Der US-Amerikaner gibt sich in seinem Anfang der Woche erschienen Buch, wie der Titel "Open - Das Selbstporträt" schon besagt, ganz offen. So kann der Leser nicht nur erfahren, dass Agassi eine schwierige Kindheit und Jugend hatte und mit diversen Drogen experimentierte, der mittlerweile 39-Jährige nimmt sich auch bei der Charakterisierung seiner ehemaligen Gegner kein Blatt vor den Mund.
Auch Thomas Muster, der kurz vor dem US-Star ins Profigeschäft eingestiegen war, wird dabei - nicht gerade schmeichelhaft - erwähnt.
Showdown in Paris
Besonders gut erinnert sich Agassi in seinem Buch an ein Match mit dem Steirer bei den French Open des Jahres 1994, als es in der zweiten Runde ein Duell über "fünf erbitterte Sätze" gab, bei dem Muster am Ende das bessere Ende für sich hatte.
"Als wir uns am Netz die Hand schütteln, tätschelt er mir den Kopf und zaust mir das Haar. Abgesehen davon, dass es eine herablassende Geste ist, reißt er mir dabei beinahe das Toupet vom Kopf", so Agassi in "Open".
"Großer Fehler, Muster"
Doch damit ist die Szene noch nicht vorbei: "Guter Versuch, sagt er. Ich funkle ihn hasserfüllt an. Großer Fehler, Muster. Rühr mein Haar nicht an. Tu das nie wieder."
Dass der ehemalige "Paradiesvogel", der zu dieser Zeit seine spärlicher werdende Haarpracht noch mit einem üppigen künstlichen Haarteil "auffrisierte", nach einer Niederlage nicht auch noch in modischen Aspekten bloßgestellt werden wollte, ist verständlich.
Aber Agassi war mehr als nur aufgebracht. "Dafür, sage ich zu ihm, als wir noch am Netz stehen, gebe ich dir ein Versprechen. Ich werde nie wieder gegen dich verlieren." Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Muster vier der fünf Duelle gewonnen.
Agassi hält Wort
Die nächste Gelegenheit zum Meinungsaustausch gab es bei den US Open des gleichen Jahres. Agassi setzte sich im Viertelfinale in drei Sätzen durch. "Nach dem Match muss ich mich beherrschen, um ihm am Netz nicht den Kopf zu tätscheln." Auch der nächste Vergleich beim Grand-Slam-Cup in Deutschland ging an Agassi.
Im folgenden Jahr, als Muster bei den French Open triumphierte, fiel das geplante Duell in Paris aus, weil Agassi im Viertelfinale an Jewgenij Kafelnikow - einem seiner weiteren "Lieblinge" - scheiterte.
Doch Agassi hielt sein Versprechen gegenüber Muster, die beiden letzten Duelle 1996 in Cincinnati und bei den US Open gewann der US-Amerikaner jeweils und stellte im Head-to-Head auf 5:4.
"Ein sehr fairer Sportler"
Muster selbst wird die Aussagen Agassis wohl mit Verwunderung zur Kenntnis nehmen, denn er selbst hatte offenbar nie ein Problem mit dem ehemaligen Publikumsliebling.
"Er war ein sehr fairer Sportler, ein bunter Hund am Anfang, der sich dann zum Sir und Gentleman entwickelt hat", sagte Muster erst vor wenigen Tagen im Rahmen des Wiener Stadthallenturniers.
Auch dass er Agassi einst wirklich ans Toupet wollte, ist wohl eher nicht anzunehmen. Ein Geheimnis sei der modische Aufputz aber nicht gewesen, so Muster. "Seine Haarpracht war ja allgemein bekannt, dass die nicht echt war. Das hat sich nur vielleicht nicht überall durchgesprochen."
Titel und Geld zurückgeben?
Weniger gut zu sprechen auf Agassi war zuletzt Marat Safin. Der Russe, der in dieser Woche in Paris sein letztes Turnier bestreitet, fand am Dienstag deutliche Worte: "Er sollte seine Titel, sein Geld und seine Grand-Slam-Siege zurückgeben."
Safin reagierte damit auf die Stellen in "Open", in denen Agassi seinen Drogenmissbrauch in den späten 1990er Jahren mit Crystal Meth (Methamphetamin) und die Lügen gegenüber der ATP zugegeben hat.
"Ich verteidige die ATP nicht", so Safin. "Aber was er gesagt hat, bringt ihn in eine heikle Position. Wenn er so fair ist, wie er sagt, dann muss er bis zum Ende gehen. Die ATP hat ein Bankkonto, und er kann das Geld zurückgeben, wenn er will."
Mit dieser Forderung konfrontiert, dürfte ein verrutschtes Toupet für Agassi im Nachhinein wohl ein eher geringes Problem sein.
Harald Maresch, ORF.at
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Andre Agassi: Open. Droemer, 590 Seiten, 23,60 Euro.
Links:
- Thomas Muster
- Andre Agassi (Wikipedia)
- Droemer