Dass Felix Magath seinem Ex-Club mit Schalke 04 auch wegen des mutigen Schachzugs mit dem 18-jährigen Bundesliga-Nobody Joel Matip beim 1:1 zwei Punkte "stahl", verblasste hinter dem Wirbel um den sonst so loyalen Nationalspieler Lahm und den nach seiner Auswechslung zur Pause wutentbrannt heimgerauschten Weltmeister Toni.
"In dieser Höhe noch nicht gegeben"
Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und Trainer Louis van Gaal zitierten die beiden Profis Sonntagfrüh noch vor dem Training zum Rapport und sprachen auch in der Kabine zur gesamten Mannschaft. Es herrscht Alarm an der Säbener Straße. Lahm traf es nach seiner in der "Süddeutschen Zeitung" ("SZ") geäußerten Fundamentalkritik an den Clubbossen, aber auch Trainer und Teamkollegen, noch härter als Toni.
Der stellvertretende Kapitän habe in "eklatanter und unverzeihlicher Art und Weise gegen interne Regeln verstoßen", erklärte der Vorstand und sprach von einem Tabubruch. Darum wurde Lahm "mit einer Geldstrafe belegt, wie es sie in dieser Höhe beim FC Bayern noch nicht gegeben hat", so Rummenigge. Die Strafe müsste daher über 50.000 Euro liegen.
"Inakzeptable Disziplinlosigkeit"
"Empfindlich" soll die Buße für Spitzenverdiener Toni sein, dem eine "inakzeptable Disziplinlosigkeit" vorgeworfen wurde. Toni habe sich inzwischen beim Verein und seinen Teamkollegen entschuldigt, von Lahm wurde Ähnliches in der Presseerklärung nicht überliefert. Der Vorstand ging auch weiterhin nicht inhaltlich auf Lahms Aussagen ein.
Ungemütlich bleibt der Münchner Herbststurm, der sich auf der Hauptversammlung am 27. November mit der geplanten Stabübergabe von Franz Beckenbauer zu Uli Hoeneß im Präsidentenamt in einem Orkan entladen könnte, auch für Van Gaal - obwohl der Trainer nicht akut um seinen Job bangen muss.
"Hoffnung stirbt zuletzt"
"Es war kein katastrophales Spiel, sondern ein ordentliches. Wir werden in aller Ruhe bis Weihnachten abwarten und gucken, wie das Zwischenergebnis ist", sagte Hoeneß. Trotz Mittelmaßes, Platz acht und sechs Punkten Rückstand auf Tabellenführer Bayer Leverkusen hielt der Manager an seiner kühnen Platz-eins-Prognose zum Jahresende fest: "Die Hoffnung stirbt zuletzt."
Aber sie schwindet, zumal Abwehrchef Daniel van Buyten (31.) einmal mehr als Torschütze für die indisponierten Stürmer einspringen musste. Schalke-Youngster Matip konnte per Kopf ausgleichen (43.). "Das war ein großes Erlebnis für mich - ein super Film", jubelte der 18-jährige Schüler nach seinem Traumdebüt bei den Profis.
"Die Tore fehlen, es ist frustrierend", stöhnte Van Gaal. Das Heimspiel gegen Leverkusen in zwei Wochen werde aber nicht zu seinem persönlichen Endspiel: "Das denke ich niemals. Wir haben aus den letzten neun Spielen 18 Punkte geholt. Mit einem Durchschnitt von zwei Punkten kann man Meister werden."
Lahm fremdgesteuert?
Trotz der raschen Bestrafung von Lahm und Toni bleibt der Betriebsfrieden gestört. Kritiker Lahm legte den Finger in viele Münchner Wunden. Er monierte besonders die "nicht immer glücklichen Transfers" der Vereinsführung, die weder einen erkennbaren Plan noch eine klare Linie hätten. Eine "Spielphilosophie" wie bei Manchester United und dem FC Barcelona "gibt es bei uns nicht".
Auch die Kollegen wurden nicht verschont, im Mittelfeld sieht Lahm hier "das größte Problem". Der seit 30 Jahren als Manager amtierende Hoeneß reagierte darauf verärgert: "Sie können sich sicher sein, dass er dieses Interview noch bedauern wird." Hoeneß sieht Lahm, der nach dem Spiel schwieg, fremdgesteuert durch seinen Berater Roman Grill, "den nicht angenommenen Manager beim Hamburger SV".
Den FC Bayern "zusammenhalten"
Hoeneß bezeichnete Lahms Vorgehen "als nicht klug in so einer Phase" und betonte: "Man kann mit uns über alles sprechen, aber bei uns hinter der Tür." Wie blank die Nerven liegen, bewies das Revanchefoul von Arjen Robben an Lukas Schmitz - zum Glück für Bayern zog Schiedsrichter Florian Meyer Gelb statt Rot. "Es war definitiv keine Tätlichkeit. Robben stößt mit der Brust, nicht mit den Armen und nicht ins Gesicht", erläuterte Meyer.
Torschütze Van Buyten schlug jedenfalls Alarm: "Wir müssen jetzt den FC Bayern zusammenhalten. Nur so werden wir da herauskommen. Wenn jeder seinen Weg geht, wird es schwierig."
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