Der Glaube an den aktuellen Kader

Constantini: "Ich habe meine Ideen, und die ziehe ich durch."
Obwohl Österreich am 18. November im Happel-Stadion mit Spanien einen wahrhaft prominenten Gegner empfängt, war bei der Kaderbekanntgabe am Freitag nicht der Europameister, sondern wieder einmal die Causa Andreas Ivanschitz das omnipräsente Thema.

Die Frage im Vorfeld war, ob Teamchef Dietmar Constantini den ehemaligen ÖFB-Kapitän nach dessen starken Leistungen in Mainz und der Führung in der Scorerwertung der deutschen Bundesliga in die Nationalmannschaft holt oder nicht. Die Antwort darauf lautet: Nein.

"Das Thema war schon vor einem Monat erledigt. Ich habe immer gesagt, dass wir im Frühjahr weiterreden. Ich habe meine Linie und aus. Mit stur hat das aber nichts zu tun. Ich glaube an diesen jetzigen Kader, der sich eine Weiterarbeit verdient hat", sagte der 54-jährige Tiroler.

"Ziehe meine Ideen durch"
Das alles beherrschende Thema Ivanschitz ist an Constantini allerdings nicht spurlos vorübergegangen. "Die Causa stört mich nicht, sie ist Teil des Geschäftes. Sie nervt mich vielleicht und ist lähmend, aber ich hebe mir meine Energie lieber für das Team auf."

Zumindest gestand ein sichtlich gereizter Constantini, dass "die Situation mit Ivanschitz unglücklich verläuft, aber ich kann keinen Kader bringen, der jedem gefällt. Ich habe meine neuen Ideen, und die ziehe ich durch. Vielleicht liege ich damit auch falsch."

Kurz zuvor meinte er noch in einer teils hitzigen Diskussion: "Ich muss meine Entscheidungen nicht begründen. Das Leben ist manchmal ungerecht."

Leistungen sind "uns nicht entgangen"
Zumindest war diesmal aber nicht von einer geforderten Stammplatzgarantie oder davon, dass Ivanschitz nicht ins System passe, die Rede. Auch die mangelnde Physis als Begründung der Nichtnominierung fiel weg, denn der Teamchef konnte die guten Leistungen von Ivanschitz und dessen körperliche Verfassung nicht mehr in Abrede stellen.

"Er ist sicher einer der besten Fußballer Österreichs. Er ist jetzt auf einem Level, wo er 90 Minuten Vollgas gibt, Tore schießt und auflegt. Das ist uns nicht entgangen", so Constantini. "Es wäre das Leichteste, Ivanschitz jetzt zurückzuholen, denn wenn wir gegen Spanien verlieren, sagt jeder, dass wir mit ihm auch nichts gewinnen."

Wo bleibt das Leistungsprinzip?
Den Vorwurf, dass er mit einer Nichtnominierung von Ivanschitz, aber einer Einberufung von Napoli-Reservist Erwin Hoffer und Bayern-Amateure-Spieler David Alaba das Leistungsprinzip außer Acht lasse, ließ Constantini nicht gelten und verteidigte seine Personalpolitik.

"Hoffer war die ganze Zeit im Team dabei und hat seinen Teil dazu beigetragen, dass die Nationalmannschaft ganz gut dasteht." Die Nominierung des Ex-Rapidlers sei auch die Folge einer gewissen Dankbarkeit. "Die hat auch irgendwann ein Ende. Aber warum sollte das gerade beim letzten Spiel des Jahres sein", sagte Constantini. Alaba sei indes eine "Zukunftsaktie".

"Hintern wackeln" reicht fürs Team
Aber auch das massive Forcieren junger Talente brachte Constantini zuletzt vermehrte Kritik ein. Der Tenor dabei war, dass man sich eine Teameinberufung verdienen müsse. So kritisierte etwa Rapid-Coach Peter Pacult anhand des Beispiels von Christopher Drazan, dass manche Junge nur "zweimal mit dem Hintern wackeln müssen", um ins Team zu kommen.

"Zum Teil stimmt das", sah Constantini die Vorwürfe ein, aber "die Jungen haben alle ihren Part erfüllt. Ich habe jeden Trainer gefragt, ob es okay ist, wenn ich den einen oder anderen von seiner Mannschaft hole. Keiner hat gesagt, der ist nicht gut, deswegen ist diese Diskussion für mich beendet, bevor sie angefangen hat."

Nachdenkpause bis 3. März 2010
Beendet ist vorerst auch die Diskussion über Ivanschitz, zumindest bis zum 3. März 2010, wenn das ÖFB-Team das erste Länderspiel im neuen Jahr bestreitet.

Bis dahin kann sich der Teamchef überlegen, wie er die Causa um den Burgenländer weiter anlegt. Aber vielleicht muss er das gar nicht, falls Ivanschitz seinen jetzigen Level nicht halten kann und das Leistungsprinzip plötzlich wieder Einzug hält.

Christian Wagner, ORF.at

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