahrhundert-Rapidler".

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Einen wesentlichen Beitrag zu den damaligen Vorfällen hatte laut Krankl der schwedische Schiedsrichter Johansson geleistet. So sei etwa dem 3:0 für Celtic ein klares Foul an Herbert-Feurer-Ersatzgoalie Karl Ehn vorausgegangen. "Das Spiel ist völlig aus dem Ruder gelaufen. Der Schiedsrichter war viel zu schlecht und dieser ganzen Atmosphäre nicht gewachsen."

Nur Celtic-Fans in Manchester
Der Spielleiter in Manchester war dann ein anderes Kaliber. "Da hat Luigi Agnolin gepfiffen, das war damals der beste Schiedsrichter der Welt. Hätten wir irgendeinen anderen Schiri gehabt, wären wir chancenlos gewesen, aber der war so was von abgebrüht", berichtete Krankl.

Nach seinen Angaben trat Rapid in diesem Match deshalb ganz in Rot an (zuvor in Glasgow spielten die Hütteldorfer in Hellblau), weil man hoffte, dadurch bei Manchester-United-Anhängern Sympathien zu gewinnen. "Aber genützt hat es nichts, es waren eh nur Celtic-Fans im Stadion."

"Man hat den Hass gesehen"
Unter den 58.000 Zuschauern befanden sich wieder zahlreiche Unruhestifter. So wurde Feurer während des Spiels von einem Schotten attackiert und Pacult nach dem Schlusspfiff auf dem Weg in die Stadionkatakomben niedergetreten.

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"Das war das einzige Match in meiner Karriere, wo ich wirklich Angst gehabt habe. Man hat den Hass der Leute gesehen, schon bei der Anreise ins Stadion", erinnerte sich Krankl. Im Gegensatz zur Partie im Celtic Park war der "Goleador" in Manchester nicht im Einsatz, weil er kurz zuvor einen Jochbeinbruch erlitten hatte.

"Ich habe damals ein Dokument unterschrieben, dass ich mich auf eigene Gefahr auf die Bank setze. Ich wollte unbedingt dabei sein und helfen, wenn es notwendig gewesen wäre, aber das war es Gott sei Dank nicht." In Krankls Abwesenheit war es Pacult vorbehalten, den entscheidenden Treffer zu erzielen - diesbezüglich wird sich der Rapid-Coach bei den Pressekonferenzen wohl einige Fragen anhören müssen.

Brisanz im sportlichen Rahmen
"Als ich als Teamchef mit der Nationalmannschaft in Schottland war (2:0-Sieg im April 2003 im Hampden Park von Glasgow, Anm.), haben mich die Journalisten kein Wort zum Länderspiel gefragt, nur zu diesem Match gegen Celtic in Glasgow", so Krankl. Er hofft trotz der angeheizten Stimmung in den vergangenen Tagen, dass die bevorstehende Partie ruhiger ablaufen wird als jene vor 25 Jahren.

"Das Match entbehrt nicht einer gewissen Brisanz, aber es sollte alles im sportlichen Rahmen bleiben. Celtic ist ja ein super Verein, so wie Rapid." Nach dem sensationellen 3:0-Auftaktsieg gegen den Hamburger SV traut Krankl seinem Ex-Verein den Aufstieg in die Runde der letzten 32 zu.

"So wie sich die Rapidler bisher präsentiert haben, ist das absolut möglich. Sie haben mit Salihi einen guten Stürmer nachgekauft, und Jelavic ist kompletter als Hoffer oder Maierhofer."

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